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1154 - Dämonen-Trauer

1154 - Dämonen-Trauer

Titel: 1154 - Dämonen-Trauer
Autoren: Jason Dark
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Gräbern oder Grabsteinen. Sie huschte darüber hinweg oder glitt locker daran vorbei. Manchmal stieß sie sich an einer Figur oder an einem Stein ab, aber sie blieb nie stehen.
    Mit einem lockeren Sprung überquerte sie einen schmalen Weg und blieb dicht vor einer Grabplatte stehen.
    Sie war so nah, dass Adams trotz der Dunkelheit Einzelheiten erkannte.
    Die Spannung stieg noch weiter in ihm.
    Die Gestalt trug einen hellen Umhang es konnte auch ein weit geschnittenes Leichenhemd sein. Der Umhang wies Schmutzflecken auf. Ben sah nackte Füße und schüttelte den Kopf. Zugleich bekam er Magendrücken. Auch Leichen trugen keine Schuhe. Vielleicht war die Gestalt aus einem Sarg gestiegen, in dem man sie aufgebahrt hatte. Möglich war schließlich alles.
    Die Gestalt ging noch einen Schritt vor und stellte den nackten Fuß auf die Grabplatte. In dieser Haltung blieb sie nicht lange, denn sie sackte in die Knie und drehte sich dabei um, so dass Adams jetzt ihre Vorderseite sah.
    Erkennen konnte er nicht viel. Der Rand der Kapuze war tief in die Stirn hineingerutscht. Auch jetzt fand er nicht heraus, ob er es mit einem Mann oder einer Frau zu tun hatte.
    Die Gestalt setzte sich. Im Schneidersitz blieb sie hocken. Ein Knie soweit ausgestreckt, dass sie einen Arm darauf abstützen konnte. Den Kopf senkte sie so tief wie möglich, deshalb blieb Ben die Sicht auf das Gesicht verwehrt.
    Nichts war zu hören. Keine Trauer jetzt. Kein Heulen und kein Jammern. Die Gestalt blieb starr auf der Grabplatte sitzen.
    Ben Adams wartete. Durch seinen Kopf schossen die Überlegungen. Gut, er hatte den Jammernden gesehen. Er wusste jetzt sehr genau, dass er sich nicht geirrt hatte. Das Schreien, Heulen und Klagen hatte er aufgenommen. Er hätte jetzt verschwinden können. Der Beweis war zwar nicht perfekt, aber immerhin ein starker Hinweis.
    Und doch fehlte ihm etwas. Es wäre wirklich wichtig, noch mehr Beweise zu erhalten. Dazu hätte er einen Fotoapparat haben müssen, aber genau daran hatte er nicht gedacht. Nur an die Taschenlampe.
    Es brachte nichts, wenn er sich ärgerte. Ben musste mit den Tatsachen zurechtkommen. Die sahen für ihn gar nicht mal so schlecht aus. Seine Deckung hatte er verlassen. Er stand jetzt direkt neben der Familiengruft und damit auch neben dem hohen und breiten Grabstein. Mit den Augen maß er die Entfernung ab. Sie war nicht einmal so groß. Er sah die Gestalt, und er ging davon aus, dass die Gestalt ihn sehen konnte, wenn sie den Kopf anhob.
    Das tat sie nicht.
    Noch immer saß sie in dieser Trauerhaltung. Weltvergessen, von allen verlassen. Hineingetaucht in ein großes Meer von Tränen, aus dem es kein Entrinnen mehr gab.
    Weinte sie? Schluchzte sie? Ließ sie ihrer Trauer wieder freien Lauf? Ben achtete auf das geringste Geräusch und war fast ein wenig enttäuscht, als er nichts hörte.
    Die Gestalt kümmerte sich nicht um ihn. Sie wollte mit ihrer Trauer allein sein. Sie bewegte sich auch nicht. Was sich an ihr bewegte, war nur das Leichenhemd oder die Kutte. Es warf immer dann Falten, wenn der Wind mit dem zu weiten Stoff spielte.
    Ben Adams fasste einen Entschluss: Er würde hingehen. Zum Greifen nahe, dann seine Fragen stellen.
    Meter für Meter näherte er sich der sitzenden Gestalt. Sie dachte gar nicht daran, von dem einsamen Besucher Notiz zu nehmen.
    Das wiederum richtete ihn auf. Er brauchte nur noch wenige Schritte, um direkt vor dem hockenden Gespenst anzuhalten. Er hätte es jetzt mit der ausgestreckten Hand berühren können. Das allerdings traute er sich nicht.
    Es war still geworden. Noch stiller als sonst. Kein Geräusch, und auch Ben hielt den Atem an. Der andere musste ihn längst gesehen haben. Adams fragte sich, warum er nicht seinen Kopf anhob und nach ihm schaute. War er so uninteressant für diese geisterhafte Gestalt?
    »Kannst du sprechen?« Fast hätte Adams über sich selbst gelacht, doch es war ihm keine andere Frage eingefallen. Wenn die Gestalt sprechen konnte, dann war sie vielleicht ein Mensch und kein verdammter Geist, der nur aussah wie ein Mensch.
    Er bekam keine Antwort. Ein zweites Mal wollte er es auch nicht versuchen, da wäre er sich lächerlich vorgekommen, und so reifte in seinem Kopf ein anderer Entschluss.
    Es kostete Adams große Überwindung, ihn in die Tat umzusetzen, aber er machte es und bewegte sich noch näher an die fremde Gestalt heran.
    Er streckte den Arm und die Hand aus und legte seine Finger auf die rechte Schulter der Person.
    Jetzt würde sich
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