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146 - Winterkrieger

146 - Winterkrieger

Titel: 146 - Winterkrieger
Autoren: Ronald M. Hahn
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Paddy«, sagte O’Hara. »Aber unterlass solche Sachen in Zukunft während der Dienstzeit.«
    »Ja, Onkel Raymond«, sagte Paddy verlegen. Dann knallte er die Hacken zusammen und schrie: »Ich meine, jawohl, Sir!«
    ***
    In ihrem Quartier warteten mehrere Botschaften auf Captain Grover. Botschaft Nr. 1 stammte von Fähnrich Lucy Ferguson, die bekannt gab, sie werde sich nun doch nicht zur Ärztin ausbilden lassen, sondern bei den Washington Rangers einsteigen.
    Botschaft Nr. 2 stammte von Lieutenant 1st class (Oberleutnant) Henry Coyote, der Ayris anlässlich seines 32.
    Wiegenfestes für Freitag in zwei Wochen zu einem Umtrunk einlud.
    Botschaft Nr. 3 kam aus der Station XII des Lazaretts und klang ernst: Captain a.D. Jimmy Flannagan bittet höflichst um schnellstmöglichen Besuch, da er befürchtet, dass er im Laufe des heutigen Tages abkratzen wird.
    Ayris nahm in Rekordzeit eine Dusche, kleidete sich um und lief zum nächsten Lift. Sie fuhr in die unterste Ebene, die ihr bekannt war – ob es darunter noch andere gab, erfuhr man erst ab Major aufwärts –, und eilte ins nach Karbol riechende Krankenrevier.
    Captain a.D. Jimmy Flannagan lag in einem Bett auf Rädern, wie es Offizieren zustand, die dem Staat ihr Leben lang treu gedient hatten und nun, wie er sagte, »im Eimer« waren. Er war Mitte sechzig, hatte immer gesund gelebt und krepierte nun an sieben Krebsarten. Als es herausgekommen war, war er so wütend geworden, dass er mit dem Rauchen angefangen hatte.
    Inzwischen sah er zwar aus wie das Leiden Christi, doch da man ihm alle Substanzen verabreichte, die einen Menschen schmerzfrei machten, und er keine Illusionen hinsichtlich der Inkompetenz der Mediziner hatte, war er so gut gelaunt, dass die beiden in seinen Zimmer liegenden Bauchoperationen um Hilfe schrien, weil sie seine Witze nicht mehr aushielten.
    Ayris fuhr Jimmy Flannagan auf den Gang hinaus und schob ihn in einen leeren Raum mit grünen Wänden. Sie wirkten sich derart beruhigend aus, dass Flannagan fünf Minuten später so ruhig geworden war, dass er eine der Zigarren rauchte, die Ayris ihm von der Oberfläche mitbrachte.
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst die Kranken nicht zum Lachen bringen, Jimmy«, sagte sie, als ihm beim Paffen zuschaute. »Denen reißen doch die Nähte auf.«
    Jimmy wieherte. Er war so grau wie noch nie, nicht nur auf dem Kopf, sondern auch im Gesicht. Er sah wie hundertzehn aus. Vermutlich würde er es wirklich nicht mehr lange machen.
    »Lebt man ungesund«, sagte er, »stirbt man krank. Lebt man gesund, stirbt man gesund. – Darauf dreimal kurz gelacht!«
    Er schaute Ayris an. Wenn man es genau nahm, sah er aus wie ein Gespenst.
    »Ich muss dir was sagen, Ayris.« Flannagan stieß eine Rauchwolke aus. »Ich muss dir sogar mehrere Dinge sagen, mein Kind. Erstens: Ich liebe dich. Ich hab’s dir nie gesagt, weil die Leute sagen, dass es unanständig ist, wenn alte Zausel junge Mädchen lieben.«
    »Ich bin fast fünfunddreißig, Jimmy«, sagte Ayris. Sie war wahnsinnig gerührt, aber nicht sehr überrascht. Eigentlich hatte Flannagan es ihr schon tausendmal gesagt.
    »Zweitens«, fuhr Jimmy fort, »hab ich auch deine Mutter geliebt. Ach, Rosalie! Schon als Kind war ich in sie verknallt. Sie war schwarzhaarig und hatte blaue Augen. Sie war ‘n bisschen rundlich, aber nicht sehr. Wir gingen in die gleiche Klasse. Das war in der Zeit, in der bei uns noch Kinder geboren wurden. Ich hab sie wahnsinnig geliebt, aber ich hab’s ihr nie gesagt, weil sie… deinen Vater geliebt hat. Gott, hat mich das fertig gemacht… Also hab ich sie im Stillen verehrt und den kleinen Willard Grover, diesen verdammten Glückspilz, immer beneidet.«
    Ayris hatte sich so was schon gedacht.
    Flannagan grunzte. »Ich hab ihn nie verflucht, weil er sie gekriegt hat. Ich konnte ihn sogar ganz gut leiden.« Er schaute auf. Seine Augen wirkten so krank, dass Ayris einen Schreck bekam. »Und jetzt kommt’s.« Flannagan räusperte sich. »Es gibt was, das hab ich mein Leben lang verschwiegen, weil ich nicht zu früh ins Gras beißen wollte.« Er schaute Ayris an. »Es betrifft deine Eltern.« Er nickte ihr zu. »Komm mal her.«
    Meine Eltern? Ayris schaute ihn verdutzt an. Dann zog sie ihren Stuhl ganz nahe an sein Bett heran und beugte sich über ihn.
    Flannagans Blick wanderte zur Decke. Was suchte er?
    Kameras? Mikrofone? Sie hatte keine Ahnung, ob er etwas fand. Wenn ja, ließ er sich nichts anmerken.
    »Mein Diarium«, zischte er. »Such
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