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134 - Geister im Grand Hotel

134 - Geister im Grand Hotel

Titel: 134 - Geister im Grand Hotel
Autoren: Larry Brent
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Francis?“
    „Schau dich doch um. Bist du den blind? „
    „O ja, jetzt sehe ich es ... Deine Augen. Es
ist etwas mit deinen Augen, Henri, Du bist blind, nicht wahr?“
    Einer plötzlichen Eingebung folgend bejahte
ich dies. Worauf wollte „André - Francis“ hinaus? Ich begriff das
Ganze noch nicht. Aber dann - mit jedem weiteren Wort, das ich mit ihm
wechselte, wurde mir die Situation immer klarer.
    Francis erlebte in diesen Minuten, in denen
ich mich mit ihm unterhielt, mit allen Fasern seines Herzens Ausschnitte aus
seinem anderen Leben mit. Aus einem Leben, das tief hineinragte in sein
heutiges Bewußtsein als „ André „.
    Er war Galeerensklave, in Ketten geschlagen,
festgebunden auf einer Bank, wo er Nahrung und Wasser zu sich nahm. Seine
Sehnsucht nach Freiheit war grenzenlos. Francis litt unsäglich unter den
Bedingungen seines Sträflingslebens. Flucht! Nur dieser eine Gedanke hatte
Platz in seinem Bewußtsein. Er verfolgte ihn Tag und Nacht, selbst noch im
Schlaf.
    Francis lernte den blinden Henri kennen, und
hier, bei dieser Darstellung durch Seventus, kam auch heraus, daß der Name „
Henri „ nicht zufällig gewählt war.
    „Henri“ war eine Vertrauensperson, die
Francis kennenlernte. Henri versorgte die Sklaven. Er war blind, von Feinden
geblendet worden, denen er nun als Blinder noch diente. Niemand nahm ihn wegen
dieses Leidens mehr ernst. Im Gegenteil! Man hänselte ihn noch, schubste und
zwickte ihn und sah ihn als Trottel an, der für alle und jeden da war. Sogar
die Sklaven auf den Ruderbänken gaben einen Teil ihrer aufgestauten
Aggressionen an Henri, den Blinden, ab.
    Nur Francis behandelte ihn anders. Und das
honorierte der Blinde.
    »Du kannst dich im Schiff frei bewegen.
Besorge mir eine Feile, Henri...
    Versteck sie im Brot, wenn du mir wieder
etwas zu essen bringst .«
    »Ich werde dir helfen, Francis. Du kannst
dich voll auf mich verlassen .. .«
    »Etwa so, meine sehr verehrten Anwesenden,
lief der Dialog zwischen „Francis“ und „Henri“ ab .«
    Seventus wandte sich wieder an seine Zuhörer.
    »Aus dem Gespräch entwickelte sich das Drama
des einen wie des anderen Lebens jenes Mannes, der als „André“ ruhelos durch die Welt floh. Ja, Sie haben
recht gehört: floh. Es war eine Flucht vor den Ängsten und dem Grauen, das er
als Galeerensträfling durchgemacht hatte.
    Jener blinde Henri besorgte ihm die Feile
tatsächlich. Aber zu einer Befreiung kam es nicht. Ein Aufseher beobachtete die
Aktion. Den Blinden warf man einfach ins Wasser, wo er ertrank - und „Francis“
wurde so lange gepeitscht, bis er in seinen Ketten blutüberströmt
zusammenbrach.
    Er starb, ohne daß seine Hoffnung und seine
Wünsche nach Freiheit sich erfüllt hätten.
    Aber „Francis“ wurde wiedergeboren ... als „André“.
    Von Kind auf steckte etwas in ihm, das
niemand so recht begriff, das ihn immer zu einem Nörgler, zu einem „Quälgeist“
machte. André war auf der Flucht. Vor der
Angst, wieder in Ketten geschlagen zu werden ... Sie verfolgte ihn in seinem neuen Leben. Aber das wußte niemand. Nicht er, nicht seine
Eltern, nicht die Ärzte, die ihn wegen Depressionen und schließlich wegen
Schizophrenie behandelten.
    Die Begegnung mit „André“ öffnete mir die Augen für ein neues Sehen.
    Das alles aber ist erst die Vorgeschichte.
    Ich mußte jedoch so ausführlich werden, damit
das, was nun nachkommt, für Sie verständlich wird, denn „ André - Francis „ verdanke ich die Gabe, die mich
zu Seventus werden ließ ... Bevor ich jedoch fortfahre - gibt es irgendwelche
Fragen ?«
    Er blickte in die Runde, griff abwesend nach
einem Glas, das auf dem Tisch hinter ihm stand, und nahm einen Schluck.
    »Ich hätte eine Frage«, meldete sich ein
distinguiert aussehender Mann Anfang fünfzig. »Ich nehme an, daß diese Frage
noch anderen Anwesenden durch den Kopf geht. Mir fehlt der Beweis. Welchen
Beweis haben Sie dafür, daß Ihr „André“ identisch ist mit jenem „Francis“
von der Ruderbank? Könnte es nicht sein, daß die Erzählung, die er Ihnen zum
besten gab, ein Teil seines Krankheitsbildes gewesen ist ?«
    Seventus schmunzelte. Er sah aus wie ein
Teppichhändler, der gehandelt hatte und mit einem Geschäft zufrieden war. »Ich
wußte, daß mindestens einer von Ihnen diese Frage stellen würde. „André“ hätte mich in der Tat mit dem, was ich durch
ihn erfahren hatte, an der Nase herumführen können.
    Es ist auch weniger die Reinkarnations- und
Karma-Sache, die jetzt
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