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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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Hals, ein letztes Büschel Haare.
    Köpfe sah man nicht. Die hingen drinnen im Rudel ergeben nach unten, Schutz suchend beieinander. Hier und dort nur stach ein langes Ohr anklagend in den rauchgoldenen Septemberhimmel. »Da«, sagte Don Chaussee.
    Durch die kleine Herde lief beim Ton der Menschenstimme eine winzige, bange Bewegung, wie ein Rascheln im Laub, wenn eine Maus daherläuft. Mehr nicht. Nur die eingefallenen Flanken begannen angstvoll zu pumpen.
    »Scheußlich !« sagte Frau Martha spontan. »Wie kann man so was nur leben lassen? Wahrscheinlich total verlaust .« Sie schüttelte sich. »Sollen die etwa wieder aufgefüttert werden? Die können doch keinen Sack Kartoffeln mehr tragen .«
    »Nein — nein, das können sie nicht. Auch nicht, wenn man versuchte, sie wieder aufzufüttern. Dazu sind sie zu alt. Die können gar nichts mehr...«
    »Dann sind sie bei Gott das Unnützeste, das mir je begegnet ist !«
    »Ehm — eh, ja, ja, das sicher. Andererseits...« Wie sollte er es ihr nur klarmachen, wo sie von ihrem Standpunkt aus ja recht hatte? Sie paßten nicht hierher, in die saubere Ordnung. »Na ja, ich meine — eben weil sie so alt und nutzlos sind...« Nein, es ging nicht.
    Frau Martha sah ihn an, dann nochmals die Esel. Wieder schüttelte sie sich, doch ihre Stimme war nicht mehr so hart, als sie zögernd sagte: »Na schön, wenn sie morgen wieder wegkommen .«
    Don Chaussee atmete auf. »Hast immer ein gutes Herz gehabt, Martha«, strahlte er und fügte etwas unvermittelt hinzu: »Und so mit den vielen Kindern, das ist ja auch nicht so einfach für eine — na, eben eine alleinstehende Frau, nicht ?«
    »Weiß Gott nicht«, sagte sie und sah ihn zum erstenmal voll an. »Ahnst du überhaupt, was das für Kinder sind ?« Sie hielt ihm die Hand dicht vors Gesicht und zählte an den Fingern ab: »Leos Alter sitzt. Schmuggel, Einbruch, Banküberfall. Mutter tot. Huberts Eltern tot; Fabrikarbeiter beide, leichtsinnig und versoffen. Andreas hat seine Eltern nicht gekannt; bei Ziehmüttern in Hinterhöfen aufgewachsen. Die Kletten haben einen polnischen Landarbeiter zum Vater, der bei einer Messerstecherei umgekommen ist; die Mutter ist ausgewandert; Nachforschungen vergeblich. Uwe ist ein Findelkind. Ännes Mutter — na ja, reden wir nicht darüber; die Erziehungsberechtigung ist ihr jedenfalls schon vor Jahren abgesprochen worden. Franziskas Vater war ein Schwerkriegsversehrter, den die eigene Frau hat verhungern lassen, während sie sich mit der Rente amüsierte. Malwines Mutter ist schwachsinnig .« Sie holte tief Luft. »Reicht das? Aus Hinterhöfen und Baracken kommen sie, Asoziale, Verbrecherkinder. Wenn man sie nicht straff im Zaum hält — nun, was dabei herauskommt, hast du heute morgen gesehen. Die ererbten Instinkte brechen durch, unaufhaltsam. Da kann man die Zügel nicht fest genug halten !«
    Don Chaussee sah sie betroffen an. »Und Herr Ess ?«
    »Oh, Herr Ess wollte >die Ärmsten der Armen<. Da hat er sie gekriegt. Und ich muß sie erziehen .«
    Seine Hand fuhr in die Tasche, kam mit der Pfeife wieder heraus. Er mußte jetzt rauchen. Und Frau Martha ließ es schweigend zu, daß er auf dem Weg zum Kaffeetisch stehen blieb und ein paar tiefe Züge tat, ehe er ihr mit bleischweren Füßen folgte.

3. Kapitel

    »Die armen Ösel — uch noin, die armen Türchen !« Änne verzog das Gesicht zu übertrieben sanften Falten, mit rundem Mund säuselnd. Dann änderten sich ihre Züge blitzschnell, und sie schrie wütend: »Ihr dämlichen Schneegänse! Ihr Zieraffen! Meint ihr, weil euer Alter ‘n Doktor ist, seid ihr was Besseres? Bildet euch das bloß nicht ein .«
    »Wir haben ja gar nichts davon gesagt«, verteidigte sich Ulrike Kösters, die von Gerda aus dem Dorf hergeholt worden war, um die Esel zu besichtigen.
    »Laß sie doch schreien«, sagte Gerda aufreizend ruhig, »damit zeigen sie ja nur, was für ein Pack sie sind .«
    »Sag so was nicht«, bat die sanfte Ulrike, »damit machst du sie ja noch böser. Sie sollten sich nur schämen, wenn sie hilflose Tiere schinden .«
    »Huch — schämen, schämen !« Änne überhörte Ulrikes Freundlichkeit geflissentlich. »Und Gerdachen — schämt die sich vielleicht? Die hat ganz schön mitgemacht, und ‘nen Knüppel hat sie gehabt, zwei Meter lang !«
    »Nichts von wahr«, sagte Gerda verächtlich, »ich hab’ nur geholfen, den einen aus den Rosen zu treiben, und geschlagen hab’ ich schon gar nicht, höchstens mal in die Luft .«
    »Is nich

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