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120 - Sterben in Berlin

120 - Sterben in Berlin

Titel: 120 - Sterben in Berlin
Autoren: Jo Zybell
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auf der Galerie drohten sich die Dinge in einer Weise zu verändern, die Bulldogg allergrößte Sorgen bereitete: Maddrax stieß die Schaukel seines Töchterchens an, und statt ihr eine Geschichte zu erzählen, versuchte er die Königin zu überreden, Beelinn zu verlassen. Was dachte der Mann sich bloß dabei!
    Auf leisen Sohlen schlich Bulldogg näher an die Treppe heran, um besser zu verstehen, was dort oben geredet wurde.
    Die Königin saß auf dem Boden, lehnte mit dem Rücken gegen die Balustrade und streichelte den Doyzdogger. Als er direkt unter der Galerie stand, hörte Bulldogg jedes Wort.
    »… die Daa’muren scheinen sich in den Kopf gesetzt zu haben, ganz Europa nach nuklearem Material abzugrasen«, sagte Maddrax.
    Bulldogg wusste weder, was »Daa’muren«, noch was
    »nukleares Material« war.
    »Was haben sie damit vor«, fragte die Königin.
    »Frag mich was Leichteres. Sie transportieren das Zeug zum Kratersee. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie vor den Toren Berlins auftauchen. Ich an ihrer Stelle würde die Stadt zu einer Art Zwischenlager umfunktionieren.«
    »Was sind Daa’muren, Dad?«, krähte die Kleine.
    »Feinde, mein Schatz.«
    »Dann musst du gegen sie kämpfen, Dad. Höher! Schneller!«
    »Du machst mir Angst«, sagte die Königin.
    »Das ist auch der Sinn der Übung, Jenny. Angst ist in diesem Zusammenhang die einzig adäquate Empfindung. Packt eure Sachen, ich bringe euch nach London.«
    Bulldogg hielt den Atem an und ballte die Fäuste. Beelinn ohne Königin Jenny? Wie stellte dieser Mann sich das vor?
    »Das geht nicht. Die Menschen hier lieben mich. Und vor allem: Sie brauchen mich.«
    Bulldogg atmete tief durch und entspannte sich wieder. Er lächelte. Mochte Wudan die Königin segnen und ihr langes Leben schenken!
    »Sieh dich um in Berlin«, fuhr Jenny fort. »Siehst du nicht die Veränderungen überall? Ein zartes, empfindliches Pflänzchen wächst hier aus den Ruinen. Noch zehn, zwanzig Jahre, dann werden sie hier wieder Motoren bauen, Orchestermusik aufführen und Bücher schreiben.«
    Bulldogg begriff nicht, wovon seine Königin im Einzelnen sprach, aber es gefiel ihm.
    »Du spinnst«, sagte Maddrax. »Kommt mit mir. Lasst euch wenigstens ein Stück weiter nach Westen bringen. In Köln kenne ich eine Frau, die schreibt jetzt schon ein Buch.«
    »Aber Canada kommt mit nach Köln«, krähte die Kleine.
    »Und Bulldogg und Miouu auch. Höher, Dad! Schneller!«
    »Ich bleibe hier, Matt.«
    Sie stritten noch ein bisschen herum, aber Bulldogg hörte nur noch mit halbem Ohr zu. Er wusste, dass Beelinn seine Königin nicht verlieren würde. Irgendwann hörte er Maddrax’
    Schritte dort oben. Er ging vor der Königin in die Hocke. Sein Töchterchen protestierte, wollte weiter angestoßen werden.
    »Gleich, mein Schatz.« Er zog etwas aus seiner Tasche, das Bulldogg von hier unten nicht erkennen konnte. »Mit diesem Funkgerät kannst du mich auf dieser Frequenz hier erreichen«, sagte er. »Immer und von jedem Ort aus.«
    »Aber die Strahlung«, hielt die Königin ihm entgegen. »Die Kometenstrahlung macht doch den Funkkontakt über größere Entfernungen unmöglich!«
    Bulldogg hatte keine Ahnung, wovon jetzt schon wieder die Rede war. Er wünschte, Maddrax würde bald verschwinden.
    »Ich bin vor drei Jahren mit einem alten Space Shuttle zur ISS hinauf geflogen. Dort oben haben WCA-Techniker ein Funkrelais in den Kommunikationsrechner eingebaut. Es verstärkt jedes eingehende Signal um ein Vielfaches…«
    Sie redeten Zeugs, das Bulldogg langweilte. Er ging zum Fenster und sah hinaus. Auf der abendlichen Straße schlenderten Miouu und Arnau zu Johaans Haus. Warum nicht, feixte Bulldogg. Bin ja da, kann ja solange auf die Königin aufpassen…
    Ein paar Schritte von der Vortreppe entfernt saß diese schwarzhaarige Barbarin mit gekreuzten Beinen im Gras. Ein gefährliches Weib. Aruula von den Dreizehn Inseln. Kein Mann unter den Gardisten und der Wachgarnison, der nicht Respekt vor ihr hatte. Und Bulldogg hatte auch Respekt vor ihr. Er sah sie an, und sie wich seinem Blick nicht aus.
    Irgendwie kam sie ihm schlecht gelaunt vor…
    ***
    Arnau ließ die Tür offen stehen. Stufe für Stufe schritt er in den Garten hinunter. Es war längst dunkel geworden. Unter dem erleuchteten Fenster blieb er stehen und sah hinauf. Er dachte an Miouu, die dort oben in seinem Bett lag und schlief. Er lächelte.
    Ohne Eile schritt er den Weg zum Pavillon hinauf. In einem der Sessel ließ er sich
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