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144 - Der Flug der Todesrochen

144 - Der Flug der Todesrochen

Titel: 144 - Der Flug der Todesrochen
Autoren: Bernd Frenz
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nicht, warum sich der Zorn des Sol plötzlich gegen ihn richtete, aber es stand ihm nicht zu, einen Herrn zu kritisieren. Unterwürfig gab er die Position des abgestürzten Feindes durch und nahm es hin, dass der Sol die Verbindung zu ihm abrupt abbrach.
    ***
    Kalte Regentropfen schlugen Aiko ins Gesicht, als er aus seiner Notabschaltung erwachte.
    Achtung!, warnte eine innere Stimme. Optischer Eingang beträgt nur noch fünfzig Prozent.
    Die Ursache dafür war dem Cyborg sofort ersichtlich. Auf seiner Brust hockte nämlich ein riesiger Aasgeier, der eines seiner beiden künstlichen Augen im Schnabel hielt. Obwohl das elende Vieh überhaupt nicht in der Lage war, seine Beute zu zerkauen und zu schlucken, sah es aus, als ob es erneut zupicken wollte, um Aiko auch noch das verbliebene Augenlicht zu rauben.
    Sofort schoss die linke Hand des Cyborg nach oben, packte den ausgestreckten Flügel des Geiers und riss das laut protestierende Tier zur Seite. Die schmerzliche Lektion zeigte sofort Wirkung. Hastig mit den Flügeln schlagend, machte sich der Vogel hüpfend aus dem Staub.
    Das künstliche Auge ging mit ihm, aber Aiko konnte es ohne fremde Hilfe ohnehin nicht wieder einsetzen.
    Ächzend rollte er sich herum, quälte sich auf die Knie und kam langsam in die Höhe.
    Sein organischer Körper war mit Prellungen und Abschürfungen übersät, zum Glück schien aber nichts gebrochen zu sein. Seinen Armen fehlten einige Hautfetzen, das verbuchte er unter normale Verluste. Mit einem Stirnrunzeln registrierte er auch den Verlust des Interface-Dorns, der sauber untndballen abgebrochen war; in dieser Gegend hätte er ihn ohnehin nicht einsetzen können.
    Was für ein Absturz. Es grenzte an ein Wunder, dass es ihn nicht schlimmer erwischt hatte.
    Schwankend ging er ein paar Schritte. Sie bereiteten ihm Mühe, doch er kam vorwärts. Platschend trat er in eine Pfütze.
    Genau, es regnete ja.
    Er sah in den dunklen Himmel, um die Dauer seiner Bewusstlosigkeit abzuschätzen. Die Regenwolken machten es ihm schwer, trotzdem war der Beginn der Dämmerung nicht zu übersehen.
    Er führte einen Systemcheck durch, in der Hoffnung, dass der innere Chronometer noch funktionierte. Sechs Prozent Speicherplatz beschädigt, lautete die erste Meldung. Zwei Prozent Informationen gingen verloren. Datenabgleich empfohlen.
    »Später vielleicht«, kommentierte Aiko laut.
    Vergangene Zeit seit der Notabschaltung: 32 Minuten, 18 Sekunden.
    Über eine halbe Stunde! Er musste zusehen, dass er hier wegkam, bevor die Daa’muren nach ihm suchten. Der Regen würde ihm hoffentlich helfen, seine Spuren zu verwischen.
    Ein Blick in die Runde trug leider nicht zur Orientierung bei. Vom Kratersee war nicht das Geringste zu erkennen.
    Alles, was es hier zu sehen gab, waren Felsen, Gestrüpp und ein paar verkrüppelte Bäume, auf denen Manta One nach mehreren Aufsetzern gelandet war. Einige Geier hüpften bereits auf der Attrappe herum und begannen die organische Ummantelung mit ihren Schnäbeln zu zerrupfen.
    Humpelnd machte sich Aiko davon. Mit der Hand tastete er nach seiner blutigen Augenhöhle, die er versorgen musste, bevor es eine Infektion gab. Eine grelle, hinter einer Hügelkette hervor dringende Stimme trieb ihn zur Eile an.
    Mit klopfendem Herzen tauchte Aiko hinter einem schroffen Vorsprung ab. Seine Rippen begannen unter dem schnellen Takt des arbeitenden Muskels zu schmerzen. Die Verletzungen waren wohl doch schlimmer, als er angenommen hatte.
    Zum Glück drohte wenigstens keine Gefahr aus der Luft.
    Über ihm, im wolkenverhangenen Himmel, zeichnete sich keine einzige Rochensilhouette mehr ab. Der Virus hatte alle vom Himmel gewischt.
    Nur in dreißig Kilometern Entfernung entdeckte er mit Hilfe seines internen Zooms noch eines der Tiere. Doch so schlingernd, wie es sich in der Luft hielt, war es bereits schwer erkrankt. Aiko hatte seine Mission erfüllt. Zumindest in diesem Punkt konnte er zufrieden sein.
    »Hoffentlich ist das jetzt endlich das richtige Vieh!«, drang die aufdringliche Stimme nun deutlicher an sein Ohr. »Hier wimmelt es ja nur so von Rochensteaks, an denen die Geier nagen.«
    Aiko sah vorsichtig aus seinem Versteck hervor, denn es wunderte ihn, einen Daa’muren so sprechen zu hören. Sein Erstaunen verwandelte sich in Bestürzung, als er die hagere Gestalt mit den langen grauen Haaren ausmachte, die inmitten eines Echsentrupps anmarschierte.
    Der Cyborg wusste sofort, mit wem er es zu tun hatte. Aus den Erzählungen von Matthew
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