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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Schweißperlen auf die Stirn, da Vernunft
    am Bau völlig auf Eis lag und extra gewünschte Bogen und Nischen seine Planungen durcheinander brachten.
    Die Liebe hatte das Haus entworfen. Das Glück zog ein. Die einfachen Nachbarn wurden allzu oft Zeugen, wenn das bereits ältere Paar morgens auf der nach
    historischem Muster ausgepflasterten Einfahrt Händchen haltend, sich drückend Abschied voneinander nahm, als zöge Hero mit einer Expedition in das ewige
    Eis. Dabei konnte er ohne großen Verkehrsfluss seine 120 Jahre alte Firma gemütlich im Sportwagen in fünf Minuten erreichen.
    Die einfach gekleideten Frauen suchten den Blick aus den Fenstern, wenn Anja und Hero übereinstimmend in Grün eine Tanne versetzten, im burschikosen Bunt
    den neuen Straßenbesen führten oder im Pariser Look zum Spaziergang starteten.
    Als der hinkende Rentner mit der Liste der Arbeiterwohlfahrt erschien, die Schiffsglocke der »Fortuna« zog, die vor 100 Jahren vor dem Cooperriff 20
    Passagiere in die Wellen geworfen und sie dem nassen Tod übergeben hatte, blieb die Schnitztür ungeöffnet.
    Ebenso sangen Kinder mit leuchtenden, bunten Laternen am Martinstag vor den Marmorstufen aus Carrara vergeblich.
     
    Die erwartete Veränderung von Anja blieb aus. Sie wurde nicht schwanger. An Anjas Geburtstag fuhren dicke Autos vor. Mode
     gelangte zur Schau. In einem mit blauen Bändchen geschmückten Korb, liebevoll gehalten von Heros Mutter, blickte ein vom Hundefriseur gestutzterPudel mit nervösen Kopfbewegungen aus schwarzen Perlaugen auf Anja und Hero.
    »Ist der süß!« Überschwänglich, zu laut, drang ihre Stimme den Kindern entgegen, die ihre Diskoroller auslaufen ließen, um die in langen Kleidern erschienenen Damen zu bewundern. Auch sie fanden das kleine, verängstigte Hundegesicht niedlich. In die Villa zog junges Leben.
     
    Es war in der Adventszeit, als Hero froh gelaunt vom Teehaus kam. Anja ließ Tarzan frei. Er bekam sein Küsschen.
    »Unser Nachbar, der Polizist, war heute hier. Er verlangt, dass wir einen Zaun ziehen. Tarzan soll seine Wiese nicht betreten, wegen der Kinder.«
    Hero sagte empört: »Typisch Bulle!«
    »Hero, bald ist Weihnachten. Tarzan wünscht sich ein warmes Mäntelchen«, sagte Anja, wobei sie ihre Zigarette mit gespreizten Fingern von sich hielt. Auf ihrem Kopf saß die Seidenturbanhaube aus Düsseldorf, und mit eckigen Kopfbewegungen brachte Anja den kleinen Edelstein zum Leuchten. Sie schritt an die Eichenbar, um zur Abendbegrüßungsstunde die silbrige Corvitflasche hervorzuholen. Hero langte, wie an jedem Abend, nach den Kristallgläschen im Sideboard.
    Die großen Fenster ihres Vorzimmers ließen den Blick offen. Während die Nachbarin gegenüber den Henkelmann ihres Mannes spülte, sah sie, wie Tarzan auf den Tisch hüpfte und Anja ihn mit Fleischklößchen fütterte.
     
     
    Es wurde keine weiße Weihnacht. Die schweren Kirchenglocken läuteten das Fest ein. Aus den ovalen Backsteinfenstern von St. Ansgari drang im Zweiklang die Aufforderung zur Besinnung. Der Küstenort suchte den Frieden.
    Als sich die Kirchenbesucher heimfanden, erstrahlten die Tannenbäume im Kerzenlicht. Die Kinder machten sich über Feuerwehrautos, Piratenschiffe und Eisenbahnen her. Sonja, die Tochter des Klempners, wurde das erste Mal mit »Mutti« von der schräg gehaltenen Puppe angeredet.
    Tarzan, in seinem Zimmer eingesperrt, ließ vor Aufregung seine Tatzen schabend über die Holzfläche der Tür gleiten.
    »Sei doch nicht so ungeduldig, Liebling!«, rief Anja, während sie den Gabentisch vorbereitete.
    Anja zupfte aus einem Karton ein Hundemäntelchen mit eingewebtem »T«, während das Licht der elektrischen Kerzen die Zweige des Baumes bläulich färbte.
    Geschenke für Hero versah sie mit Tannengrün. Die Bücher »Menüs, die Hunde lieben« und das von dem berühmten Fernsehprofessor verfasste Buch »Wie lernt mein Liebling mehr«, eine Intelligenzkunde für Hunde, schob sie an den Rand des Tisches.
     
    Über die Pflasterauffahrt holperte der Sportwagen. Hero hatte das Geschenk für Anja in Eichhausen abgeholt. Anja stand in der Tür. »Hero, beeil dich! Tarzan ist so aufgeregt!«, forderte sie ihn auf und verschwand.
    Hero schob den Karton seitlich und ließ die Autotür offen. Liebevoll griffen Anjas Hände über Weihnachtspapier und Tannengrün.
    »Du kannst kommen!«, rief sie. In ihrer Stimme lag der hohe Klang der Freude.
    Hero überflog mit strahlenden Augen den Gabentisch.
    »Ist das herrlich,
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