Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
142 - Der Bluttempel

142 - Der Bluttempel

Titel: 142 - Der Bluttempel
Autoren: Michael M. Thurner
Vom Netzwerk:
war ein Teil der überschwänglichen Bewirtung und Gastfreundschaft geklärt. Zwei Erwachsene, die ihr Blut ließen, würden den Kindern einen Tag Ruhe bescheren und sie vielleicht ein wenig zu Kräften kommen lassen.
    »Selbschtverständlich!«, sagte Matt, noch bevor sich Aruula äußern konnte. »Wir wern tun, was wir könn.«
    ***
    Langsam und zäh tropfte das Blut aus der kleinen Schnittwunde vom Unterarm in den Behälter. Immer wieder ballte Matt die Faust, verstärkte die Zirkulation. Er fühlte sich schwach, und Aruula, die vor ihm gespendet hatte, schien es nicht besser zu gehen.
    »Wo sind diese Noskopzen zu Hause, und was wisst ihr über sie?«, fragte er beiläufig.
    »Ihr müsst in der Tat von weit her kommen, wenn ihr nicht wisst, wo sie leben«, wunderte sich der Köhler. »Ihr Tempel befindet sich ganz in der Nähe der Heiligen Babooshka, bei Staritsa. Nehmt euch vor ihnen in Acht. Senkt den Blick, wenn ihr einem von ihnen begegnet. Provoziert sie nicht – und erwähnt unter keinen Umständen, dass ihr wegen der Heiligen hier seid. Sie dulden keine Götter neben sich selbst, diese… diese…« Ohnmächtiger Zorn packte den kleinen Mann.
    »Wie sehen sie aus?«, fragte Matt, bevor sich Xej in wüsten Beschimpfungen verlor. »Dürr, hager, meist in Kapuzen gemummt? Angespitzte Zähne und pegamen… pergeman… dünne graue Haut?«
    »Du beschreibst die Nosfera.« Der Köhler lächelte müde.
    »Die Noskopzen sind ihnen ähnlich – und doch nicht gleich. Ihre Leiber sind fett und plump, die Stimmen hell und schrill. Und sie sind ungleich grausamer.«
    »Eine Abart«, murmelte Matt. Wieder drängte sich ihm das Gefühl auf, den Begriff »Noskopzen« schon einmal gehört zu haben. Aber wenn er nach der vagen Erinnerung greifen wollte, entzog sie sich ihm.
    Das Schwindelgefühl nahm immer mehr zu. Matt drückte die Schnittwunde ab und ließ den Arm sinken. Sein Soll war mehr als erfüllt, und vielleicht hatte er den Kindern des Köhlers ein paar Tage der Erholung geschenkt.
    »Wieso habt ihr nicht Moska um Unterstützung gebeten? Die Stadt ist bloß drei Tagesreisen entfernt, und der Zaritsch hätte euch sicherlich Hilfe angeboten.«
    Xej schob den Ärmel seines verschlissenen Hemdes noch ein Stück nach oben und ritzte mit viel Routine seine Haut ein.
    Eine Unzahl schlecht verheilter Narben zeigte nur allzu deutlich, wie sehr und wie lange die armen Bauern schon unter der Herrschaft der Noskopzen litten.
    »Das Leben hier ist hart«, sagte er. »Der Boden ist karg und nicht besonders fruchtbar. Auch der Wald gibt wenig her. Welche Familie kann es sich schon leisten, eine Arbeitskraft für eine ganze Woche zu entbehren?« Xej seufzte. »Dennoch haben sich drei Mal tapfere Männer auf den Weg gemacht, um diesen Zaritsch aufzusuchen. Sie alle sind niemals zurückgekehrt. Er muss ein böser Mann sein, dieser moskawitische Herrscher.«
    »Keinesfalls!«, rief Matt empört aus. »Er ist ein Ehrenmann! Niemals würde er jemanden zurückweisen – und schon gar nicht töten lassen.« Dann fiel ihm etwas ein, und er fügte hinzu: »Allerdings ist er noch nicht lange im Amt. Über seinen Vorgänger weiß ich wenig.«
    »Ihr kennt ihn also persönlich?« Ehrfürchtig starrte der Köhler Matt an, während er den zitternden Arm am Tisch abstützte. »Werdet ihr für uns ein gutes Wort bei ihm einlegen?«
    »Das werden wir. Doch zuerst möchten wir uns selbst ein Bild von diesem Noskopzen-Orden machen. Wie kommen wir nach Staritsa? Ich habe diesen Stadtnamen noch nie gehört.«
    »Merkwürdig. Du kennst die Heilige Babooshka, aber nicht ihre Heimatstadt?«
    Matt improvisierte. »Wir lieben und ehren Babooshka. Aber für uns war sie immer weit entfernt und nicht greifbar. So weit weg wie ein Traum – den wir uns jetzt endlich erfüllen möchten.«
    »Aus dir spricht der wahre Spiritus!«, sagte Xej müde. Er war noch blasser geworden als zuvor. Unendlich langsam nahm er den Arm vom Gefäß und stillte seine Wunde ab. »Der Geist der Heiligen ist mit euch, und er wird euch nach Staritsa leiten.«
    »Das mag schon sein – aber gibt es einen… eher weltlichen Führer, der uns den Weg weisen könnte?«
    »So gern ich es machen würde – mein Tagwerk muss vollbracht werden. Gorbachov wartet auf die Briketts für seinen Heizkessel. Und Gorbachov ist der wichtigste Mann der Umgebung.«
    »Popovgeno ist in der Nähe«, warf Jekat ein, die sich bislang stumm und mürrisch mit Hausarbeit beschäftigt hatte.
    Die drei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher