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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst
Autoren: Greg Iles
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erodiert, sondern im Gegenteil Sedimente ablagert. Danny steuerte auf eine Stelle am inneren Ufer zu, nicht weit entfernt von einem Fischrestaurant, wo es eine Sandbank gab. Als er die fahle Linie entdeckte, wo die Wellen an die Sandbank plätscherten, nahm er die Automatik und feuerte zwei Schüsse durch das Plexiglas der Kanzel.
    Er nahm das Gas zurück, schaltete die Treibstoffzufuhr ab und ging zum zweiten Mal in dieser Nacht in Autorotation.
    Er hätte es nicht getan, wäre der Helikopter nicht versichert gewesen – Lusahatcha County hatte nicht die finanziellen Mittel, die Maschine aus eigenen Mitteln zu ersetzen. Er hätte es vielleicht anders gemacht, hätte nicht die Gefahr bestanden, dass zufällige Zeugen das Geschehen beobachteten. Er hätte beispielsweise die Türen abgeworfen – eine Standardprozedur beim Abstürzen –, doch wegen der Nähe der beiden Ortschaften und dem Damm gleich hinter dem Ufer war es nicht unwahrscheinlich, dass jemand den »Absturz« beobachtete. Vielleicht wurde der Helikopter auch geborgen. Er brauchte die Zeugenaussagen und die physikalischen Beweise, um ein Szenario zu untermauern, nach dem zwei Männer bis zum bitteren Ende auf Leben und Tod gekämpft hatten. Das war die Story, die Danny dem Sherifferzählen würde. Laurels Kindern konnte man eine andere, leichter zu verdauende Geschichte erzählen, zumindest, bis sie alt genug waren, um die Wahrheit zu verstehen.
    Während der Bell den Untiefen entgegentrudelte, nahm Danny die Füße von den Pedalen, sodass der Rumpf unter den Rotoren sich zu drehen anfing, wie es zu erwarten war, wenn der Pilot von den Kontrollen weggerissen wurde. Nach vier oder fünf Drehungen war Danny speiübel. Es gelang ihm, den Helikopter gerade rechtzeitig vor dem Aufprall wieder zu stabilisieren. Während er auf das schwarze Wasser zujagte, sah er sich hastig nach dem Ufer um – es war weniger als sechs Meter entfernt –, bevor der Bell in den Fluss stürzte.
    Helikopter rollen stets zur Seite, wenn sie ins Wasser fallen. Der Trick besteht darin, nicht dagegen anzukämpfen, sondern sich die Bewegung zu Nutze zu machen – doch Danny erhielt nicht die Chance. Als das erste Rotorblatt aufs Wasser aufschlug, wurde der Bell zur Seite gerissen wie von einer riesigen Faust. Flusswasser schoss durch das zersplitterte Plexiglas. Der Helikopter begann augenblicklich zu sinken. Danny wusste, er hätte vor dem Aufprall tief Luft holen sollen, doch jetzt war es zu spät. Er kämpfte gegen seine Gurte und hatte kaum genügend Luft, um eine Ohnmacht zu verhindern. Die gewaltige Kraft des Mississippi trug den Chopper flussabwärts wie ein Stück Treibholz. Eine Millisekunde, bevor aus Angst nackte Panik wurde, griff Dannys Training. Der Gurt löste sich, und er schwamm durch das Loch, wo die Kanzeltür gewesen war, während er betete, dass er noch immer nah genug am Ufer war, um sich nach dem Auftauchen auf die Sandbank zu retten.
    Danny durchbrach die Wasseroberfläche und kam in einem Ring kleiner brennender Inseln zum Vorschein. Pfützen aus JP4 trieben auf dem Wasser. Im Licht des brennenden Treibstoffs entdeckte er die Sandbank. Er schwamm mit aller Kraft und erreichte das Ufer, wo er weit genug an Land kroch, dass er in Sicherheit war, falls es zu einer Explosion kam.
    »Du musst leben«, flehte er zu Laurel. »Bitte, du musst leben.«
    Fünfzehn Minuten später wurde Danny zum Streifenwagen von Sheriff Ellis geführt. Man gab ihm eine Decke und einen Becher heißen Kaffee; dann musste er hinten einsteigen. Er stank nach Kerosin. Er hatte unglaubliches Glück gehabt, dass er nicht Feuer gefangen hatte, als er ans Ufer geschwommen war. Ein Dutzend Streifenwagen stand auf dem Parkplatz aus Muschelschalenkalk neben dem Fischrestaurant, einige vom Lusahatcha County, andere vom Adams County oder von der Concordia Parish. Uniformierte starrten den brennenden Resten hinterher, die den Fluss hinuntertrieben. Es dauerte nicht lange, und Sheriff Ellis wuchtete seinen massigen Leib auf den Fahrersitz. Er drehte sich um, legte den Arm auf die Rücklehne und musterte Danny forschend.
    »Was ist mit Laurel?«, fragte Danny.
    Ellis räusperte sich. »Mrs. Shields hat den Arm ihres Mannes genau in dem Augenblick gepackt, als Carl auf ihn geschossen hat. Wie es scheint, um Ihr Leben zu retten, Danny. Carls Kugel traf den Revolver von Dr. Shields. Mrs. Shields wurde von umherfliegenden Glassplittern verwundet, außerdem von Fragmenten des Revolvers und der
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