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1486 - Im Tempel der Furcht

1486 - Im Tempel der Furcht

Titel: 1486 - Im Tempel der Furcht
Autoren: Jason Dark
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großen Helligkeit blendete es mich nicht.
    Vom Kreuz her strahlte es ab. Es hatte ein Ziel und konzentrierte sich auf den Duke of Kent.
    Er wurde davon überrascht. Dabei breitete er auf seinem Stuhl sitzend noch die Arme aus, als wollte er die Helligkeit willkommen heißen. In seinem Fall bedeutete das der Tod, und der griff mit seinen gierigen, unsichtbaren Krallen nach ihm.
    Er starb sitzend.
    Das Licht zerstörte ihn. Ich sah ihn eingehüllt wie in einem weißen Gewand. Etwas stieg wie eine schnelle Spirale der Decke entgegen.
    Wenig später hörte ich einen gellenden Schrei, um den ich mich nicht kümmern konnte, weil Sir Baldur meine gesamte Aufmerksamkeit verlangte.
    Er wurde zerstört!
    Nein, es gab noch einen besseren Begriff dafür. Das Licht zerstrahlte ihn regelrecht. Es sorgte dafür, dass sich sein Körper auflöste. Für mich verwandelte er sich in eine flirrende weiße Wolke, die aus glitzerndem Staub zu bestehen schien.
    Der Staub flog weg. Ein mächtiger Wind schien ihn zu vertreiben.
    Ich selbst tat nichts mehr, hielt nur das Kreuz in der Hand und wartete auf etwas Bestimmtes.
    Es trat ein.
    Die Welt um mich herum verschwand. Die neue kehrte zurück.
    Oder die neue alte.
    Ich sah mich im Arbeitszimmer der Archäologin, nahm den Geruch von Staub wahr, drehte mich zur Seite und bekam große Augen, denn es befand sich noch eine dritte Person im Zimmer.
    Das war Mike Nichols, der Constabler…
    ***
    Nichols wollte etwas sagen, das sah ich ihm an, aber er war sprachlos. Ebenso wie Rosy Keller. Sie stand mit dem Rücken an ein Regal gelehnt und wusste nicht, wohin sie blicken sollte. Ihren Mund konnte sie nicht schließen und schüttelte nur den Kopf.
    Ich wollte ihr etwas Hoffnung geben und nickte ihr zu. »Wir haben es geschafft, Rosy.«
    Die Frau runzelte die Stirn. Sie musste erst nachdenken. »Was haben wir geschafft?«
    »Unsere Rückkehr.«
    »Und weiter?«
    »Es gibt ihn nicht mehr. Sir Baldur ist für alle Zeiten vernichtet worden.«
    Wieder musste sie kurz überlegen. Dann sagte sie mit leiser Stimme: »Kann es das Licht gewesen sein?«
    »Genau das.«
    Ich hielt mein Kreuz noch in der Hand. Jeder konnte es sehen, auch Rosy natürlich. Die schaute auch hin, drehte ihren Blick aber ebenso schnell wieder weg.
    »Ich muss gehen«, sagte sie leise. »Ich muss hier weg. Ich will ins Bad…«
    »Okay. Wir sprechen dann später.«
    »Ja, das sollten wir.«
    Ich ließ sie gehen. Normal schritt sie nicht dahin. Eher roboterhaft und mit einem starren Blick in den Augen. Sie wirkte wie ein Mensch, der über bestimmte Dinge nachdenken musste, um endlich Klarheit zu finden.
    »Sie ist weg«, flüsterte Nichols. »Sie war da, dann war sie weg, und jetzt ist sie wieder weg.«
    »Stimmt.«
    Der Constabler schüttelte den Kopf. »Was wird hier eigentlich gespielt?« flüsterte er.
    »Nichts mehr.«
    »Und was wurde gespielt?«
    Ich schaute in seine geweiteten Augen und hob die Schultern.
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Mr. Nichols. Sie würde es wohl nicht verstehen.«
    »Warum nicht?«
    »Sagen wir mal so: Es hängt mit Dingen zusammen, die nicht nur schwer zu erklären, sondern auch schwer zu begreifen sind. Belassen wir es einfach dabei.«
    »Wenn Sie meinen.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich war nur so verdammt überrascht, nachdem ich den Raum hier betreten habe. Ich hatte draußen noch eine Runde gedreht, und plötzlich überkam mich der Gedanke, nach Rosy Keller zu schauen. Im Haus war es so ungewöhnlich still. Ich ging hierher und bin immer noch durcheinander, weil ich etwas zu sehen bekam, das es nicht geben konnte.«
    »Was war es?«
    »Das war wie ein verschwommener Film, verstehen Sie? Ich sah Bilder in der Luft.« Er fing an zu lachen. »Anders kann ich es mir nicht erklären. Ja, Bilder.«
    »Und weiter?«
    »Dann war das Licht da, das mich blendete. Und plötzlich sind Sie und Rosy Keller zurückgekehrt. Und nun stehe ich hier und kann nichts begreifen.«
    »Es ist schon okay.«
    »Ja, das glaube ich auch. Aber ich muss noch einen Moment nachdenken«, murmelte er etwas verlegen.
    »Tun Sie das.«
    Als ich mich an ihm vorbei durch die offene Tür schieben wollte, hielt er mich zurück. »Fahren Sie jetzt wieder?«
    »Nein, Mr. Nichols. Ich möchte nachsehen, wie es Rosy Keller geht. Dann werde ich mich entscheiden.«
    »Kann ich verstehen.«
    Nachdem ich den Flur erreicht hatte, ging ich dorthin, wo sich das Wohnzimmer der Archäologin befand. Ich hatte richtig getippt. Das Bad hatte sie
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