Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1459 - Die Hexe und ihr Henker

1459 - Die Hexe und ihr Henker

Titel: 1459 - Die Hexe und ihr Henker
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Zone aufbauen können. Ob sie allerdings wirkungsvoll war, musste ich dahingestellt sein lassen, denn uns trennte sehr viel.
    Der Spiegel war normal. Keine weiche Fläche, sondern eine harte.
    Ich würde keine Probleme haben, sie zu zerschmettern. Genau das hatte ich mir ausgedacht.
    Ich holte die Beretta hervor.
    Die Reaktion war ein Lachen, in dem der Spott nicht zu überhören war.
    »Willst du schießen, John? In den Spiegel? Mich mit einer Kugel erwischen? Du weißt doch, dass dies nicht geht. Silberkugeln können mich nicht vernichten.«
    »Das weiß ich, Assunga.«
    »Weshalb dann die Waffe?«
    »Deshalb«, erwiderte ich und schleuderte meine Beretta mitten in den Spiegel hinein…
    ***
    Ich hatte mich nicht verkalkuliert. Es war ein Spiegel. Ein völlig normaler, den die andere Seite nur für ihre Pläne ausgewählt hatte. Und deshalb fegte meine Waffe auch nicht in einen Tunnel, von dem sie hätte verschluckt werden können. Sie prallte gegen den harten Widerstand, und ich sah, dass der Spiegel zerschmettert wurde.
    Wie viele Scherben plötzlich aus dem Rahmen herausflogen, konnte ich nicht zählen. Jedenfalls löste sich die Spiegelfläche in zahlreiche Splitter auf, von denen jeder irgendwie anders aussah. Es gab große, es gab kleine, manchmal auch nur blitzende Krümel, und die Reste spritzten nach allen Seiten hin weg.
    Nur der Rahmen blieb heil. Er bestand aus Aluminium. Im Rahmen steckten noch einige Scherben fest, aber das war auch alles.
    Einen Blick in den Spiegel konnte keiner mehr werfen, denn in der Mitte befand sich das große Loch.
    Von Assunga, Lucia und auch von dem Henker war nichts mehr zu sehen. Ich hatte sie vertrieben und mit einem Wurf das Tor in die andere Dimension zerstört.
    Hatte ich gewonnen?
    Daran glauben konnte ich nicht. Ich hatte einen Teilsieg errungen.
    Einen Aufschub herausgeholt, aber das war auch alles. Assunga und ihre Verbündeten waren einfach zu mächtig. Sie würden einen neuen Weg finden. Möglicherweise würde Assunga ihre letzten Hemmungen fallen lassen und an anderer Stelle wieder erscheinen. Ich konnte nicht behaupten, dass ich erleichtert war. Mit dem Kolben der Pistole schlug ich die letzten Reste aus dem Rahmen. Wenn ich meine Füße bewegte, knirschte es unter den Sohlen.
    Es war wieder sehr still in meiner Umgebung geworden. So hörte ich das leise Schluchzen überdeutlich. Schlagartig fiel mir ein, dass ich das Geschäft nicht allein betreten hatte. Da gab es noch jemanden.
    Laurie Andrews hatte sich nicht in meine Nähe getraut. Durch einen Kleiderständergeschützt, hockte sie auf dem Boden und hielt die Hände vor ihr Gesicht gepresst.
    Ich blieb vor ihr stehen und bückte mich ihr entgegen.
    »Laurie«, sagte ich mit leiser Stimme. »He, Laurie…«
    Zunächst reagierte sie nicht. Ich musste sie schon leicht an der Schulter rütteln, bis ihre Arme langsam nach unten sanken und sie den Blick anheben konnte.
    Verquollen und verweint waren die Augen. Die Lippen zuckten, und als sie mich sah, schüttelte sie den Kopf.
    »Was ist?«
    Sie zog die Nase hoch. »Ich – ich – kann es nicht fassen, John. Ich werde – mein Gott, da war dieses grauenvolle Bild und…«
    »Jetzt ist es nicht mehr da.«
    »Wieso?«
    »Ich habe des Spiegel zerstört.«
    Laurie schaute mich an, als könnte sie mir kein Wort glauben.
    Aber sie sah, dass ich ihr die Hand entgegengestreckt hielt, und sie wusste, was sie zu tun hatte.
    Zitternd umfasste sie meine Hand und ließ sich in die Höhe ziehen. Um Halt zu haben, stützte sie sich bei mir ab.
    »Stimmt das alles?«
    »Ja.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    »Sicher, kommen Sie.«
    Laurie zitterte. Die Furcht war noch nicht vorbei. Aber sie ging mit mir und ließ meine Hand nicht los.
    Kurz darauf standen wir vor dem Spiegel oder vor dem, was davon zurückgeblieben war.
    Kein Glas mehr. Nicht ein Splitter klemmte noch im Rahmen fest.
    »Er ist weg, John. Verdammt, er ist weg…«
    »Sicher.«
    Sie rang nach Atem. »Und was ist mit – ich meine – den drei Gestalten?«
    Ich lächelte vor meiner Antwort. »Sie sind nicht für immer verschwunden, aber wir haben ihnen eine Möglichkeit genommen, das kann man schon als Vorteil ansehen.«
    »Können Sie denn zurückkommen?«
    »Das schon.«
    Laurie schloss für einen Moment die Augen. »Wo wird das sein? Wissen Sie das?«
    »Nein, das kann ich Ihnen nicht sagen. Sie haben keinen bestimmten Ort und keinen bestimmten Platz.« Ich hob die Schultern. »Das ist leider so.«
    Laurie Andrews
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher