Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1183 - Zwischen Licht und Finsternis

Titel: 1183 - Zwischen Licht und Finsternis
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
hörte nicht mehr, was die anderen miteinander sprachen. Die eigentümlichen Verhältnisse auf Zülüt forderten ihren Tribut. Yurn erstickte die Betroffenheit im Alkohol.
    Denn in dieser Nacht lernte er mit dem fremden Blue einen seiner Feinde kennen - und er verlor den besten Freund.
     
    *
     
    Der nächste Morgen bescherte ihm ein qualvolles Erwachen. Als die Weckautomatik ihn aus dem Schlaf riß, dröhnte sein Schädel wie unter den rhythmischen Schlägen eines Schmiedehammers. Es dauerte eine Weile, bis er überhaupt begriff, was der durchdringende Summton bedeutete.
    Yurn richtete sich schwerfällig auf. Mit beiden Armen stützte er sich an der Bettkante ab und wartete darauf, daß der Gleichgewichtssinn seine Eskapaden einstellte. Er hatte Schwierigkeiten, die vier Augen so zu fokussieren, daß sie ein einigermaßen deutliches Bild lieferten. Die Umgebung war verschwommen, und ringsum schienen sich die einzelnen Gegenstände in verwirrender Weise zu überlappen. Yurns Kopf pendelte kraftlos auf dem langen Hals umher.
    Er stöhnte leise. Schon wollte er sich zurücksinken lassen, um seinen Rausch auszuschlafen - da fiel ihm ein, warum ihn die Automatik so früh geweckt hatte. Das mobilisierte die letzten noch vorhandenen Lebensgeister. Vorsichtig stand er auf und wartete, bis der Schwindel sich zumindest halbwegs legte. Dann tappte er schwankend durch den Raum.
    Die grünen Sandkreaturen sollten die Verantwortlichen im Ersten Block der Fortpflanzung holen! Um diese Zeit bestellte man keinen anständigen Bürger zu einer Behörde! Draußen herrschte noch tiefe Dunkelheit, und in Yurns Wohnung glomm lediglich das blasse Licht der Sparbeleuchtung. Zu voller Leistung durften die Lampen aus Gründen der Energierationierung erst in vier Zehntelstunden aufgedreht werden - nämlich dann, wenn normale Hanen gewöhnlich den Tag begannen.
    Yurn riß die Tür des Medikamentenschranks auf und fingerte zwischen Schachteln, Dosen und Röhrchen herum. Er war so ungeschickt, daß mehrere Packungen zu Boden fielen, bevor er endlich fand, was er suchte. Zwei der grünen Tabletten waren noch übrig, die nach Alkoholmißbrauch innerhalb kurzer Zeit für einen klaren Kopf sorgten und die schlimmsten Restwirkungen des Likörs neutralisierten. Vorsichtshalber würde er sie beide schlucken.
    Wenn er bis zum Eintreffen beim Ersten Block der Fortpflanzung nicht wieder nüchtern war, brauchte er erst gar nicht hinzugehen.
    Im Nebenraum goß er sich ein Glas Wasser ein und spülte die Pillen hinunter. Dann setzte er sich in die Naßzelle und aktivierte das Massageund Erfrischungsprogramm. Es war eine Radikalkur, aber sie half ihm, die Folgen der vergangenen Nacht zu überwinden. Er spürte die kalten, prickelnden Schauer und die allmählich einsetzende Wirkung der Tabletten. Zuerst wurde sein Blick klarer. Als er aus der Kabine trat, hatte er auch die restlichen Sinne wieder beisammen. Er schüttelte das Wasser aus dem Pelz, trocknete sich im Warmluftstrom und kleidete sich an. Danach fühlte er sich bedeutend wohler.
    Auf das gewohnte Frühstück verzichtete er, weil die Zeit bereits knapp wurde. Es blieb auch keine Gelegenheit mehr, alle Bekannten und Behörden einzeln von seiner Abwesenheit in den nächsten Wochen zu unterrichten. Er setzte eine kurze Botschaft auf, die er in das Ausgabeelement des Interkoms speicherte.
    Wer immer ihn anrief, würde auf diese Weise erfahren, warum er sich nicht persönlich meldete. Lediglich seinem Arbeitgeber teilte er in einer Direktsendung den Grund für sein Fehlen mit. Zweifellos würde Hülyiör deswegen unmittelbar nach Dienstbeginn einen cholerischen Anfall bekommen, aber daran konnte er nichts ändern.
    Yurn beeilte sich, die Wohnung zu verlassen. Der Erste Block der Fortpflanzung lag nur wenige Planquadrate von der Siedlung entfernt. Wenn er den Weg zu Fuß zurücklegte, würde er den Termin gerade noch einhalten können. Er ging durch leere Straßen, deren Asphaltdecke nach dem Regen langsam wieder trocknete. Als er den monumentalen Verwaltungstrakt vor sich erblickte, verzögerte er den Schritt.
    Irgendwie, dachte er beklommen, gelang es den staatlichen Instanzen allein durch die Wahl der Amtsgebäude immer wieder, beim Bürger ein gewisses Gefühl der Unterwürfigkeit zu erzeugen.
    Hinter vielen Fenstern brannte bereits Licht. In jedem der dazugehörenden Räume wartete ein Staatsbediensteter darauf, einen der Aspiranten mit Informationen zu versorgen und ihm die wichtigsten Spielregeln
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher