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1415 - Die Spur des Propheten

Titel: 1415 - Die Spur des Propheten
Autoren: Unbekannt
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gerade", gab die Kartanin zu. „Du kannst dir denken, daß ich es bei ihm schon versucht habe. Und du kannst dir auch die Antwort denken. Ich glaube, Meistersänger, du willst dich mit dieser Antwort drücken!"
    Erbost sprang sie auf und verschwand im Antigravschacht, der von der Mitte der Projektorschüssel aus ins Innere der HARMONIE führte. Salaam Siin fühlte sich elend und feige. Sie hatte natürlich recht, das wußten sie beide, wenngleich er es schlecht zugeben konnte. Aber war es richtig von der Kartanin, ihn vor eine solche Wahl zu stellen? Hatte sie sich nicht denken können, wie sehr sie ihn in Bedrängnis brachte? Ganz sicher, überlegte er. Nachträglich erfüllte Dao-Lins geschicktes Manöver ihn mit Zorn; er beschloß, sich keinen Schuldkomplex einreden zu lassen.
    Verdrossen gab er der Syntronik Anweisung, ringsum eine Projektion entstehen zu lassen. Übergangslos fühlte sich Salaam Siin in einen vollbesetzten Akustikdom versetzt. Fünfzig ophalische Schüler intonierten den Gesang der Heraldischen Tore von Siom Som, und er saß reglos dabei und stellte sich vor, die Szene wäre Wahrheit. Was hätte er jetzt darum gegeben.
     
    *
     
    Gegen zwanzig Uhr Bordzeit gab er der Syntronik Befehl, die PERSEUS anzusteuern. In langsamer Fahrt drifteten sie neben den zweihundert Meter durchmessenden .Kugelraumer, der vor 695 Jahren einen Höhepunkt galaktischer Technik dargestellt hatte. Heutzutage waren die Einrichtungen der PERSEUS womöglich lange überholt, darüber wußten sie noch nicht viel.
    Salaam Siin spielte mit dem Gedanken, Julian Tifflor noch einen kurzen Besuch abzustatten. Aber er entschied dagegen.
    Statt dessen befragte er den Servicespeicher in der Schleuse nach Merylls Kabine und machte sich auf den Weg. Von außen deutete nichts darauf hin, daß hinter der Tür irgend etwas Ungewöhnliches vorgehen mochte. Nur ein sonderbarer Geruch hing in der Luft.
    Ophalische Riechorgane arbeiteten nicht sonderlich genau, deshalb dachte sich Salaam Siin wenig dabei. „Ich habe dich erwartet. Tritt näher."
    Der Meistersänger ließ entsetzt aus seinem aufgepumpten Membrankranz die Luft entweichen. Woher wußte Meryll, daß er vor der Tür stand? Es gab keine Kamera, sondern nur die Gegensprechanlage, die sie soeben benutzt hatte. „Nun komm schon! Meine Zeit ist für wichtigere Dinge als Warten reserviert!"
    Mit einem seiner Greifbüschel berührte Salaam Siin den Türöffner. Die Tür fuhr lautlos beiseite. Aus der Kabine drang ein sonderbarer Duft, den er nicht definieren konnte, der aber nicht unangenehm war.
    Die Frau mußte in ihrer Kabine die Lüftung gedrosselt haben - sonst wäre die Abluft durch einen Schacht gezogen, nicht in den Korridor. „Na, komm schon herein!" Merylls Stimme klang ungeduldig. Salaam Siin sah sie nicht, aber sie war irgendwo in diesem Raum. Kurz entschlossen trat er ein. Hinter ihm fuhr die Tür zu und schnitt den Meistersänger von der Helligkeit draußen ab. Die Kabine war nur mäßig in rötlichem Licht erleuchtet.
    Auf einem Tisch brannten Kerzen, die sowohl den dumpfen Schimmer als auch den Duft verbreiteten. „Wie gefällt dir das Licht?" Salaam Siin fuhr herum und sah die Frau reglos an der Wand stehen, als habe sie ihn überraschen wollen. „Sieh mich nicht so mißtrauisch an", bat Meryll. „Ich wollte dir nur die Möglichkeit geben, dich ganz unbeeinflußt hier umzuschauen. Ich habe weder Geheimnisse noch böse Absichten."
    Auf dem Bildschirm hatte Salaam Siin nur den Kopf der Frau sehen können, und nun kam der Rest hinzu, um den ersten Eindruck zu bestätigen. Sie trug eine blaue, saubere Bordkombination und als Fußbekleidung dünne Sandalen. Ob darunter weitere Kleidungsstücke waren, wußte er nicht zu sagen. „Man hat dir zweifellos gesagt, daß ich verrückt bin." Sie strich die weißen Haare gerade in den Nacken und band sie zu einem Zopf zusammen. „Vielleicht haben sie dir auch gesagt, daß ich nur mit Karten herumspiele."
    Zuerst wußte der Sänger nicht, wie er antworten sollte. Dann entschied er, es am besten bei Schweigen zu belassen. „Doch das soll uns nicht stören", sagte Meryll mit wütendem Unterton in der Stimme. „Ich habe diese Kabine als mein Refugium in der PERSEUS eingerichtet, und sie lassen mich weitgehend in Ruhe, weil ich keine Bedrohung darstelle. Sie wissen eben nicht, was ich weiß. Ich weiß viel, das kannst du mir glauben, und das meiste haben die Karten mir gesagt. Ich wußte sogar von unserem Zeitsprung, und das eine
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