Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel
Autoren: Ursula Bruns
Vom Netzwerk:
den Fingern. Andreas ist der geborene Gärtner, man muß es ihm nur noch sagen. Und Franziska und die Traumfabrik begegnen sich vielleicht eines Tages in Gestalt eines braven Metzgermeisters .«
    Er hatte schärfer hingesehen als sie. Jetzt erst sah sie es auch. Trotzdem meldete sich der alte Zweifel. »Und ihr Charakter ?« fragte sie zögernd.
    »Du meinst: die Kinder minderwertiger Eltern? Hm. Schau Gerda an, sie ist eifersüchtig und verdorrt. Sie wird in ein vornehmes Pensionat kommen und als ein junges, ödes Ding aufs Leben losgelassen werden, mit blecherner Stimme, nur auf sich selbst bezogen und voll Hunger nach Abwechslung und letzter Mode. Und ihr Bruder Ferdi ist ein herzensguter Bursche. Man weiß es eben nie .. Die Eltern allein sind’s nicht. Man muß es versuchen mit allen und geduldig abwarten. Freilich, Änne«, er zögerte und zündete sich umständlich seine Pfeife an, umständlicher als sonst, um Zeit zu gewinnen. Sollte er darüber sprechen und diese, erste Stunde vielleicht zerstören? Drinnen räumte Schwester Monika schon auf. Martha mußte es nicht gleich erfahren, vielleicht schlief sie sich besser erst einmal aus. Und dann dachte er: Wir sitzen hier und reden miteinander, und wenn es wirklich so ist, daß wir nun immer miteinander sprechen können, ohne die kalte Mauer zwischen uns, dann können wir auch jetzt über Änne sprechen.
    »Sie ist böse«, sagte er, »gefühllos, berechnend und gierig. Sie ist davongelaufen, nachdem sie die anderen bestohlen und alles mitgenommen hat, was sie tragen konnte. Als Gerda sich vorhin auf ihr Bett setzen wollte, ist es unter ihr zusammengebrochen. Ich habe nachgesehen: Änne hat alle Bettpfosten zu den oberen Betten angesägt, und ein Schrank ist schon ohne Beine umgekippt. Sie hat sich viel Zeit genommen und so leise gesägt, daß du in der Küche nichts gehört hast. Sie ist tückisch. Die ganze Bettwäsche liegt zerschnitten wieder aufgestapelt in der Kommode. Das ist kalte Überlegung und der Wunsch, weh zu tun. Es ist schlimm .«
    Frau Martha wollte aufspringen, aber die Beine gehorchten ihr nicht. »Ich hab’ es gewußt«, sagte sie erregt, »seit der Treppe am Sonntag. Man ist seines Lebens nicht mehr sicher. So etwas, nein — laß sie nicht wieder zurückkommen. Versprich es mir !«
    Er half ihr auf und zog sie dabei nah zu sich heran. »Es geht nicht, Martha«, sagte er bekümmert, »glaub mir, es geht nicht! Sie gehört zum Heim, und sie ist unser Kind, wie die anderen. Wir müssen es versuchen. Wenn sie wirklich unser Kind wäre, würden wir sie doch auch nicht streunen lassen, Eltern tun das doch nicht .«
    Sie wollte etwas erwidern, schwieg dann. Nebeneinander gingen sie über die Wiese, vorbei an dem Esel, der vom Bodennebel wie von weichem Mull bedeckt war. Überall quoll jetzt der Nebel aus dem Gebüsch; über der Wiese lag er in flachen Streifen und stand als rotdurchglühte Wand im Westen. Wieder war, wie am Morgen, die Welt ringsum abgeriegelt, türmten sich Wattewälle auf, die jeden Laut abwehrten. Doch nun umschlossen sie bergend, nicht mehr feindselig, das Haus und den Park, aus dem Kinderstimmen verworren herüberdrangen.
    Frau Martha dachte vage an Änne, und der Gedanke entsetzte sie nicht mehr. Josef mußte wissen, was er tat. Sie fühlte sich erlöst nach dem Ausbruch aus dem Käfig, sehr leicht und ein wenig taumelig, wie einer, der nach langer Lähmung die ersten Schritte tut. Ganz wach war sie nicht, als sie an der Seite ihres Mannes ging, aber durchdrungen von einem fremden Gefühl der Nähe und Geborgenheit.
    Der Lärm kam näher. Dichtbei hörten sie Knacken von Zweigen, erschreckte Laute, Schnaufen, Kinderrufe, eine unwillig brummende Stimme: »He, geht mal weg, da vorn! So ‘n verdammtes Biest!«
    Frau Martha blieb stehen und versuchte vergebens, sich auf diesen neuen Lärm zu konzentrieren. Es ging nicht. Es war zuviel für heute. Morgen. Morgen würde sie wieder arbeiten, sich zusammennehmen. Sie sah Don Chaussee an. Er grinste beruhigend und legte ihr leicht die Hand auf den Arm. »Die Esel. Die Kinder versuchen, die Esel auf die Wiese zurückzubringen .«
    Zur Bestätigung ertönte wieder Leos Brummen: »Ihr Dussels, so kriegen wir sie nie. Die ham doch Angst. Nimm die Kletten weg, du Trampeltier !« und Franziskas beleidigte Antwort: »Ich bin kein Trampeltier. Paß gefälligst selbst auf die Kletten auf, ich muß meinen Esel am Schwanz halten, sonst ist er wieder futsch !«
    »Pfö, Schwanz !« machte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher