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137 - Der trojanische Barbar

137 - Der trojanische Barbar

Titel: 137 - Der trojanische Barbar
Autoren: Michael M. Thurner
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Auseinandersetzungen bei meiner Verhandlung rasch vergessen.
    Im Octaviat Salisburys drohen Grabenkämpfe, die das Schicksal der gesamten Community beeinflussen könnten. Da spielt es fast keine Rolle mehr, dass der Auftakt der Intrigen und Machtspielchen auf meinem Rücken ausgetragen wurde.
    Es widert mich an, an meine Anhörung auch nur zu denken.
    Ein paar wenige Worte müssen daher genügen: Sir Leonard, der Prime der Community, bezog ebenso wie seine halboffizielle Liebhaberin Emily Priden, Sarah Kucholsky und Maeve McLaird die Position, die Zusammenarbeit mit den Menschen an der Oberfläche weiterhin forcieren zu müssen. Auch auf die Gefahr hin, neuerlichen Kontakt mit Daa’muren und Beeinflussten zu bekommen. Er entlastete mich zudem persönlich von allen Vorwürfen der Kollaboration mit dem Feind.
    Michael »Seven« Duncan, Grimes sowie Kylie Buchanan, Intimfeindin der Kucholsky, wollten hingegen meine Rolle hochspielen. Sie sahen die Handlungen, die ich unter dem Willen der Daa’murin begangen hatte, als Gefährdung der Bunkersicherheit, die streng nach den Hochverrats-Paragraphen geahndet werden sollten. Auch der hochsenile Sir Bryant Vaughn entschied sich unter dem Einfluss von Major General Duncan für die Meinung der konservativen Octaviane.
    Was so viel wie lebenslänglich oder gar Tod durch Erschießen bedeutet hätte.
    Bei Stimmengleichheit entschied schlussendlich das Wort des Prime. Wer weiß, wie die Verhandlung geendet hätte, wäre Russ St. Neven noch am Leben gewesen?
    Ich glaube, ich werde heute noch ein bisschen am Tofanenschnaps nippen…
    (Aus den handschriftlichen Aufzeichnungen von Eve Neuf-Deville)
     
    3. Begegnung im Schnee
    »Treibt die Tiere weiter an, Master Goodfellow!«, rief Will Shag. »Lasst sie die Peitsche spüren!«
    Der langsame Kutscherjunge mit dem breiten, stets gehässig wirkenden Lächeln würde ihn eines Tages noch in den Wahnsinn treiben! Und nichts als Unsinn hatte er im Kopf, nichts als Schabernack!
    Endlich gehorchten die zahmen Wakudas, und das schwere Gefährt rutschte unter dem Ächzen und Stöhnen der Männer aus der Matschpfütze.
    »Geschafft!«, rief Will. »Von nun an kann nichts mehr schief gehen!«
    »Dein Wort in Wudans Spitzohren, Master Shag«, entgegnete Ritch Burbetsh, seine rechte Hand. »Die Männer sind bereits jetzt müde und erschöpft, und wir haben erst dreißig oder vierzig Speerwürfe Distanz hinter uns gebracht. Das nächste Dorf ist weit, uns friert, und ungehobelte Barbarenvölker machen das Land unsicher.«
    »Wir sind Schausteller, guter Freund!« Shag lachte gegen seine Überzeugung. »Wer sollte uns schon etwas antun wollen? Landauf und landab ist bekannt, dass Hunger der ständige Gefährte wandernder Künstler ist.«
    »Immerhin haben wir noch genügend Fleisch zwischen den Rippen, um eine Zwischenmahlzeit für Menschenfresser abzugeben«, brummte Burbetsh.
    »Aber was!« Will griff nach dem schlammverschmierten Gesicht seines Sohnes und drehte den Kopf in Ritchs Richtung.
    »Würde ich es verantworten, Hammet, meinen eigenen Sohn auf diese Reise mitzunehmen, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass das Risiko gering sei?«
    »Du kannst die anderen anlügen, Master Shag«, sagte sein bester Freund und hielt dem vielleicht zehn Jahre alten Knaben die Ohren zu, »aber nicht mich. Dein Weib Aane hat dir diesen Prachtjungen für den Winter aufgezwungen, und für einen Erfolg deines Bühnenstückes würdest du dein eigen Fleisch und Blut bedenkenlos opfern.«
    »Treib es nicht zu weit, Ritch!« Drohend erhob Will den Zeigefinger. »Natürlich ist es eher die Kunst, die mich antreibt, als die Liebe zur Familie. So wie uns alle hier!« Shag machte eine übertrieben weitschweifige Geste. »Aber was ist schon schnöder Erfolg im Vergleich zu dem Knöspchen, dem Früchtchen meiner unendlichen Liebe zu der Einen… hm, vielleicht sollte ich diese Zeilen niederschreiben…«
    »Da kommt Fußvolk!«, rief Robin von seinem Kutscherbock herab. »Und es schaut nicht besonders freundlich drein!«
    »Ach was!«, sagte Will Shag. »Ihr seht an allen möglichen und unmöglichen Orten Schimären und Gespenster! Was sind’s? Wandersleut wie wir, oder frohes Bauernvolk, das wir mit Scherzen und Schauspiel ergötzen sollen, Master Goodfellow?«
    »Weder – noch«, erwiderte der Junge und kicherte wie ein Verrückter. »An ihren hölzernen Speeren hängen Haarteile, wie ich sie am Kopfe trage. Um die Hüften spannt sich lederne Haut, die mich an
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