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137 - Der trojanische Barbar

137 - Der trojanische Barbar

Titel: 137 - Der trojanische Barbar
Autoren: Michael M. Thurner
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meine eigene erinnert. Und was diese haarigen, nussähnlichen Dinger sind, die einer von ihnen gerade vernascht, möchte ich wirklich nicht wissen…«
    »Alarm!«, schrie Will mit sich überschlagender Stimme.
    »Bildet eine Wagenburg, greift zu den Waffen…!«
    »Mach dich nicht lächerlich, guter Freund!«, murmelte Burbetsh, bleich geworden. »Wir besitzen nur drei Kutschen. Die Holzwaffen aus den Requisiten und unsere Fechtkünste, die uns auf der Bühne gerade noch davon abhalten, uns selbst Schmerz zuzufügen, werden diese Barbaren bestenfalls dazu bringen, vor Lachen umzukommen.«
    »Aber – aber – aber…«
    »Das ›Abern‹ nützt jetzt nichts mehr, Master Shag. Sprich lieber ein Gebet – und sei verflucht bis in die tiefsten Abgründe von Wudans Reich, weil du zu geizig warst, um einen Begleitschutz zu engagieren.«
    Will stützte sich heftig atmend gegen Goodfellows Wagen.
    Was sollte er tun, was konnte er tun?
    Die Barbaren stürmten weiter heran, kamen näher, schwangen Holzlanzen, Knochenprügel und Steinbeile. Erste Pfeile, noch ungezielt in ihre Richtung abgefeuert, landeten wenige Fuß vor Will im Schneematsch.
    Das Geschrei und Gebrüll der in Felle und Fetzen gehüllten Männer und Frauen lähmte ihn, bannte ihn an Ort und Stelle.
    Nur kurz hob er den Blick, sah sich um. Seinen Männern ging es nicht viel besser als ihm. Erstarrt, mit angstverzerrten Blicken, erwarteten viele von ihnen ihr Schicksal. Manche gaben Fersengeld, stolperten unbeholfen den Weg zurück, in der wohl vergeblichen Hoffnung, das Dorf hinter ihnen sicher zu erreichen. Lediglich Master Goodfellow und zwei, drei der jüngeren Schausteller zückten Messer und bereiteten sich mit grimmigen Gesichtern auf ihren letzten Kampf vor.
    »Wo sind Abdanef, Sartaks und Epigoon?«, rief er Ritch Burbetsh verzweifelt zu. Die drei, zweifelsohne die ungewöhnlichsten Mitglieder seiner Schausteller-Truppe, konnten sich jetzt hoffentlich nützlich machen…
    »Abdanef und Epigoon schlafen, und Sartaks hat sich soeben im Materialwagen verkrochen.« Burbetsh flüchtete, den anderen Männern hinterher.
    »Undankbares Pack!«, jammerte Will Shag. Er krümmte sich zusammen, hätte sich am liebsten hinter einer Schneewehe versteckt und die nahenden Horden aus seinem Gedächtnis verbannt. Er war ein Mann des Wortes, nicht des Schwertes!
    Schon waren sie heran. Eine Barbarin vorne weg, deren fülliger Busen unter dem Lederwams heftig auf und nieder hüpfte. Ihr Gesicht, mit Henna und dem Saft der Blaubeere beschmiert, glich einer Fratze. Das Maul vor Hass weit geöffnet, die Zähne spitz und gelb, so stürzte sie mit einem unartikulierten Schrei geradewegs auf ihn zu, die muskulöse Rechte mit dem Beil zum Todeshieb bereits erhoben –Will Shag schloss die Augen, und er schloss mit seinem Leben ab. Plötzlich: ein seltsames Sirren. Ein erstickter Schrei.
    Der Geruch nach verbranntem Fleisch. Und eine tiefe, kratzige Stimme von rechts, die sich befehlend in der gutturalen Sprache der Barbaren artikulierte.
    Will riss die Augen auf, als die Barbarin auf ihn fiel. Ihr Blick war gebrochen, ein Teil ihrer Schädeldecke fehlte. Nur noch der Schwung ihrer Masse trieb sie vorwärts.
    Ihr Gewicht warf ihn rücklings in den Schnee. Den Kopf zwischen ihren Brüsten eingeklemmt, blieb er liegen, unfähig sich zu rühren. Was passierte da?
    Weiteres Sirren war zu hören; mehrere erstickte und viele wütende Schreie antworteten. Dann ertönte wieder diese Stimme, herrisch und befehlsgewohnt.
    Plötzlich war Ruhe, gefolgt vom Triumphgebrüll seiner Männer.
    »Sie ziehen ab!«, hörte er die hohe Stimme von Henrii Condel, der in seinen Stücken meist den jugendlichen Liebhaber spielte. »Er hat sie vertrieben!«
    »Ja – ganz alleine!«, antwortete Dig Cowley, der stete Bösewicht.
    »Ein dreifaches Hoch auf unseren Retter!«, rief Will Kemp, der zart gebaute Mann, der vielerlei Frauenrollen übernehmen konnte.
    »Schon gut«, sagte nun die kratzige Stimme, die er zuvor im Barbarendialekt schreien gehört hatte. »Wer in diesem Haufen von Idioten schimpft sich euer Anführer?«
    »Du meinst wohl… unseren Primmentor«, sagte Burbetsh, nervös lachend. »Ja – wo ist Will Shag eigentlich?«
    »Hiw bin iff!«, rief er, unfähig, den Körper der toten Frau von sich zu wälzen. Vom dramaturgischen Moment her gab dieses Bild einen bedauernswert schlechten Eindruck ab. Halb erstickt, zwischen den Melonenbrüsten der Barbarin liegend…
    Ein kräftiger Ruck, und er
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