Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
120 - Sterben in Berlin

120 - Sterben in Berlin

Titel: 120 - Sterben in Berlin
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
Krämpfen.«
    Drückendes Schweigen lastete auf einmal über der Menschenmenge vor dem Thron. Bulldogg brach es als erster.
    »Ich habe vom Tod der Königin von Gödenboorg gehört. Der Häuptling einer Horde aus dem Norden erzählte sie mir von ein paar Jahren.« Er griff unter seinen Lederharnisch und zog einen Zettel heraus. »Diesen Brief fanden wir in Osgaards Gemächern.« Er entfaltete das Papier und reichte es der Königin. »Die Handschrift ist Meister Johaans Handschrift.«
    Königin Jenny las stockend und murmelnd. »Verehrter Osgaard von Braandburg, für die gründliche Arbeit im Falle der bedauernswerten Zweiten Königlichen Beraterin haben wir zu danken…« Immer wieder unterbrach sie sich, hob den Kopf und suchte den Blick Ihres Vertrauten. Doch Meister Johaan stand mit hängenden Schultern und stierte den Fellteppich zu seinen Füßen an. »… nachdem Gertruud also ihre Intrigen fortan in Orguudoos Reich weiter spinnen kann, wollen wir uns nun höheren Aufgaben zuwenden. Es geht um den Thron von Beelinn, wie Ihr sicher schon erraten habt. Die Königin selbst zu beseitigen erfordert selbstverständlich ungleich mehr Meisterschaft, und deswegen wenden wir uns erneut und vertrauensvoll an euch…«
    Jenny ließ den Brief sinken. Ihre Hand zitterte. Sie schluckte. Wie Feuer brannte die Enttäuschung in ihrer Brust.
    »Bringt ihn in den Kerker«, flüsterte sie. »Osgaard und seine Männer legt in Ketten.«
    Bulldogg blaffte Befehle nach links und rechts. Zehn seiner Palastgardisten schleppten Johaan und die vier Braandburger aus dem Empfangssaal.
    »Das falsche Weib konnte also aus Gödenboorg fliehen?«, wandte Jenny sich an den Gesandten König Ulfers. Der nickte.
    »Ich verfolgte sie im Auftrag meines Herrn. Ihre Spur führte an der Ostmeerküste entlang und schließlich über das Meer zur fürstlichen Siedlung Gedansik. Sie liegt dreiundzwanzig Tagesmärsche nördlich von hier. Naura betörte den Heerführer des Fürsten, doch bevor ihr Gift die fürstliche Beraterin umbrachte, konnte ich den Fürsten warnen. Die Schlange floh erneut. Diesmal verwischte sie ihre Spur besser, und ich fand sie zu spät: Als ich vor einem Mond in den Wäldern vor Beelinn ankam, hatte sie ihr Netz bereits um zu viele mächtige Männer gesponnen. Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, meine Ermordung zu befehlen. Und wäre ich vor Eurem Thron erschienen, meine Königin, hättet Ihr auf euren Ersten Berater oder auf einen Fremden gehört? Ich verbarg mich also in den Ruinen, bezahlte zwei Späher, die mich über Nauras Schritte auf dem Laufenden hielten, und wartete auf meine Stunde.«
    Jenny betrachtete den jungen Mann. Er hatte edle Gesichtszüge und klare Augen. Er war schön. Ihre blassen Züge entspannten sich. »Danke, fremder Mann aus dem Norden.« Sie lächelte. Der Gesandte des Königs Ulfer errötete und verneigte sich tief.
    ***
    Beelinn, Ende August 2520
    Anniemouse reitet auf Canada. Bullos Freunde gehen voraus. Sie heißen Maakus und Wulfgang. Zwei Männer folgen Anniemouse und Canada. Einer trägt eine Armbrust mit eingelegtem Pfeil, der andere hat sein langes Schwert geschultert. Nichts kann ihr zustoßen auf dem Weg zum Osttor.
    Die vier begleiten sie jeden Tag zum Osttor. Ja – seit Miouu wieder da ist, will sie fast jeden Tag zum Osttor reiten.
    »Was willst du denn Tag für Tag da draußen?«, fragen Miouu und Jennymom.
    »Sag ich nicht«, antwortet Anniemouse.
    Sie kommen an den großen Platz, wo die Straße zwischen Südtor und Nordtor kreuzt. Die Leute von Beelinn winken ihr zu und lächeln, wenn sie an ihr und Canada vorbei gehen. Ein paar Kinder laufen ein Stück des Wegs neben ihnen und den Soldaten her. Sie singen das Lied von dem kleinen Jungen, der in die Welt hinaus zieht, um Abenteuer zu erleben, und der ganz rasch zu seiner Mom zurückkehrt, kaum dass er das Stadttor hinter sich gelassen hat. Canada macht Wuff!, und Anniemouse singt mit. Sie kann schön singen.
    Sie kommen am Kerker vorbei. Anniemouse hört auf zu singen. Sie starrt das graue Gemäuer an. Hinter einem der vergitterten Fensterlöcher sitzt Meister Johaan. Anniemouse versteht es nicht. Er hätte Jennymom ein Leid zufügen wollen, sagen Miouu und Bullo. Jennymom sagt gar nichts.
    Anniemouse versteht es nicht. Hat sie nicht genau genug in seine Augen geschaut?
    Manchmal treffen Maakus und Wulfgang Verwandte oder Bekannte. Dann bleiben sie stehen und plaudern und scherzen.
    Seit Miouu wieder da und Meister Johaans schöne neue Frau
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher