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1415 - Die Spur des Propheten

Titel: 1415 - Die Spur des Propheten
Autoren: Unbekannt
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Woche vorher ..."
    Salaam Siin unterbrach mit einem fragenden, von Zweifel erfüllten Akkord. „Natürlich hätte ich schon zu diesem Zeitpunkt sprechen müssen, aber wer hätte mir geglaubt? Wer hätte den Karten vertraut? Es war unabänderlich. Ich hoffe, Meistersänger, du begehst nicht denselben Fehler wie all die anderen."
    „Darüber kann ich wenig sagen." Seine Antwort war ein Melodiebogen aus verhaltenen Baßtönen, angereichert mit nur so viel Psionik, daß der Klang sich voll entfaltete. „Ich bin nicht wegen deinen Karten hier. Ich bin gekommen, weil diese Melodie mich interessiert. Wie hast du sie zustande gebracht? Was sollen die Töne bedeuten?"
    „Ich will dich nicht länger im unklaren lassen. Die Melodie war nur ein Lockmittel, das ich hergestellt habe.
    Manchmal muß man sich etwas einfallen lassen, um die Freischichten herumzubekommen ..."
    Salaam Siin reagierte ärgerlich. „Das klingt, als wolltest du mich nur zur Ausfüllung deiner Freizeit mißbrauchen.
    Hättest du nicht ein Mitglied deiner Besatzung dazu benutzen können?"
    „Benutzen ist das falsche Wort", stellte Meryll richtig. „Benutzen will ich dich nicht. Außerdem war niemand mehr interessiert. Du bist ohne Vorurteil, also kannst du meine Arbeit besser einschätzen.
    Außerdem wäre da noch die Melodie.
    Wenn du möchtest, verrate ich dir das Geheimnis."
    „Ich bitte darum!" Salaam Siin hatte innerhalb weniger Sekunden vergessen, daß er eigentlich gekränkt und böse war.
    Erst jetzt sah er sich in der Kabine um.
    Die wenigen Quadratmeter wirkten übervoll. Da waren drei Variosessel, eine Schlafgelegenheit, über der ein durchsichtiger Schleier hing, und mehr als ein Dutzend Gegenstände ohne erkennbaren Gebrauchswert. Und in einer Ecke stand das Instrument. „Was ist das?" wollte er wissen. „Ein moderner Synthesizer", antwortete Meryll. „Damit habe ich die Melodie hergestellt. Das Gerät verfügt über Rechneranschluß zu den Bordsyntrons und war deshalb ideal. Ich habe die Tonwerte aller Gesänge eingegeben, die von dir bekannt sind. Das Ergebnis ist eine Art Extrakt; man könnte es deinen >Stil< nennen. Am Ende noch ein paar Ideen von mir dazu, und fertig war die Melodie."
    „So einfach?" staunte Salaam Siin. Er betrachtete den Synthesizer mit Argwohn.
    Das Manual bestand aus mehr als fünfzig schwarzen und weißen Tasten, nach terranischem Klaviermuster angeordnet, und ein paar Leuchtanzeigen. „Bitte, spiele es mir noch einmal vor!"
    „Wenn du möchtest."
    Die Melodie erklang ein zweites Mal, und diesmal hörte Salaam Siin, daß Meryll die Wahrheit gesagt hatte. „Eine schöne Sache", gestand er ein. „Es gefällt mir."
    „Dann bist du hoffentlich daran interessiert, meine weiteren Talente kennenzulernen?"
    Salaam Siin überlegte eine Weile, aber am Ende stimmte er zu. Nun hatte er sich die Mühe gemacht, an Bord der PERSEUS zu kommen; auf eine halbe Stunde Zeitverlust mehr oder weniger kam es nicht an. Vielleicht konnte er den Besuch zu einem nützlichen Ende führen, indem er der Frau einen Gefallen tat. Mehr oder weniger alle Terraner neigten zu seelischer Unbeständigkeit, seit feststand, daß die Tarkan-Flotte 695 Jahre verloren hatte. Er hatte auch schon Besatzungsmitgliedern an Bord der CIMARRON geholfen. „Nun gut. Lege mir die Karten." Der Meistersänger sah dem Vorgang mit leisem Unbehagen entgegen. Weshalb? Er wußte es nicht. Indessen durchwühlte Meryll planlos ihre Einbauschränke, offenbar auf der Suche nach einem Kartensatz. Salaam Siin rückte ein Sitzmöbel so zurecht, daß er trotz seines nichtmenschlichen Körperbaus einigermaßen bequem vor dem einzigen Tisch sitzen konnte. Seine Stummelbeine baumelten über dem Boden, mit vier der zwölf Greiftentakel stützte er die Rumpfhaltung. Die Borkenhaut bildete ein zusätzliches Polster. „Ah! Jetzt sind wir soweit!"
    Triumphierend streckte die Frau einen dicken Packen hoch. Sie nahm den Platz ihm gegenüber ein, strich mit dem Arm ein paar Plastikbecher beiseite und legte den Packen neben den Kerzen ab. „Es sind hundertundsieben Karten", erklärte sie. „Jede hat ihre eigene Bedeutung, die in Verbindung mit anderen Karten ständig neu interpretiert werden muß. Wir machen zunächst einen Durchgang zur Vergangenheit und zur allgemeinen Lage, um uns auf das tatsächliche Problem einzustimmen."
    Mit beiden Händen nahm sie erneut den Packen auf und mischte sorgfältig. „Ich beginne..." Meryll nahm von oben ein paar Karten und legte sie
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