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113 - Bote der Nacht

113 - Bote der Nacht

Titel: 113 - Bote der Nacht
Autoren: A.F.Morland
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rechteckigen Flasche, nahm sie heraus und schloß die Tür wieder.
    Als der Schnaps ins Glas gluckste, glaubte sich Estelle Lumsden beobachtet.
    Unsinn, sagte sie sich. Es ist niemand da; nicht einmal durch die Fenster könnte jemand hereinsehen.
    Nachdem sie das Glas zum erstenmal geleert hatte und sich anschickte, es ein zweitesmal zu füllen, vernahm sie draußen ein Geräusch. Sie stellte die Flasche auf den Tisch und hob zögernd den Kopf.
    War Davenport zu Hause? Vielleicht war nichts zu tun gewesen, und sein Chef hatte ihn früher heimgeschickt. Oder hatte er sich nicht wohl gefühlt und war nicht zur Arbeit gegangen?
    Waren aus diesem Grund alle Fenster verdunkelt?
    Estelle Lumsden begab sich zur Küchentür und blieb im Rahmen stehen.
    »Mr. Davenport?«
    Keine Antwort.
    »Sind Sie zu Hause, Mr. Davenport?«
    Wenn es ihn störte, daß sie heute saubermachte, würde sie gehen und wiederkommen, wann es ihm paßte.
    Da er wieder nicht antwortete, begab sie sich zum Schlafzimmer und legte ihr Ohr kurz an die Tür. Im Zimmer herrschte Grabesstille.
    Die Frau klopfte leise. Wenn Mr. Davenport krank war, konnte sie ihm vielleicht helfen – irgendein Medikament besorgen, ihm etwas kochen…
    »Mr. Davenport, ich bin es: Mrs. Lumsden«, sagte sie, während sie die Tür behutsam aufmachte.
    Auch in diesem Raum war es so schummrig, daß die Frau kaum etwas wahrnahm. Sie riskierte es, das Licht anzudrehen. Das Bett war leer – unberührt –, als hätte Davenport die Nacht nicht darin verbracht.
    Plötzlich öffnete sich die Lamellentür des Einbauschranks, als würde es spuken.
    Estelle Lumsden hielt unwillkürlich den Atem an. Sie kannte Rick Davenport als einen ernsten, seriösen jungen Mann. Ein solches unheimliches Spiel paßte nicht zu ihm. Wie, um alles in der Welt, kam er auf die Idee, sich im Schrank zu verstecken? Warum machte er so etwas Unsinniges?
    Sie trat zwei Schritte vor und bildete sich ein, zwischen den Anzügen und Mänteln jemanden im Hängeteil des Schranks stehen zu sehen.
    Wenn das wirklich Davenport war, mußte er den Verstand verloren haben. Kein normaler Mensch wäre auf eine so verrückte Idee gekommen.
    Es mußte Davenport sein. Wer sollte sich sonst in seiner Wohnung befinden? Ein Einbrecher vielleicht?
    Der Frau stockte bei diesem Gedanken unwillkürlich der Atem.
    Ob ihr der Schnaps heute nicht gutgetan hatte? Spielten ihr ihre Sinne einen Streich?
    Weiterzugehen wagte sie nicht, und die Gestalt im Schrank regte sich nicht. Es war gespenstisch still im Raum.
    »Mr. Davenport«, sagte die Raumpflegerin mit belegter Stimme.
    »Kann ich… Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Endlich bewegte sich der Schatten. Mit einem großen Schritt verließ er den Einbauschrank, und die Frau stellte fest, daß der muffige Geruch von ihm ausging.
    Im dämmrigen Schlafzimmer sah Estelle Lumsden nur die Silhouette des jungen Mannes. Dennoch konnte sie sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Rick Davenport sich verändert hatte.
    Irgend etwas an ihm war nicht mehr so wie früher!
    »Sind Sie krank, Mr. Davenport?« fragte die Raumpflegerin unsicher. Die Situation war ihr nicht geheuer. Ein äußerst unangenehmes Gefühl beschlich sie. »Warum sind alle Jalousien heruntergezogen?« wollte Estelle Lumsden wissen. »Leiden Sie an Migräne? Warum sagen Sie denn nichts, Mr. Davenport?«
    Sie konnte noch so viele Fragen stellen – Davenport antwortete nicht. Die Situation wurde immer seltsamer. Davenport stand nur da und starrte sie offensichtlich an.
    Sie wollte endlich wissen, was mit ihm los war, deshalb machte sie rasch Licht. Sie behielt die Hand auf dem Schalter, um das Licht gleich wieder auszudrehen, wenn es Davenport vielleicht in den Augen schmerzte. Sie wollte ihren netten Arbeitgeber, mit dem sie so gut auskam, schließlich nicht verärgern.
    Estelle Lumsden hatte kurz den Kopf zur Seite gewandt. Jetzt richtete sie den Blick wieder auf Rick Davenport, und was sie im gleichen Moment sah, riß ihr einen heiseren Entsetzensschrei von den Lippen.
    ***
    Dale Robbins war 17 – ein mittelmäßiger Schüler mit lausigen Zensuren in Latein. In den anderen Fächern hatte er sich bisher recht und schlecht durchgemogelt, aber die Latein-Grammatik war für ihn ein Rätsel mit sieben Siegeln. Um diese zu knacken, hatten sich Dales Eltern in Unkosten gestürzt und jemanden aufgetrieben, der ihm Nachhilfeunterricht erteilte, der mit ihm paukte und ihm eintrichtern sollte, was er partout nicht begreifen
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