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146 - Winterkrieger

146 - Winterkrieger

Titel: 146 - Winterkrieger
Autoren: Ronald M. Hahn
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sie seine Gefährten überrumpelt hatten, konnten sie nicht dumm sein – brauchten sie nur seinen Fußspuren zu folgen. Zwar schneite es, aber noch nicht lange genug. Sie würden ihn finden.
    Dann war sie da, die Idee.
    Im offenen Kampf hatte er keine Chance gegen diese Typen.
    Er musste sie überraschen. Aus heiterem Himmel. Wenn sie ratlos da standen, sich die Schuppen kratzten und fragten, wohin der Erdling so urplötzlich entschwunden war.
    Etwa fünf Minuten später sichtete Lieutenant Ramon Garcia aus luftiger Höhe vier winterlich gekleidete Gestalten, die sich aus südlicher Richtung an die Lichtung heran pirschten. Ihre Blicke suchten konzentriert den Boden ab, auf dem seine Fußstapfen im Schnee noch immer zu sehen waren. Garcia beobachtete sie höhnisch grinsend. Er freute sich auf die dummen Gesichter, die sie machen würden, wenn er sie von seinem Ast aus der Reihe nach umnietete.
    Sorgsam nahm er den Anführer des Quartetts ins Visier.
    Gleich puste ich dir das Gehirn aus dem Schädel, Echsenmann!
    KNACK.
    »Grundgütiger Him…« Garcias Herzschlag setzte aus.
    Krrrrrrch…
    Die in Pelze gehüllten Daa’muren verharrten in der Bewegung, dann schwangen vier Köpfe herum – und schauten nach oben.
    »Fresst Blei!«, kreischte Garcia, während der Ast, auf dem er saß, mit einem Gänsehaut erzeugenden Geräusch langsam brach.
    Die Reptilien am Boden sprangen auseinander. Hände griffen unter Umhänge, zückten Waffen.
    Garcia schrie wie am Spieß. Sein Driller spuckte Explosivmunition und Feuer, ließ Dreck und Schnee aufwirbeln und den Schädel eines der Gegner platzen.
    Im Absturz verhakte sich etwas in Garcias Hosen. Ein schreckliches Reißen erklang, dann ein Ratschen. Als Crows Adjutant dem Boden entgegen fiel, sagte ihm sein plötzlich eiskaltes Hinterteil, dass er zu alledem auch noch auf eine entwürdigende Art und Weise sterben würde.
    Dann prallte er auf. Der mörderische Schmerz ließ ihn fast besinnungslos werden. Doch am schlimmsten war die Scham.
    Die Daa’muren schien seine Blöße nicht zu stören. Von drei Seiten sprangen sie auf ihn zu, noch bevor Garcia den Driller unter seinem schmerzenden Körper vorziehen konnte.
    Das Letzte, was er in seinem Leben sah, war eine zur Izeekepirklaue mutierte Hand, die auf sein Gesicht zielte.
    Dann herrschte Dunkelheit. Eine Schwärze, in die sein schwindendes Bewusstsein wie in einen Malstrom hinab gezogen wurde. Er hörte ein fernes Schnauben und spürte noch, wie sich die Kette der Erkennungsmarke um seinen Hals spannte. Dann erreichte er den Grund des Strudels und nahm Abschied vom Diesseits.
    Dass einer der Daa’muren die »Hundemarke« von seinem Hals pflückte und interessiert betrachtete, war ihm angesichts seines Exitus reichlich egal…
    ***
    September 2521
    Rasende Wolkenfetzen verdeckten alle paar Sekunden die bleiche Scheibe des Mondes. Irgendwo hinter der nahen Stadtmauer heulte ein Raubtier.
    Captain Ayris Grover hockte zwischen großstädtischen Ruinen hinter einer niedrigen Mauer und verwünschte den Tag, an dem sie in den Oberweltdienst gekommen war. Um sie herum ragten über fünfhundert Jahre alte Bauwerke auf. Die Nacht war kalt und finster. Vor ihr: ein Schrottplatz. Hier hausten menschliche Ratten und Abschaum aller Art. Obwohl Ayris unter ihren Lumpen einen Thermoanzug trug, schüttelte sie sich. Sie war in einem warmen Bunker zur Welt gekommen und hatte die meisten Jahre ihres Lebens dort verbracht.
    Wie hielten die Leute es hier oben aus? Wie konnte man in diesem rostenden Dschungel Kinder aufziehen?
    Na ja, sie fallen eben entsprechend aus, die Kinder.
    Nicht weit von ihr tanzten zerlumpte Gestalten um eine Metalltonne, aus der Flammen schlugen. Es war Ayris schleierhaft, wieso sie die Nacht hier verbrachten, statt sich in eine Ruine ein trockenes Plätzchen zu suchen. Was hinderte sie daran? Monsterkakerlaken? Irgendwie fühlte sie sich beim Anblick der Tanzenden an einen primitiven Stamm aus alter Zeit erinnert.
    Sie dachte an ihr unter der Erde lebendes Volk. Die Oberweltler, Ayris wusste es, hatten nur Verachtung für sie übrig. »Engerlinge« wurden sie genannt. Ayris schüttelte sich.
    Vermutlich huldigten die Primitiven irgendwelchen finsteren Gottheiten und frönten dem Kannibalismus. Auf jeden Fall waren sie Staatsfeinde.
    Wir behalten euch im Auge.
    »He, Schwestah…« Ayris richtete sich auf. Die Hand unter ihrem Poncho umklammerte einen Driller. Der Junge, der hinter ihr aus der Ruine gekommen war, konnte
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