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117 - Die Pranke der Sphinx

117 - Die Pranke der Sphinx

Titel: 117 - Die Pranke der Sphinx
Autoren: Larry Brent
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Füßen vibrierte leicht, und wieder stieg diese unerklärliche,
entsetzliche Angst in ihm auf.
    Es lag etwas in der Luft, das er nicht beschreiben
konnte.
    Neugierde und Furcht hielten sich die Waage.
    Das Tor zur Gruft glitt in der Mitte auseinander, als
würde ein unsichtbares Messer einen kerzengeraden Schnitt in das harte Gestein
machen.
    Tiefe Finsternis stieg vor ihm auf wie eine
undurchdringliche Mauer, vermoderte Luft schlug ihm entgegen und raubte ihm
sekundenlang den Atem.
    Zwei Schritte ging Centis nach vorn und ließ die
Taschenlampe aufflammen. Wie ein breiter, zittriger Finger wanderte das helle
Licht über die mit Hieroglypen bedeckten Wände. Zahlreiche düstere Nischen und
Ecken fielen ihm auf, Verschachtelungen, die einer näheren Untersuchung
bedurften.
    Er dachte an den Fluch des Yson-Thor. Niemand außer ihm,
Centis, wußte Genaueres, und auch er spürte, daß ihm noch viel fehlte bis zur
vollen Wahrheit, die er hier zu finden hoffte.
    Mitten in der Gruft war eine riesige, rechteckige Säule.
Auf die ging er zu. Er entdeckte zahlreiche Hieroglyphen wieder, die er bereits
auf dem Papyrus entziffert hatte.
    In seinen Augen flackerte es. Die Erkenntnis kam ihm.
    Er kniete nieder und führte die Taschenlampe ganz dicht
an die Säule heran. Die Hieroglyphen zu entziffern, bereitete ihm keine
Schwierigkeiten. Rundum war die Warnung vor dem schrecklichen Fluch des
Yson-Thor.
    Aber das war nicht alles. Hier gab es mehr, hier fand er
das, was im Papyrus fehlte.
    »Du wirst sein wie Yson-Thor«, hieß es an einer Stelle.
    An einer anderen: »Wer ihn mal gesehen hat, wird
geblendet sein von seinem goldenen Körper. Hol' ihn dir!«
    Welch ein Widerspruch!
    Das verstand er nicht.
    Aber er würde es herausfinden. Das Gefühl eines
ungeheuren Triumphes erfüllte ihn. Bis die anderen morgen früh wach würden,«
hatte er Berge von Gold nach draußen geschafft. Für alle würde es reichen.
    In einer vertraglichen Abmachung mit der Regierung hatte
er sich abgesichert. In der Klausel hieß es, daß Gegenstände von kulturellem
und geschichtlichem Wert in Ägypten verbleiben sollten. Würde sich jedoch beim
Fund des legendären Grabes, an das niemand glaubte, herausstellen, daß dort
Schätze unermeßlichen Umfangs zusammengetragen worden waren, dann gehörte alles
— bis auf zehn Prozent —
    ihm.
    Er erhob sich, ging tiefer in die Gruft und stand eine
halbe Minute später vor einem mit Hieroglyphen übersäten Sockel, auf dem ein
Sarkophag stand, der so irisch und farbig aussah, als wäre er erst vor wenigen
Minuten hergestellt worden.
    Der Sarkophag Yson-Thors!
    Centis entdeckte die gleichen Zeichen wieder, die seinen
Namen formten. Traum war Wirklichkeit geworden! Er hatte sich nicht geirrt! Die
Fachwelt würde kopfstehen, und die Sensation würde durch die Weltpresse gehen
und sein Name in allen Schlagzeilen zu finden sein.
    Doch darauf war er nicht versessen. Es kam ihm auch nicht
mal so sehr auf den kulturgeschichtlichen Wert seiner Entdeckung an, sondern
vielmehr auf die Tatsache, daß der Schatz vorhanden sein mochte. Seit jeher
träumte er von Reichtum, wie man ihn zeit seines Lebens auf natürlichem Wege
nie erlangte.
    Beinahe andächtig strichen seine Hände über das glatte
Oberteil des Sarkophags.
    Ein breitköpfiger, stilisierter Mensch mit schmalem
Körperbau und beinahe kindhaftem Körper, war darauf mit schillernden Lackfarben
gemalt.
    Ob er es schaffte, den Deckel aus eigener Kraft
anzuheben?
    Gedanke und Tat waren eins!
    Es kam auf einen Versuch an, und Centis erschrak
förmlich, als er merkte, wie leicht sich der Deckel heben ließ.
    Er kippte ihn auf die Seite, und die goldumhüllte Gestalt
des mystischen Gott-Königs lag vor ihm. Der Glanz des Goldes blendete den
Forscher. Er schloß die Augen und öffnete sie wieder.
    Dann glaubte er, vor Angst und Grauen vergehen zu müssen.
    Eine eiskalte Hand griff nach seinem Herzen und preßte es
so stark zusammen, daß ihm der Atem stockte und ihm schwindelig wurde.
    Was er sah, konnte nicht wahr sein!
    Da lag nicht mehr der goldene Körper — da lag eine
ekelerregende, stinkende, verrottete Mumie. Die Binden hielten einen
kraftvollen Körper zusammen, der sonst längst in Verwesung übergegangen wäre.
    Über Centis' Lippen drang ein dumpfes Stöhnen.
    Er wollte nach dem Deckel greifen und ihn schnell wieder
zuziehen.
    Der Satz, den er gerade zuvor gelesen hatte: »Du wirst
werden wie Yson-Thor!«, kam ihm in dem Augenblick in den Sinn, da er
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