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146 - Winterkrieger

146 - Winterkrieger

Titel: 146 - Winterkrieger
Autoren: Ronald M. Hahn
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Stechen entsetzte uns so sehr, dass wir fast panisch reagierten und mit ebensolcher Gewalt vorgingen, um uns die Kerle vom Hals zu halten. Als mich jemand von hinten packte und mir eine Klinge an den Hals setzte, zückte Artie Crow seine Drillpistole und pustete ihn weg.
    Die Detonation des kleinen Explosivgeschosses – nicht größer als eine Kugelschreiberspitze, aber ungemein wirkungsvoll – brachte viele Streithähne insofern zur Vernunft, dass sie auf die Straße flohen und dort weitermachten. Wir drei verließen die Kaschemme durch den Hinterausgang, denn wir wollten weder den Gendarmen des Bürgermeisters noch Kumpanen des Albinos in die Hände geraten.
    Eigenartigerweise befanden wir uns in einer geradezu euphorischen Stimmung, als wir durch die verschneiten Gassen liefen; ein Hochgefühl, das auch nicht aufhörte, als wir in einem verlassenen Parkhaus eine Rast einlegten und unser Abenteuer rekapitulierten.
    Captain Cleveland, dem wir den Nachteinsatz zu verdanken hatten, war wohl davon ausgegangen, die Nachtratten würden uns alle einen Kopf kürzer machen. Aber wir hatten ihnen die Zähne gezeigt.
    Als wir am nächsten Morgen zerzaust, doch denkbar gut gelaunt zurückkehrten, wusste man an entscheidender Stelle schon von unseren Heldentaten: Ein verdeckter Agent hatte einen positiven Bericht über unsere Schlagkraft verfasst und an Clevelands Vorgesetzten weitergegeben.
    Aber das erfuhren wir erst später…
    ***
    Mit dem Diarium in der Hemdtasche ging Ayris in die Sektorenkantine und nahm eine Mahlzeit zu sich.
    Flannagans Schilderungen der längst vergangenen Zeit gingen ihr im Kopf herum. Fünfundzwanzig Jahre war all das her. Damals hatten sich die Bunkerbewohner an der Oberfläche noch rar gemacht, waren inkognito aufgetreten, da sie sich schon rein äußerlich von den Oberweltlern unterschieden.
    Von Flannagan wusste sie, dass der damalige Herrscher Waashtons aus allen Wolken gefallen war, als sich eines Tages im Inneren seiner Festung eine Geheimtür geöffnet hatte und einige futuristisch gekleidete Männer ihm verdeutlicht hatten, wer fortan hier das Sagen hatte.
    »Der Fettsack ist vor Schreck fast tot umgefallen. Er hatte nicht die geringsten Geschichtskenntnisse und wusste nichts von der Existenz des Bunkers.« Doch er hatte sich rasch mit der Präsidentin arrangiert und sich – gegen Gewährung gewisser Privilegien, versteht sich – gern bereit erklärt, den Statthalter des Weltrates zu spielen. Inzwischen war der Fettsack seit vierzig Jahren im Amt und hatte den dritten WCA-Präsidenten überlebt. Damals war sein Reich nicht gerade ein Paradies gewesen. Und auch heute…
    Ayris schüttelte sich. In den hiesigen Breitengraden dauerte der Winter acht Monate, und auch die restlichen Jahreszeiten waren nicht dazu angetan, Wohlbehagen an der Oberwelt zu empfinden. Es war nicht immer so gewesen. Vor fünfhundert Jahren hatte eine kosmische Katastrophe die Erdachse verschoben und die warme Heimat ihrer Ahnen in ein fast arktisches Klima versetzt. Bis vor fünfzig Jahren hatte eine Eiszeit geherrscht. Dort, wo früher Millionen heimisch gewesen waren, hatten nach dem Klimawechsel nur noch Tausende gelebt. Seit der großen Schmelze wuchs die Menschheit wieder, doch niemand – nicht einmal die Regierung – wusste genau, wie viele Menschen in diesem Land lebten. Nur eins stand fest: Ein Staat existierte nicht mehr. Es gab auf diesem Kontinent Gegenden, in denen niemand je das Wort »Amerikaner« gehört hatte.
    In Flannagans Jugend hatte der Weltrat viel weniger über die Lage der Erde gewusst: Damals hatte man die nach Washington einwandernden Fremden noch als Ballast gesehen.
    Heute ging man davon aus, dass ein Staatswesen, das wachsen sollte, damit es sich gegen Invasoren wehren konnte, jede Menge Neubürger brauchte, die das Recht hatten, sich dort eine Hütte zu bauen, wo noch keine stand.
    Ayris seufzte. Leider war nicht jeder Neubürger so intelligent, um einzusehen, dass Gesetze nicht nur für die anderen galten. Deswegen gab es auch heute noch Menschen wie sie, die zwanzig Jahre nach Jimmy Flannagan, Willard und Rosalie Grover und Artie Crow an der Oberwelt für Ordnung sorgten.
    »Captain Grover?«
    Ayris schaute auf und blickte in das Gesicht des Sergeanten, der sie ins Büro Colonel O’Haras geleitet hatte.
    »Ich bin’s, Ma’am. Sergeant Paddy… Ich meine Patrick O’Hara.« Paddy O’Hara deutete auf seine Schulterstücke, als wolle er ihr beweisen, dass er nicht log. Er hatte
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