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1103 - Das Azteken-Ritual

1103 - Das Azteken-Ritual

Titel: 1103 - Das Azteken-Ritual
Autoren: Jason Dark
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einen Moment später drang der Schrei aus ihrem weit geöffneten Mund. Es war ein Laut der Angst, der Hilflosigkeit, und er war nicht einmal laut, da er auf dem Weg ins Freie halb erstickte.
    Der feinstofflichen Gestalt des Oberpriesters machte der Schrei nichts aus.
    Er riß seine Arme hoch.
    Aus seinem Mund drang ein scharfer Befehl, der einem bestimmten Wesen galt, das darauf nur gewartet zu haben schien.
    Es löste sich aus seinem Versteck. Es segelte langsam aus der Höhe her tiefer, und es bewegte sich mit trägen Schwingenschlägen genau auf Becky Flint zu.
    Es war ein Geier - und zugleich der Herzräuber!
    ***
    Derek Flint trat so heftig auf die Bremse, daß ich nach vorn katapultiert wurde und froh darüber war, angeschnallt zu sein; so wurde die Wucht vom Gurt aufgefangen.
    Der Wagen stand. Wir schnallten uns los, und Flint hämmerte vor Wut auf das Lenkrad. »Scheiße, hier kommen wir nicht weiter!«
    »Dann raus!«
    Das Gelände war weglos. Aber wir sahen bereits die Felswand, und wir konnten auch die Raubvögel beobachten, die über dem Platz kreisten.
    »Wohin?« fragte ich.
    »Wir müssen uns durchschlagen, Sinclair.«
    »Dann gehen Sie vor!«
    Er ging noch nicht, sondern fragte: »Glauben Sie, daß Becky noch eine Chance haben wird?«
    »Ja, Mr. Flint. Aber nur, wenn wir nicht länger warten.«
    »Okay, ich habe verstanden.«
    Ich ließ ihn vorgehen. Bewaffnet war er nicht. Ich hoffte, daß meine Waffen ausreichten, um Becky Flint aus ihrer Lage herauszuholen. Wenn ich mir vorstellte, daß ihr nicht weit von hier entfernt das Herz bei lebendigem Leib aus dem Körper gerissen werden sollte, dann…
    Ich stoppte den Gedanken, weil ich mich voll auf das Gelände konzentrieren mußte. Es kam mir vor wie eine später begrünte Müllhalde, weil es einfach so uneben war. Zwar durch hohes Pflanzenwerk bewachsen, aber es schauten auch genügend Steine aus dem Boden hervor, die ich oft genug mühsam übersteigen mußte.
    Flint kannte sich hier aus. Er wußte, wie man am besten vorankam. Mal rutschten wir, dann mußten wir wieder klettern, und es gab nur wenige Stellen, an denen ein normales Laufen möglich war.
    Die Vögel kreisten über uns. So prächtig sie auch aussahen, ihr Anblick verursachte bei mir ein bedrückendes Gefühl, denn ich nahm an, daß sie Wächter waren und uns unter Kontrolle hielten.
    Wenn wir zu nahe an das Ziel herankamen, würden sie die anderen warnen. Das sollte auf keinen Fall passieren.
    Noch war nichts zu sehen. Das hatte seinen Grund. Flint hatte von einer tiefen Stelle gesprochen.
    Überhaupt die tiefste auf dem Gelände. Von ihr aus ragte die mächtige Wand in die Höhe. Dort ungefähr mußten wir die Frau finden.
    Wir hörten den Schrei!
    Nicht sehr laut, mehr dünn, und Derek Flint blieb sofort stehen. »Das war sie!« Seine Stimme bebte.
    Ich nickte ihm zu. »Verdammt, gehen Sie weiter!«
    Er lief jetzt. Er hatte es eilig. Er stolperte und stürzte. Sein Gesicht zeigte eine blutige Schramme, als er sich hochstemmte.
    »Wenn Becky tot ist, dann…«
    Ich hörte nicht mehr hin, sondern lief an ihm vorbei. Es kam auf jede Sekunde an, auch wenn sich dieser Vergleich noch so abgeschmackt anhörte. Ich wollte das verdammte Ritual stoppen, denn es hatte in unserer Welt nichts zu suchen…
    ***
    Der Geier schwebte vor ihr!
    Er stand in der Luft. Er sah so träge aus. Der lange Schnabel, leicht gekrümmt, der ebenfalls lange Hals, dann die weißen, dünnen Federn an seinem Kopf. Das alles war Becky Flint vertraut, denn sie war eine Fachfrau auf dem Gebiet der Ornithologie.
    So wußte sie natürlich auch, daß Geier Aasfresser waren. Sie aber lebte noch, und sie rechnete damit, daß dieser Vogel nicht über ein lebendes Wesen herfallen würde.
    Normalerweise nicht.
    Aber hier war alles anders. Da hatte man die Gesetze auf den Kopf gestellt. Die Natur reagierte nicht mehr so, wie sie es hätte eigentlich tun müssen.
    Auch der Geier würde sich anders verhalten. Er glotzte sie mit seinen leblosen Augen an. Was eigentlich auch nicht stimmte, denn die Augen waren auf der anderen Seite die Bilder, mit denen sie ihren eigenen Tod umschreiben konnte.
    Becky fürchtete sich wie nie zuvor. Die Kreaturen reagierten völlig verändert. Eine schreckliche Kraft hatte die Welt auf den Kopf gestellt.
    Um die anderen Vögel kümmerte sie sich nicht. Der Geier nahm aufgrund seiner mächtigen Gestalt ihr gesamtes Blickfeld ein, in das sich auch das nebelhafte und feinstoffliche Wesen hineingedrängt
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