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12 Stunden Angst

12 Stunden Angst

Titel: 12 Stunden Angst
Autoren: Greg Iles
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wie jemand aus dem Chopper fiel, bevor Sie runtergegangen sind.«
    »Das ist Unsinn«, widersprach Danny. »Man konnte von da unten gar nichts sehen. Es war stockdunkel. Obendrein hat es geregnet.«
    »Jimmy hat gute Augen. Er hat gesagt, er hätte gesehen, wie etwas Großes an den Lichtern vorbeigefallen ist.«
    »Vielleicht ein Bussard. Ich war einen halben Kilometer nördlich von der Brücke und in mehr als sechshundert Metern Höhe.«
    »Das habe ich ihm auch gesagt.« Ellis drehte sich um und musterte Danny mit einem undefinierbaren Blick. Es lag kein Zorn darin, kein Misstrauen, keine Neugier. Es war eher ein Blick wie von einem Mitverschwörer. »Kommen Sie schon, Danny. Sie haben ihn ausgeschaltet, nicht wahr?«
    »Was?«
    »Warren Shields wurde frech, und Sie haben ihn erledigt.«
    »Wie denn? Er hatte die Pistole.«
    »Vielleicht haben Sie ihm die Waffe weggenommen.«
    »Irgendwann wird der Leichnam auftauchen. Auf halbem Weg nach New Orleans vielleicht, aber er wird auftauchen. Und Sie werden keine Schusswunden an ihm finden, außer an der Schulter, wo Auster ihn getroffen hat.«
    »Falls die Hechte und die Alligatoren ihn nicht vorher gefressen haben«, wandte Ellis ein. »Vielleicht haben Sie ihn ja über Bord gehen lassen. Sie könnten einen Chopper durch ein Schlüsselloch fliegen.«
    Danny spürte, wie er blass wurde. »Ich habe Ihnen erzählt, was passiert ist. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.«
    Ellis lächelte. »Natürlich nicht. So ist es besser für alle Beteiligten, nicht wahr? Der Helikopter ist versichert, also was soll’s? In zwei Wochen habe ich eine brandneue Maschine auf dem Landefeld stehen, und ich möchte, dass Sie weiterhin für uns fliegen. Wir müssen lediglich die dämliche Anhörung überstehen, die Ray Breen ohne Zweifel gegen Sie anstrengen wird.«
    Danny seufzte. »Ich glaube, meine Tage als Pilot sind gezählt.«
    Ellis blickte ihn an, ohne seine Enttäuschung zu verbergen. »Wie kommt’s?«
    Danny schüttelte nur den Kopf.
    Der Sheriff schaute nach vorn. Seine Miene drückte Enttäuschung und Hilflosigkeit aus. Weiter vorn erschienen die Lichter der Brücke von Athens Point in der Dunkelheit. Die Spannbetonbrücke war während der Stennis-Ära errichtet worden, als der Staat Mississippi damit gerechnet hatte, einen größeren Anteil am Raumfahrtprogramm zu erhalten, als es später tatsächlich der Fall gewesen war. Danny erinnerte sich noch an die Fähre, die der Brücke hatte weichen müssen, und wie er mit seinem Vater auf dem bebenden Deck gestanden hatte, während hinter ihnen die grünen Hügel zurückgeblieben waren und das Flachland von Louisiana näher gekommen war. Es gab Leute, die überzeugt waren, Athens Point hätte während der mageren 1980er Jahre, als das Ölgeschäft zusammengebrochen war, nur wegen der Brücke überlebt. Inzwischen gab es Pläne für eine neue Brücke bei St. Francisville, nur fünfzig Kilometer flussabwärts. Während Danny noch überlegte, welche Folgen sich daraus für seine Heimatstadt ergaben, wurde ihm unvermittelt klar, warum Laurel diese letzte SMS geschickt hatte. Es war nicht die Instruktion gewesen, Warren zu töten, sondern die Erlaubnis. Laurel hatte erkannt, dass Danny nach der Enthüllung der Krebserkrankung Warrens möglicherweise zu sehr unter Schuldgefühlen litt, um entschlossen genug zu handeln. Und Laurel hatte vollkommen recht gehabt. Er war stehen geblieben und hatte seine Schuld eingestanden, als er sich auf Laurel hätte werfen sollen, um sie mit seinem Körper zu schützen. Dieser Fehler konnte Laurel noch immer das Leben kosten.
    Sheriff Ellis fuhr kaum langsamer, als sie die Athens Point Bridge überquerten. Eine Minute später bogen sie auf den Parkplatz vor dem St. Raphael’s Hospital ein. Als Ellis vor der Notaufnahme hielt, beugte Danny sich vor und drückte ihm die Schulter. »Sie haben das Richtige getan, Sheriff. Wir sehen uns.«
    Er stieg aus und ging zu den Eingangstüren, wobei er spürte, wie Ellis’ Blicke ihn verfolgten. Plötzlich hörte er die Stimme des Sheriffs hinter sich.
    »Ich hoffe, sie kommt durch, Danny.«
    Danny hob die rechte Hand, blieb aber nicht stehen.
    »Eine Frage noch«, rief Ellis ihm hinterher. »Dieses Kind – ist es nun von Ihnen oder nicht?«
    »Das spielt doch keine Rolle«, murmelte Danny.
    Auf alles gefasst betrat er das Krankenhaus.

Epilog
    I n dem einzigen Anzug, den er besaß, stand Danny schwitzend vor dem Gerichtsgebäude der Stadt. Der Mai war gekommen, und
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