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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel
Autoren: Ursula Bruns
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einen Stachel hatte sie ‘nen Zettel gepiekt, da stand drauf: >Da hast du dein Fett<, und er war von Änne geschrieben, und sie hat’s extra getan und...«
    Hubert starrte auf den Boden. Mitten in Ferdis Lamentieren hinein sagte er flach: »Er kannte seinen Namen schon. Emil hieß er .« Schulterzuckend machte er hastig: »Pff« und hieb den Absatz in den Sand.
    Ulrike nahm den Karton. »Der arme Igel«, flüsterte sie, und diesmal lachten die anderen sie nicht aus.
    Don Chaussee war augenblickslang von Zorn erfüllt über so viel Bosheit und von Mitleid mit Hubert. Wieder eine Erinnerung für den Schuhkarton im Schuppen. Aber dann sah er Hubert an, wie er den jungen Hund an sich drückte. Hubert würde darüber hinwegkommen, wenn man ihm nur schnell neue Aufgaben stellte. Er hatte seinen Esel und seinen Hund. »Gut, daß du den Hund mitgenommen hattest«, nickte er.
    Hubert sah zum erstenmal auf. »Hm, und Ferdi.«
    Don Chaussee fuhr es heiß zum Herzen, als er den Blick der nüchternen braunen Jungenaugen auf sich gerichtet sah: Sie würde den Knüppel auch nach Ferdi geworfen haben. Das — das, nein! Aber Hubert senkte den Blick nicht. Auf der sommersprossigen Stirn erschien eine ungeduldige senkrechte Falte. »Ich kenn’ sie doch«, sagte er heftig, »das Biest .«
    Unwillkürlich hielten alle den Atem an, blickten auf ihn.
    Don Chaussee dachte: Hubert hat recht, sie würde vor nichts zurückschrecken. Etwas in ihm war davon überzeugt. Konnte er das verantworten? Er klopfte die Pfeife aus, härter als sonst, während ihm zum erstenmal bewußt wurde, daß er mit seiner Unterschrift ja nicht nur die Sorge um jedes Kind übernommen hatte, sondern die Verantwortung für die ganze Familie. Daß er Entschlüsse fassen mußte. Es fiel ihm schwer, aber es mußte sein: Änne gehörte nicht mehr hierher. Der Igel oder Ferdi. Sie haßte beide.
    »Sie wird nicht mehr zurückkommen«, sagte er kurz. Das Aufatmen gab ihm recht. »Und jetzt zu den Eseln!«
    Um das Gebüsch im Hintergrund bog Andreas, Habakuk neben sich und zwei weitere Esel an der Wäscheleine. Auch er stutzte beim Anblick des Mannes und drängte eilig näher.
    »Ephraim !« schrie Franziska.
    »Wo?« Hubert schnellte zu ihr herum.
    »Da!«
    Zehn Meter entfernt stand der erschrockene Esel gespenstisch im rötlichen Nebel der Abenddämmerung, eine schwarze knochige Silhouette. Bei Franziskas Schrei wandte er sich und verschwand im Dunst. Augenblicklich fuhr Leben in die Gruppe.
    Don Chaussee hielt die Hastigen zurück. »Nicht hinterherlaufen! Ulrike, mach das Wiesentor weit auf. Leo, du gehst um den Busch herum, wir anderen halten uns lose hinter dir, immer mit fünf Meter Abstand. Hubert, paß du neben dem Tor auf, daß er nicht wieder in den Park entwischt. Und nicht schreien, davon wird er nur noch ängstlicher. So, los .« Als er Andreas zögern sah, rief er über die Schulter zurück: »Gib die Esel meiner Frau, die hält sie dir .«
    Andreas sah ungewiß auf. Habakuk der Frau zu halten geben, die keine Esel leiden mochte? Dann sah er das unsichere Lächeln um ihren Mund und spürte mehr, als er sah ,, wie das Gesicht fremdartig weicher geworden war. Er schluckte kurz und ließ es scheu zu, daß sie die Stricke faßte. Ohne sich umzusehen, lief er schnell hinter den anderen her.
    Frau Martha sah auf die drei Esel hinab, die dicht neben ihr standen und am Buschwerk knabberten, sehr elend und sehr friedlich. Und sie sah auf den toten Igel im Karton, den ihr jemand hastig zugeschoben hatte. Über dem Nebel tauchten die Köpfe der Kinder auf und der speckige Sombrero ihres Mannes, körperlos und unwirklich. Sie faßte das alles nicht. Müdigkeit hüllte sie ein, schöne, schwere Müdigkeit bei befreitem Geist. Die Esel preßten sich dicht an ihre Knie, so daß sie die spitzen Knochen durch die Lederhaut fühlte. Ihre Hand glitt, halb unbewußt, über Habakuks Rücken, und sie staunte, daß er warm war und lebendig. »Josef«, sagte sie, als er irgendwann wieder neben ihr war, »Josef, sie sind so mager. Man muß etwas dagegen tun .«
    Er griff mit beiden Händen nach ihren Schultern und rüttelte sie kräftig. »Kannst du«, lachte er, »kannst du, jede Menge !«
    Sie wollte die Esel füttern. Sie wollte — ach, er hatte es gewußt! Und wie Hubert vorhin, sagte er schnell etwas anderes. »Die Kinder erzählen, Monika hat sich verlobt...«
    Sie fühlte durch Müdigkeit und rosa Nebel etwas auf sich zukommen, etwas Freundliches, das sie lächeln machte,
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