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117 - Die Pranke der Sphinx

117 - Die Pranke der Sphinx

Titel: 117 - Die Pranke der Sphinx
Autoren: Larry Brent
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das
Fremde, Unheimliche in sich verspürte.
    Mario Centis taumelte. Sein Geist, seine Seele — er war
nicht mehr Herr über sie.
    Fremde Gedanken, fremder Willen ... Ihm wurde wie von
einem Vampir die Lebenskraft ausgesogen, ohne daß er etwas tun konnte.
    Ein grauenvolles, magisches Geschehen rollte ab.
    Alles war plötzlich in diffuses Licht getaucht. Die
Gestalt in dem Sarkophag richtete sich auf. Die morschen Binden knackten, der
verschlossene Mund war zusammengekniffen, die Augenhöhlen wirkten flach und
düster.
    Centis stürzte nach vorn. Er nahm nicht mehr wahr, daß er
mit dem Oberkörper über den Rand des Sarkophags fiel und die Mumie sich erhob.
Im verrotteten, wiederbelebten Leib der Mumie spielte sich ein furchtbarer
Kampf zwischen dem fremden Willen Yson-Thors und Mario Centis' ab, der auf
geheimnisvolle Weise registrierte, daß er zur Mumie wurde, während sein
lebloser Körper mit einem harten Griff des Wiederbelebten in den Sarkophag
geschoben wurde und schlaff und reglos darin liegen blieb.
    Ein dumpfes, unmenschliches Knurren kam aus der Kehle der
Mumie, während sie den Deckel wieder verschloß.
    Yson-Thor konnte nicht sprechen. Er konnte nur denken. Er
dachte mit seinem Bewußtsein und lebte mit dem Geist und der Seele eines
Fremden, dessen Lebenskraft ihn erfüllte und die er sich durch magische Kunst
dienstbar machte.
    Mario Centis wußte sehr wohl um sein Ich, aber die
fremden Gedanken, der fremde Wille überschwemmte alles, und er war nur von dem
einen Gedanken besessen, den Yson-Thor mit in sein düsteres Jenseits genommen
hatte: töten, menschliches Leben vernichten!
     
    ●
     
    Larry Brent warf einen Blick auf seine Uhr.
    Es war genau abends halb acht.
    Er bestellte sich seinen zweiten Gin Fizz und schaute zur
Tür. Jetzt müßten sie eigentlich kommen ...
    Als hätte es dieses Gedankens bedurft, ging die Tür
plötzlich auf. Ein Mann wie ein Kleiderschrank mit borstigem Haar und einem
wilden, roten Vollbart stand in der Tür und ließ mit ungelenker Geste eine
attraktive Blondine herein, deren aufregende Beine Männerblicke anzogen.
    Morna Ulbrandson und Iwan Kunaritschew!
    Larry freute sich.
    »Du strahlst wie ein Honigkuchenpferd, Towarischtsch«,
sagte der Russe nach der herzlichen Begrüßung. »Haben wir uns denn so lange
nicht mehr gesehen?«
    »Ich strahle weniger wegen dir, Brüderchen. Wenn man
Morna so sieht, dann geht einem einfach das Herz auf. Dieses schicke Kostüm,
diese Frisur ...«
    »Der kühne Strich der Augenbrauen«, konnte der
bärenstarke Russe sich nicht verkneifen einzuwerfen. »Und hast du ihren Mund
schon gesehen? Feucht und verführerisch schimmerte er eine Einladung zum
Küssen!«
    »Die nehm' ich an.« X-RAY-3, der aufgestanden war, um
seiner reizenden Kollegin den Stuhl zurechtzuschieben, beugte sich leicht nach
vorn. Er hauchte Morna einen Kuß in den Mundwinkel.
    »Und hast du schon ihre reizenden Ohrläppchen gesehen,
Towarischtsch?« Der Russe fand kein Ende. »Wie die duften! Ist dir das auch
schon aufgefallen?«
    Morna nahm Platz und lachte.
    »So richtig zum Reinbeißen, findest du nicht auch?« Iwan
Kunaritschew rollte wild mit den Augen. »Und vor allen Dingen: dieser samtene,
pfirsichzarte Teint. Hast du ihn noch nie bemerkt?«
    Morna schüttelte den Kopf. »Ihr überschüttet mich wieder
mit Komplimenten, das ist sagenhaft.«
    Der Russe nickte. »Ihm verschlägt's die Sprache. Da
kannst du mal sehen, wie lange er dich nicht mehr richtig angeguckt hat.«
    In dieser Form ging's noch eine Weile weiter. Es kam
selten vor, daß man sich in so heiterer, ausgelassener Runde traf. Gemeinsam
mal wieder in New York! Keine Sorgen haben, keine Probleme ... Die wenigen
ruhigen Stunden, die ihnen vergönnt waren, nutzten sie. Es gab selten genug
Gelegenheit, sich auf diese Weise zu treffen. Jedesmal, wenn sie das Glück
hatten, in New York zusammen zu sein, wählte einer von ihnen abwechselnd das
Restaurant aus, in dem sie ihr Abendessen einnahmen. Das letzte Mal war Larry
an der Reihe gewesen. Er, ein Freund chinesischer und indischer Gerichte, hatte
sein Stammlokal in Chinatown.
    Dieses Lokal, von Kunaritschew ausgewählt, lag in
Greenich Village, dem bekannten Künstlerviertel.
    Es war ein kleines, urgemütliches Lokal, in dem es nach
der Ansicht des Russen den besten Wodka und das herzhafteste Essen gab.
    »Ich dachte schon, ihr kämt nicht mehr«, bemerkte Larry
Brent, ehe der Kellner ihnen die handgeschriebene und mit witzigen Bemerkungen
versehene
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