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1409 - Der Kopf des Zwillings

1409 - Der Kopf des Zwillings

Titel: 1409 - Der Kopf des Zwillings
Autoren: Jason Dark
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ein ihr fremdes Kind!
    ***
    Zuerst hatte sie lächeln wollen. Auch wenn sie und ihr Mann keine eigenen Kinder hatten, so mochte sie die jungen Menschen, aber das Lächeln wollte ihr nicht gelingen.
    Es lag an der Erscheinung, die so gar nichts Kindhaftes an sich hatte. Die kleine Gestalt stand einfach nur da und rührte sich nicht von der Stelle. Sie starrte nach vorn, sagte kein Wort, und je länger Helen hinschaute, um so sehr drang in ihr der Gedanke hoch, dass sie von keinem Kind besucht worden war, sondern von einem Wesen, das nur die Größe eines Kindes hatte.
    Helen zwinkerte mit den Augen, um einen klaren Blick zu bekommen. Sie wollte sicher sein, keiner Täuschung erlegen zu sein, denn bei dieser kleinen Gestalt passte einiges nicht zusammen. Da gab es schon den Körper eines Kindes, doch mit dem Kopf hatte Helen ihre Probleme.
    Er war größer als der Kopf eines normalen Kindes. Breiter, was besonders an der Stirn auffiel, überhaupt passte das gesamte Gesicht nicht zu einem Kind, denn in der Haut sah sie einige Falten. Auch die Augen waren die eines Erwachsenen, und das dunkle Haar auf dem breiten Kopf war flach nach hinten gekämmt.
    Helen schauderte zusammen und bemerkte, dass sich auf ihrer Stirn ein leichter Schweißfilm bildete.
    Nein, hörte sie ihre innere Stimme, das ist alles andere als ein Kind. Das ist ein Liliputaner oder ein Zwerg. Ja, einer wie aus einem Märchen.
    Der Besucher bewegte sich nicht. Seine Augen starrten die Frau an, und Helen dachte daran, dass sie einen richtig bösen Blick hatten.
    Ihrer Kehle zog sich in noch mehr zusammen, und sie spürte den ersten Anflug von Furcht.
    Seit der Entdeckung war ihr zudem das Gefühl für Zeit verlorengegangen. Sie wusste nicht, wie lange sie unbeweglich auf der Stelle gestanden hatte, ohne dass ein Wort gefallen war. Aber ihr war auch klar, dass der Besucher nicht zufällig erschienen war. Er war gekommen, weil er etwas von ihr wollte.
    Ruhig bleiben!, hämmerte sich Helen ein. Du darfst dich auf keinen Fall nervös machen lassen. Du musst einfach die Ruhe bewahren. Dann wird sich alles aufklären…
    Sie hatte sich wieder so weit gefangen, dass sie eine Frage stellen konnte. Nur kam ihr der kleine unheimliche Besucher zuvor.
    »Wo ist der Kopf?«
    Es waren nur vier Worte gesagt worden, und Helen Lester hatte auch jedes verstanden, aber sie begriff nicht, was dieser Zwerg damit meinte.
    »Kopf?«, hauchte sie.
    »Wo ist er?« Wieder eine Frage. Und wieder mit einer Stimme gestellt, die sich technisch oder künstlich anhörte, weil sie in der Kehle knisterte oder knarrte.
    »Ich… ähm … ich weiß von keinem Kopf.«
    »Er muss hier sein.«
    »Nein, ich…« Plötzlich musste sie lachen, was ihr allerdings keine Erleichterung verschaffte. Dann dachte sie an ihre Plastiken. Möglicherweise war eine dieser Arbeiten gemeint, aber … nein, sie hatte keine Köpfe geschaffen.
    Das Gesicht des Zwergs verzog sich und zeigte eine bittere Grimasse. Und auch eine böse.
    »Ich will den Kopf haben!«
    »Er ist nicht hier!«
    Der Zwerg pumpte sich auf. Er schien zu wachsen, und es sah so aus, als stünde er dicht davor, sie anzugreifen. Sein Blick behielt die Boshaftigkeit bei. Dann hob der Kleine sein rechtes Bein und stampfte wütend mit dem Fuß auf.
    »Ich will den Kopf – den Kopf – DEN KOPF!!! «, kreischte er.
    »Ich habe ihn nicht!«
    »Doch, du hast ihn. Das weiß ich. Du hast ihn, verdammt! Und ich werde ihn mir holen!«
    Er drehte sich auf der Stelle. Bevor sich Helen Lester versah, war der kleine und unheimliche Besucher verschwunden. Sie hörte ihn noch durch den Flur rennen, doch urplötzlich verstummten die Geräusche, und es war auch nicht das Schlagen einer Tür zu vernehmen.
    Stille breitete sich aus. Nur keine Stille, die einen Menschen hätte beruhigen können. Zumindest Helen Lester nicht. Sie empfand die Stille als bedrückend und unheimlich.
    Nicht weit von ihrem Platz entfernt stand ein Hocker. Auf ihm ließ sie sich nieder. Sie sah nach vorn, aber dabei auch ins Leere, und fragte sich, was der Besuch zu bedeuten hatte.
    Eine Erklärung konnte sie nicht geben. Auch dachte sie an einen Traum, was allerdings nicht zutraf. Den Zwerg mit dem hässlichen Kopf hatte sie sich nicht eingebildet. Der war gekommen, um sie nach diesem Schädel zu fragen. Und jetzt fielen ihr auch wieder die beiden Männer ein, von denen die Nachbarin gesprochen hatte.
    Zufall?
    Hier kam schon einiges an rätselhaften Vorgängen zusammen, die sie sich
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