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132 - Entführt!

132 - Entführt!

Titel: 132 - Entführt!
Autoren: Christian Montillon
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blutete am Kopf. Ob sie bewusstlos war oder – ihm stockte der Atem und tiefe Verzweiflung breitete sich in ihm aus – oder sogar tot?
    Saad hätte in seinem Zustand nicht daran geglaubt, dass er noch genügend Kraftreserven mobilisieren konnte, aber es gelang: Schwankend erhob er sich. Die Knie zitterten ihm, als er sich Faathme näherte, sowohl durch die körperliche Schwäche als auch durch die Angst um sein Baby. Und um seine Frau, wie er erstaunt erkannte.
    Er schüttelte verwirrt den Kopf. Konnte es denn sein, dass er nach allem, was sie ihm angetan hatte, und nachdem die Götter sie verstoßen hatten, immer noch etwas für sie empfand? Nein, nein, das durfte nicht sein!
    Aus dem Inneren der Hütte drang raues Gelächter.
    Wahrscheinlich feierten die Kerle ihren Sieg – und nach allem, was Saad über die Lebensart der Hillbiis gehört hatte, ihre bevorstehende Belustigung. Saad schüttelte es bei dem Gedanken, was Aruula und dieser Honeybutt bevorstand. Doch zuerst musste er an das Baby, sich selbst und an Faathme denken.
    Er packte, selbst noch halb bewusstlos und mit einem Schädel, der sich in Schwindel aufzulösen schien, Faathme an den Schultern. Ein Blick auf ihre Brust genügte, um festzustellen, dass sie sich hob und senkte. Sie atmete, also lebte sie. Ein Grund weniger zu klagen, dachte Saad. Bleiben nur noch neunundneunzig andere.
    Er schleifte Faathme in Richtung Gebüsch. Ihm wurde übel, als er sah, dass auf den ersten Körperlängen eine helle Blutspur im Schnee zurückblieb. Faathmes Blut, so kostbar wie sein eigenes. Er packte sie höher, sodass nur noch ihre Beine über den Grund schleiften und keine verräterische Blutspur mehr hinterließen.
    Das Gelächter, das jetzt in der Hütte aufklang, war so laut, dass es bis zu ihm drang, obwohl er die Grenze des Gebüschs schon fast erreicht hatte. Langsam wurde ihm Faathmes Gewicht zu schwer. Er wunderte sich ohnehin über die Kraft, die er trotz seiner eigenen Verletzung noch aufbringen konnte.
    Er hatte davon gehört, dass Helden im Angesicht tödlicher Gefahr für sich und die Ihren zu übermenschlichen Taten fähig sein sollten – doch nun erlebte er es zum ersten Mal am eigenen Leib. Es war, als ströme eine Dosis dieses Rauschmittels durch seine Adern, von dem er gehört hatte –Koox hieß es bei den Tschankis, wenn er sich recht erinnerte.
    Ein Blick zurück zur Hütte zeigte ihm, wie die Tür sich abermals knarrend öffnete. Dieser Anblick genügte, jede Schwäche aus seinen Armen und Beinen blitzartig verschwinden zu lassen.
    Schneller als er es sich selbst jemals zugetraut hätte, erreichte er mit Faathme das rettende Gebüsch, das ihn vor den Blicken der Hillbiis verbergen würde. Gerade noch rechtzeitig.
    Der Muskelmann stand vor der Hütte und drehte mehrfach seinen Kopf hin und her. »Verdammich noch eins!«, fluchte er, dass Saad es in seinem Versteck deutlich hören konnte.
    Verzweifelt überlegte er, was er tun könnte. Denn eines war klar: Er war der Einzige, der handlungsfähig war. Er musste Faathme und mit ihr das Baby in Sicherheit bringen – und es lag an ihm, Aruula und Honeybutt das Leben zu retten.
    Die ersten Silben der »Ode des Jammerns, während der Tod und das grausige Unheil heranziehen, um alles in düstere Düsternis zu stürzen« schon auf den Lippen, brach er in der Zitation ab. Denn das würde ihm jetzt auch nicht weiterhelfen.
    ***
    Der blonde Muskelmann kehrte schon nach Sekunden wieder in die Hütte zurück und rammte das Messer mit einem wütenden Laut in das dunkle Holz des Türrahmens, wo es zitternd stecken blieb und ein hohes singendes Geräusch verursachte. »Die Halben sin wech!«
    Seine drei Kumpane sprangen in einer synchronen Bewegung auf, was eine groteske Eleganz innehatte. Alle schrien durcheinander. »Wasis?« – »Wieso wech? Wo denn?«
    – »Shiit noch eins!« Einer bestätigte seinen Fluch mit einem fetten Rülpsen.
    Verblüfft beobachtete Aruula, wie alle vier Gegner geschlossen die Hütte verließen und die Tür nur hinter sich zustießen. Von der Bewachung gefährlicher Gefangener verstanden sie offensichtlich überhaupt nichts. Sie war mit der immer noch bewusstlosen Miss Hardy, deren Stirnbeule mittlerweile in rotblauen Farben schillerte, allein.
    »Honeybutt«, rief Aruula leise und robbte in ihren Fesseln näher an die Gefährtin heran. Eine Strähne ihrer schwarzen Mähne blieb dabei an einer Unebenheit des hölzernen Fußbodens hängen, und sie riss sich einige Haare
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