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1208 - In den Katakomben von Starsen

Titel: 1208 - In den Katakomben von Starsen
Autoren: Unbekannt
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Bediensteter, den er jedoch nicht sehen konnte, da es ihm verwehrt war, sich umzudrehen.
    Unmittelbar vor ihm befand sich ein großer Teller, der mit lukullischen Köstlichkeiten gefüllt war. Jen Salik hatte Hunger. Es lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Als er aber zugreifen wollte, da gelang ihm dies nicht. Eine unbegreifliche Kraft hinderte ihn, Arme und Hände zu bewegen.
    An dieser Stelle kam der Bedienstete ins Spiel. Er gewahrte die Not des Hungrigen und kam ihm zu Hilfe.
    Ein dürrer, knochiger Arm schob sich über Jen Saliks Schulter. Der Arm endete in drei dünnen, flexiblen Klauen, die in den Tellerinhalt fuhren und einen mundgerechten Brocken köstlicher Nahrung herausfischten.
    Salik öffnete unwillkürlich den Mund, und ehe er sich's versah, hatten die drei Klauen ihm den Bissen zwischen die Zähne geschoben.
    Wie es einem im Traum so ergeht, fand Jen Salik an der Situation nichts Ungewöhnliches. Er konnte die Arme nicht bewegen, er wurde gefüttert von einem Wesen, das hinter ihm stand und von dem er nur einen Arm und drei Greif klauen sehen konnte. Das war alles nicht wichtig. Daß er zu essen bekam, das allein zählte. Während die Nahrung unter seiner Nase hindurch in Richtung des Mundes geführt wurde, meinte er, einen gewissen abstoßenden Geruch wahrzunehmen. Der störte ihn indes nicht. Auch daß er beim Kauen einen leichten Geschmack nach Petroleum feststellte, tat seinem Eßgenuß keinen Abbruch. Es zeigte sich indes, daß die Nahrung einen hohen Feuchtigkeitsgehalt besaß, und da Jen Salik der Gebrauch der Hände versagt war, mit denen er sich den Mund hätte abwischen können, rollten ihm bald die Tropfen übers Kinn und rannen ihm von dort unter den Kragen seines Overalls. Es gibt erwiesenermaßen nichts, was einen Traum rascher zu unterbrechen geeignet ist als das Empfinden kalter Nässe. So geschah es, daß Salik abrupt aufwachte.
    Er fuhr in die Höhe. Unmittelbar vor Salik stand ein kleiner, dürrer Baum. Salik schüttelte verwundert den Kopf. Da war doch zuvor nichts gewachsen? Der Baum hatte eine Höhe von kaum mehr als einem Meter.
    Sein Astwerk, völlig blattlos, war weit ausladend. Die knorrigen Äste endeten in pinselähnlichen Gebilden, von denen jedes aus drei dünnen, biegsamen Zweigen bestand. An einem der Pinsel hing ein Stück tropfender, schwarzer Masse. Gleichzeitig empfand Jen Salik einen eigenartigen Geschmack im Mund.
    Das Entsetzen überkam ihn mit jäher Wucht.
    „Jaccchh", schrie er mit überschnappender Stimme und spie aus, was er im Mund hatte.
    Es waren Fetzen einer schwarzen Substanz, die sich im Geäst des Baumes verfilzten.
    „Er had tich gefüddert", kam es da von der anderen Seite der Höhle her.
    Jen Salik stand hoch aufgerichtet an der Felswand, die Hände hinter sich gegen den Stein gepreßt. Er sah aus wie ein in die Enge Getriebener.
    „Er? Wer?" keuchte er.
    „Der Eremit."
    Wöleböls Stimme zitterte. Die Schuppen seines grün und blau gemusterten Körpers waren gespreizt, und die ebenfalls geschuppten Schwingen, halb entfaltet, hingen schlaff herab. Beides waren Anzeichen, daß der Meykatender höchste Angst empfand.
    „Das ist ein Blinder Eremit?" fragte Salik ungläubig.
    „So... so werden sie beschrieben", bestätigte Wöleböl.
    Jen Salik gewann die Fassung wieder. Er hatte über die Blinden Eremiten soviel Gräßliches gehört, daß der harmlose Anblick des kleinen, dürren Bäumchens ihn mit antiklimaktischer Erleichterung erfüllte.
    „So, das ist also ein Eremit", sagte er mit einem Anflug von Heiterkeit.
    „Und er hat dich gefüttert", beharrte Wöleböl.
    Jen Salik fuhr sich mit dem Finger in den Mund und brachte die letzten Spuren des schwarzen Mooses zum Vorschein, das der Baum - der Himmel mochte wissen wie und zu welchem Zweck - ihm zwischen die Zähne geschoben hatte. Er erinnerte sich an den Traum. Wie er da an der reichgedeckten Tafel saß und sich von dem Bediensteten füttern ließ, hatte das Zeug nicht schlecht geschmeckt. Auch jetzt hatte er eher einen sonderbaren als einen üblen Geschmack im Mund. Und vor allen Dingen: Er fühlte sich wohlig gesättigt.
    Das schwarze Moos? Wegzehrung für Wanderer aus der Oberwelt?
    Es raschelte. Es war ein ganz merkwürdiges Geräusch, untermalt von niederfrequenten Summlauten.
    Natürlich konnte es nur von dem Baum kommen. Der aber schien sich nicht zu bewegen. Erst als Salik näher hinsah, bemerkte er, daß die Äste in zitternder, vibrierender Bewegung waren.
    Das Rascheln erstarb
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