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1459 - Die Hexe und ihr Henker

1459 - Die Hexe und ihr Henker

Titel: 1459 - Die Hexe und ihr Henker
Autoren: Jason Dark
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geschickt…
    ***
    Natürlich war ihr so etwas möglich gewesen. Sie brauchte nicht nur diesen Raum, um in unsere Dimension eindringen zu können. Die Hexe und der Henker hatten es bewiesen, als sie erschienen waren, um den Callboy zu töten. Der Spiegel war nur ein Hilfsmittel oder zweiter Weg gewesen.
    Sie standen im Hintergrund. Die blonde Hexe zeigte sich wie eine Statue, und ebenso statuenhaft hatte sich der Henker schräg hinter ihr aufgebaut, seine verfluchte Sense halb erhoben, das Gesicht unter der Kapuze verborgen.
    Beide sahen aus, als stünden sie innerhalb eines großen Bildes, bei dem der Rahmen fehlte. Schwarz und weiß. Dabei fiel noch besonders der rot geschminkte Mund der Frau auf, der in dem bleichen Gesicht wie eine rote Wunde leuchtete.
    Beide hatten die Kälte einer anderen Welt mitgebracht. Beide existierten durch eine Kraft, wie sie ihnen nur die Hölle geben konnte.
    Hatten sie tatsächlich die lange Zeit in irgendeiner Dimension überlebt?
    Die Wahrheit würde ich wohl nie herausfinden, aber es stand fest, dass sie nicht aufgegeben hatten. Diesmal waren sie ohne Assunga erschienen, was mir sehr entgegenkam.
    Laurie hatte die beiden Gestalten noch nicht entdeckt, weil sie in eine andere Richtung schaute. Aber die spürte etwas von der Veränderung, denn sie zog ihre Schultern hoch.
    Ich sprach sie mit leiser Stimme an. »Laurie…«
    Ihr Kopf ruckte herum.
    »Sie müssen jetzt Acht geben«, flüsterte ich ihr zu. »Wir haben Besuch bekommen.«
    »Bitte…?«
    Ich nickte ihr zu. Dabei sah ich, dass sich ihre Augen weiteten. Gedanklich hatte sie begriffen, jetzt wollte sie auch sehen, was da passiert war.
    Mein Blick deutete in eine bestimmte Richtung. Laurie Andrews verstand und drehte sich langsam nach rechts.
    Sie riss den Mund weit auf.
    Ich rechnete mit einem Schrei, doch der verließ nicht ihre Kehle.
    Im letzten Augenblick konnte sie ihn zurückhalten. Es war nur ein Gurgeln zu hören.
    Ich sprach sie wieder an. »Laurie, Sie müssen jetzt die Nerven behalten. Keine Panik! Versuchen Sie nicht, die Flucht zu ergreifen. Sie würden nicht weit kommen.«
    »Ja – aber – aber was ist denn geschehen? Wo kommen die denn her?« Sie hob hilflos die Schultern. »Der Spiegel ist doch zerbrochen.«
    »Sie kennen andere Wege. Nehmen Sie es einfach hin und lassen Sie mich alles machen.«
    »Wie wollen Sie denn…?«
    »Abwarten.« Für mich stand fest, dass der Henker und die Hexe noch immer glaubten, einen Auftrag zu haben, und ihn auch mit aller Konsequenz durchführen wollten.
    Die Kälte war geblieben. Ich konnte mir gut vorstellen, dass wir uns auf einer Grenze befanden, wo zwei Dimensionen gegeneinander stießen. Ich spürte mein Herz stark klopfen. Der Druck in meinem Innern blieb, je mehr Zeit verstrich. Ich hütete mich zudem davor, den Anfang zu machen, weil ich das Gefühl hatte, dass es den beiden um Laurie ging.
    Genau das wurde auch gesagt.
    Die Hexe sprach mit einer leicht kratzigen Stimme, in die sich schrille Töne mischten.
    »Wir sind wegen dir hier«, sagte sie zu Laurie.
    »Und? Warum?«
    »Assunga hat es so gewollt. Sie hat sich einen Plan ausgedacht. Du bist jetzt wichtig.«
    »Wieso?«
    »Assunga möchte dich haben.«
    Laurie sagte nichts mehr. Es hatte ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlagen. Sie saß zwar auf dem Hocker, aber so steif und leicht zur Seite geneigt, dass sie im Begriff war, umzufallen.
    »Mich?«
    »Wen sonst?«
    Ich war bisher außen vor geblieben. Die Hexe und der Henker schienen mich gar nicht wahrgenommen zu haben. Nur die Frau zählte für sie.
    Das Kreuz lag nicht mehr auf meiner Brust. Ich hatte es in der letzten Minute unauffällig in meine Jackentasche gesteckt. Jetzt versenkte ich meine Hand in der Tasche, umfasste es und lauerte auf einen günstigen Zeitpunkt, um es hervorzuholen.
    Endlich raffte sich Laurie Andrews zu einer Antwort auf. »Ich will nicht!«, erklärte sie mit schriller Stimme. »Nein, ich will nicht, verdammt noch mal!«
    »Du kannst nicht anders.«
    Sie ruckte auf dem Hocker zu mir herum, denn ich war für sie der letzte Halt. »John, ich…«
    »Bleiben Sie sitzen, Laurie!«
    Lucia warf mir einen Blick zu. »Ich werde sie holen. Das hat Assunga so beschlossen.«
    »Irrtum. Es ist mir egal, was Assunga beschlossen hat. Du wirst es nicht schaffen.«
    Es wurde Zeit, dass ich mich schützend vor Laurie stellte. Den ersten Schritt ging ich nach vorn, den zweiten nicht mehr, denn plötzlich befand sich etwas in meinem
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