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142 - Der Bluttempel

142 - Der Bluttempel

Titel: 142 - Der Bluttempel
Autoren: Michael M. Thurner
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Wenige, das Xej anzubieten hatte, einzufordern. »Ich und meine Begleiterin sind rechtschaffen müde«, sagte er deshalb. »Wenn ihr uns einen Platz zeigt, wo wir uns ausstrecken können…?«
    »Kommt gar nicht in Frage!«, rief Xej entrüstet. »Es würde sich herumsprechen, dass Gäste im Haus des Köhlers mit leerem Magen zu Bett gegangen sind. Frau, räum die Speisekammer leer! Und du, Arat vier…«
    »Fünf, Pope! Du hast mich umgetauft, nach der Geburt des letzten Bruders.«
    »… natürlich fünf, verzeih – bring mir die Flasche mit dem guten Schnaps aus dem Keller.«
    Schulterzuckend blickte Xej seine Gäste nacheinander an.
    »Je älter ich werde, desto komplizierter wird das Leben. Ich glaubte es mir mit einer Nummerierung der Kinder leichter machen zu können. Wer merkt sich schon all die Namen… Aber ich dachte nicht daran, dass ich den Älteren mit jedem Neugeborenen eine höhere Nummer geben musste.«
    Matt schüttelte den Kopf über so viel Dummheit und sagte:
    »Warum hast du den Älteren nicht ihre niedrigen Nummern gelassen und den Babys dafür höhere gegeben?«
    Xej machte ein verkniffenes Gesicht, als müsse er angestrengt nachdenken. Schließlich glätteten sich seine Züge, und erfreut rief er: »Du hast Recht, Towarsch! Was für eine Freude, dich unter meinem Dach zu haben. Weib, nummerier die Kinder frisch um.«
    Fünf, nunmehr eins, das wahrscheinlich kräftigste der Geschwister und vielleicht zehn Jahre alt, kehrte aus dem Inneren der Hütte zurück. Matt konnte vage die Falltür ausmachen, die mit lautem Krach hinter dem Burschen zufiel.
    »Setzt euch, setzt euch!« Mit einem Wischer eines vernarbten und vom Kohleruß schwarz gefärbten Unterarms streifte er handgeschnitztes Spielzeug vom wackeligen Tisch.
    Lediglich ein großer hoher Tonkrug blieb unberührt. »Erzählt mir, woher ihr kommt und warum ihr zur Babooshka wollt«, fuhr er fort. »Aah – da ist ja der Tofaner! Beste Gorbachov-Winterbrennung, dreifach erhitzt und destilliert, vier Jahre lang in Eichenfässern gelagert…«
    »Gorbachov?«, fragte Matt irritiert.
    »Ja. Kennt ihr etwa meinen Nachbarn? Leider seit dem letzten Frühjahr mit Blindheit geschlagen. Eine Berufskrankheit, wie ihr sicherlich wisst. Trinkt, trinkt!«
    Er goss Matt und Aruula reichlich in die hohen Holzbecher, trank sein Glas, ohne zu warten, in einem Atemzug aus und stellte es verkehrt herum auf den Tisch.
    Matt tat es ihm gleich, während die Barbarin bloß die Lippen anfeuchtete.
    »Wahnsinn!«, konnte Matthew gerade noch krächzen, bevor der Schnaps seine Stimmbänder versengte. Eine Feuerblume explodierte in seinem Rachen, breitete sich blitzartig in Magen und Gedärmen aus. Tränen schossen ihm aus den Augen, Schweiß tropfte ihm von der Stirn.
    »Gut, nicht wahr?«, sagte Xej begeistert, während er das zweite Glas kippte. »Ein milder Jahrgang, aber gut.«
    »Chch…«
    »Hat dich das Fieber gepackt, mein Freund? Ja, es grassiert derzeit in den Hütten und ist gefährlich. Da, trink besser noch einen Becher! Der Schnaps vertreibt nicht nur böse Nachtgeister. Nein, nicht absetzen – alles muss runter, in einem Zug. Glaub mir, du wirst dich gleich viel besser fühlen…«
    Eine knappe halbe Stunde später fand Matt seine Sprache wieder. Mühsam und mit schwerem Kopf verfolgte er, was die drei nebeneinander gespiegelten Xejs mit der ebenfalls dreifach vorhandenen Aruula besprachen. Dazu stopfte er sich mit zitternden Fingern das saure und dunkle Brot in den Mund, um den Flächenbrand in seinem Körper einzudämmen.
    »Einzig und allein die Noskopzen haben uns in dieses Elend getrieben«, seufzten die Xejs. »Sie werden immer mächtiger, und sie wollen immer mehr von uns.«
    »Was verlangen sie von euch? Ich sehe nichts, das sie euch wegnehmen könnten.«
    »An unseren Gütern sind sie auch nicht interessiert«, antwortete der Köhler. »Sie fordern Aderlass!«
    »Aderlass?« Aruula runzelte die Stirn.
    »Die Noskopzen wollen unser Blut! Wir müssen es abfüllen. In diese Flasche hier.« Er deutete auf den Tonkrug, der in der Mitte des Tisches stehen geblieben war. »Alle sechs Tage kommt eine ihrer Sklavinnen und tauscht die volle Flasche gegen eine leere aus.«
    Mühsam fixierte Matt das Gefäß. Es musste an die zehn Liter Flüssigkeit fassen.
    »Wir alle spenden tagtäglich. Mein Weib und ich, alle Kinder, sogar die Haus-Wakudas.« Er machte eine kurze Pause, fuhr dann zögernd fort: »Es würde mich freuen, wenn ihr ebenfalls…«
    Damit
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