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1178 - Die vierte Weisheit

Titel: 1178 - Die vierte Weisheit
Autoren: Unbekannt
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Küche, sondern im Eßzimmer gerichtet. In der Mitte prangte eine zehn Zentimeter hohe Torte mit zwölf brennenden Kerzen darauf und einer Aufschrift aus hellblauem Zuckerguß: HAPPY BIRTHDAY, PERRY. Belinda und Onkel Ken standen zu beiden Seiten des Tisches. Als Perry eintrat, begannen sie zu singen: „Happy birthday to you, happy birthday to you..."
    Nach Beendigung des Liedes klatschten sie begeistert, als hätten sie schöneren Gesang noch nie gehört. Kenneth Malone umarmte den Jungen, wünschte ihm noch einhundert weitere Geburtstage und sagte, während er ihm die Hand schüttelte, voller Ernst: „Wir wollen hoffen, daß dein Besuch in Florida sich richtungweisend auf deine Laufbahn auswirkt. An diesem Geburtstag wünsche ich dir, daß du ein tüchtiger Pilot und, wer mag's wissen, womöglich sogar ein Astronaut wirst. Wo ich dir helfen kann, soll's gerne geschehen."
    „Danke, Onkel Ken", sagte Perry und gab sich Mühe, einen glücklichen und dankbaren Eindruck zu machen.
    Dann kam Belinda an die Reihe. Sie schmatzte den Jungen ab, daß es eine Pracht war.
    Er ließ die Liebkosungen stoisch über sich ergehen, wodurch Belinda sich zu der tadelnden Äußerung veranlaßt fühlte: „An Temperament könntest du ruhig noch ein wenig zunehmen."
    Während sie mit dem Kuchen beschäftigt waren, läutete das Telephon.
    „Ich wette, das ist für dich", sagte Onkel Ken.
    Perry ging zum Apparat. Er hatte einen Anruf der Eltern erwartet, aber die Stimme, die ihm entgegenschallte, war hell und sprach mit einem breiten, die Schlußsilben verschluckenden Akzent.
    „Hallo, ist dort bei Malone?"
    „Leroy!" rief Perry erfreut. „Mensch, rufst du aus Manchester an?"
    „Na klar. Muß mich beeilen. Vater sagt, das ist verdammt teuer."
    „Du erinnerst dich an meinen Geburtstag?" fragte Perry ungläubig.
    „Was, Geburtstag? Heute ist dein Geburtstag? Das wußte ich nicht. Also: Herzliche Glückwünsche, alles Gute und so'n Zeug."
    Perry war ernst geworden.
    „Danke, Leroy", sagte er. „Warum rufst du an?"
    „Sie ha'm Tin Can vor einer Woche entlassen. Am selben Tag ist seine Mutter gestorben." Leroy sprach hastig. Er nahm sich die Mahnung seines Vaters zu Herzen.
    „Seit vor drei Tagen ist Tin Can spurlos verschwunden. Ich hatte zuerst Angst, er würde sich an mir rächen wollen.
    Aber er beachtete mich überhaupt nicht, und jetzt ist er weg. Da kann ich leichter atmen."
    „Gut für dich", sagte Perry.
    „Ja - und das wollte ich noch sagen: Ich hab' mich umgehört. Niemand weiß was Genaues, aber ein paar Leute haben läuten hören, daß Tin Can nach Florida gereist ist.
    Jemand hat ihn mit'm Auto mitgenommen. Sollte mich wundern, wenn das nicht ein schwarzer Buick Eight war. Ich meine: Du in Florida, Tin Can in Florida - da nimmst du dich besser in acht."
    „Danke, Leroy", sagte Perry zum zweiten Mal. „Ist wirklich große Klasse von dir, daß du dir so viel Sorgen um mich machst."
    „Na klar, wofür sind Freunde da? Jetzt mach' ich Schluß, sonst versohlt mir Pa das Fell."
    Es klickte. Leroy hatte aufgelegt. Nachdenklich kehrte Perry zum Tisch zurück.
    „Wie geht's in Manchester?" erkundigte sich Onkel Ken, auf beiden Backen kauend.
    „Wie immer", antwortete Perry ausweichend. „Es gibt nichts Neues. Das war Leroy Washington, ein Schulkamerad."
    „Aha - der, der mit seinem Vater diesen Tin Can festgenommen hat, nicht wahr?"
    „Ja", bekannte Perry.
    „Was wollte er?"
    In diesem Augenblick traf Perry seinen Entschluß. Er würde sich nach dem richten, was Gene ihm aufgetragen hatte: Kein Wort über die ganze Sache, zu niemand! Es ließ sich an den Fingern einer Hand abzählen, daß Tin Can mit seinen früheren Kumpanen Verbindung aufgenommen hatte und daß er Bestandteil desselben Komplotts war, zu dem auch Gene zählte. Perry war bereit, sein Schicksal zu tragen. Was hätte er auch anderes tun sollen? Ihm gab niemand mehr eine Chance. Er war ein Mörder.
    „Er macht sich Sorgen, daß ich zuviel Sonne abkriege", beantwortete er die Frage des Onkels und lachte ein wenig dazu.
    Eine steile Falte entstand auf Kenneth Malones Stirn.
    „Und deswegen ruft er über elfhundert Meilen hinweg an?" fragte er ungläubig.
     
    *
     
    „DelaHaye ist in der Gegend", sagte Bob Ferguson.
    „So. Und?" knurrte Kenneth Malone.
    „Hör zu, wenn du schlechte Laune hast, komme ich vielleicht ein andermal wieder."
    Malone fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als müsse er einen quälenden Gedanken fortwischen. Ein mattes
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