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146 - Winterkrieger

146 - Winterkrieger

Titel: 146 - Winterkrieger
Autoren: Ronald M. Hahn
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gekommen war. Wie man sie zuerst theoretisch und dann in der Waldebene praktisch ausgebildet und jene aussortiert hatte, bei denen das Serum nicht ausreichend wirkte. Wie er mit Willard und Rosalie Grover und Arthur Crow ein Team gebildet hatte, dem kein anderes das Wasser reichen konnte.
    »Lieutenant Crow musste unserem Ausbilder Captain Cleveland ständig beweisen, was für ein genialer Kopf er war. Er stach sämtliche anderen aus. Er wusste alles besser und beantwortete viele Fragen schon, bevor Cleveland sie ganz ausgesprochen hatte. Der Captain hatte ihn bald zu seinem ganz persönlichen Freund erkoren, aber er konnte ihm weder dienstliche Vergehen noch Inkompetenz anhängen – der verfluchte Arsch war wirklich ein erstklassiger Soldat. Also blieb ihm nur die Flucht in die Ungerechtigkeit: Er stauchte Crow aus fadenscheinigen Gründen zusammen. Arthur konterte mit Sprüchen über zweitklassige Fußsoldaten, die allein keinen Schritt geradeaus gehen könnten, sich aber als Offiziere präsentieren dürften, weil ihr Erzeuger ein hohes Amt in der Bunkerhierarchie bekleidete«.
    Damit hatte er im Fall Cleveland zwar Recht, doch unser Ausbilder war kein übler Kerl. Allerdings war er nicht gegen Rachsucht gefeit. Irgendwann platzte Cleveland der Kragen und er holte sich die Erlaubnis, dem kraftstrotzenden Quartett, das der großmäulige Arthur Crow anführte, aus erzieherischen Gründen im Oktober 2501 eine Sonderaufgabe zu übertragen…
    ***
    Uns ging gewaltig die Muffe, als wir mit dem Lift nach oben fuhren, aber wir taten alles, um unsere Angst mit großmäuligen Sprüchen zu übertönen.
    Wir waren zwar bewaffnet, hatten aber den strikten Befehl, die Drillpistolen – eine neuartige Waffenentwicklung, speziell für die Belange der Oberwelt ausgerichtet – nur dann einzusetzen, wenn keine andere Möglichkeit mehr blieb.
    Unsere Kampferfahrung an der Oberfläche resultierte ausnahmslos aus Dr. Sirwigs VR-Simulator, der mit zahllosen Aufzeichnungen gefüttert worden war, die Expeditionen in den vergangenen Jahrzehnten gemacht hatten. Die Schulung war schon deswegen nötig gewesen, weil wir die Sprache der Barbaren anfangs überhaupt nicht verstanden: Viele Menschen, die sich in »Waashton« angesiedelt hatten, stammten aus Teilen der früheren Vereinigten Staaten, in denen seit Jahrhunderten kein zivilisierter Mensch mehr gewesen war.
    Wir kamen bei Nacht und Nebel in einer mordsmäßigen Kälte aus dem erst wenige Jahre zuvor neu erbauten Weißen Haus und schauten uns um. Alles sah so aus, wie wir es aus den Dokumentationen kannten: Das uns umgebende Gelände war bewaldet und verschneit. Am Himmel funkelten eiskalt die Sterne. Ich muss zugeben, dass ich im ersten Moment dachte: Für welchen Schwachsinn geben wir uns her? Amerika ist so unbewohnbar wie der Mond. Hier werden nie wieder Menschen ihre Augen mit der Hand schützen, wenn sie zur Sonne hinauf schauen wie in den hunderttausend Filmen im Entertainment-Archiv.
    In diesem Moment kam mir das Vorhaben der Präsidentin, die Oberwelt zu kolonialisieren und ihre Bewohner nach und nach zu den hehren Zielen der alten Gesellschaft zu bekehren, aberwitzig vor: Die Typen hier oben waren Nachfahren jener Menschen, die einen nuklearen Winter und eine vierhundertfünfzig Jahre lange Eiszeit hinter sich hatten.
    Aus Filmen wussten wir, wie die Welt vor dem Kometen aussah. Aus Dokumentationen unserer Vorfahren, die sich Jahre später an die Oberwelt gewagt hatten, wussten wir, wie die Menschen die Epoche der Kälte überlebt hatten. Eins stand fest: Ihre Nachkommen – unsere Zeitgenossen – hatten von Tarzan, Captain Future und Superman ebenso wenig gehört wie von Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger. Sie hatten nie im Leben Apfelkuchen gegessen und konnten den Namen Jesus Christus nicht mal aussprechen.
    An jenem Abend, an dem ich die Oberwelt zum ersten Mal betrat und das Erlebnis hinter mir lag, zu dem ich gleich komme, war ich davon überzeugt, dass wir das geplante Ziel nur erreichten, wenn wir achtzig Prozent der männlichen Oberweltler exekutierten und dem Rest eine gründliche Umerziehung verpassten.
    Wir hatten den »Park« des Weißen Hauses gerade verlassen, als wir von einer Bande umzingelt wurden, die es wohl auf unsere Thermoanzüge abgesehen hatte.
    Es waren sieben streng riechende, in Leder gekleidete Kerle, die so bullig wie dumm waren und sich aufführten, als gehörte ihnen die Welt. Ihre Artikulationsfähigkeit unterbot locker die eines
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