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11 Kicker und ein falsches Spiel

Titel: 11 Kicker und ein falsches Spiel
Autoren: Knut Krueger
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Klubhaus.
    Als sich quietschend die Türen öffnen, erscheint auf der Fahrerseite der Bürstenkopf von Günter Speckmann, während sich rechterhand der dicke Wilfried aus der Öffnung quetscht. Was wollen die denn hier?
    Speckmann ist Kassenwart unseres Vereins und Wilfried sein Neffe. Gemeinsam treten sie hin und wieder als Trainerteam in Erscheinung, und das mit durchschlagendem Misserfolg. Die einst so erfolgreiche Zweite Herren führten sie innerhalb von drei Jahren zielstrebig von der Verbandsliga über die Bezirksliga bis hinunter in die Kreisklasse, von der aus man nicht weiter absteigen kann. Und die Mädchen-B-Jugend richteten sie innerhalb eines Vierteljahres zugrunde. Erst ein Machtwort
von Herrn König, der kurzerhand einen neuen Trainer i nstallierte, konnte verhindern, dass die Mädchen geschlossen aus dem Verein austraten.
    Bin ich froh, dass wir mit denen nichts zu tun haben.
    Dennoch beschleicht mich ein komisches Gefühl, als Speckmann zum Kofferraum geht und ein Netz mit Bällen herausfischt, während sich Wilfried mit zwei Medizinbällen bewaffnet. Die beiden nehmen Kurs auf das Trainingsgelände. Soll das ein Witz sein?
    Michi lacht kurz auf, aber es hört sich eher an, als hätte er Schluckauf.
    Als Speckmann und der dicke Wilfried eine Minute später durch das Eisentor marschieren und Speckmann uns ein schneidiges »Hallo Männer!« entgegenruft, ist niemandem zum Lachen zumute. Ich habe einen Kloß im Hals, und Benno sieht aus, als hätte er gerade ein ganzes Nutellaglas verschluckt. Nur Flo, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt, hebt gelassen eine Augenbraue und scheint sich über irgendwas zu amüsieren.
    Vielleicht über Wilfried, der sich wieder mal alle Mühe gibt, wie ein Vollidiot auszusehen. Über seiner aufgedunsenen Wampe spannt sich ein kariertes Oberhemd, das in einer dunkelblauen, langen Trainingshose steckt. Sein Gesicht muss mal jemand auseinandergenommen und falsch wieder zusammengesetzt haben. Alles scheint irgendwie schief und verrutscht, wie bei einem Boxer nach der zehnten Runde oder auf manchen Bildern von Picasso. Ein speckiger Scheitel teilt seinen Eierkopf in zwei ungleiche Hälften. Die kleinen Schweinsäuglein
hinter seiner klobigen, schwarzen Brille flitzen nervös hin und her und kommen nicht zur Ruhe. Rechts und links drückt er sich je einen Medizinball gegen die Hüften. Drei Kugeln nebeneinander.
    Zu Speckmann gibt es nicht viel zu sagen: brauner Trainingsanzug, sandfarbener Bürstenkopf, griesgrämiges Gesicht, stechender Blick. Trillerpfeife um den Hals, Stoppuhr in der Hand. Louis van Gaal in schmal.
    Â»Kein Grund zur Sorge, Männer«, beginnt Speckmann. »Wilfried und ich werden das Kind schon schaukeln.«
    Ich glaube, ich bin im falschen Film.
    Â»In zwei Tagen machen wir euch so fit, dass ihr die Japaner in Grund und Boden rennt, sie auseinandernehmt, ihnen die Bude vollhaut …«
    Â»Wo ist Andreas?«, unterbricht ihn Flo.
    Â»Ach, das wisst ihr noch gar nicht? Andreas ist im Krankenhaus.«

Freitag, einen Tag vor Turnierbeginn
    Verdammter Muskelkater. Mühsam schwinge ich meine bleischweren Beine aus dem Bett und stakse mit schmerzverzerrtem Gesicht ins Bad. Meine Augen sind geschwollen. Habe ich etwa geweint? Der gestrige Tag kommt mir vor wie ein böser Traum.
    Zuerst das ewige Warten auf dem Trainingsplatz, dann Speckmann und Wilfried, die wie aus heiterem Himmel mit ihrer Schrottkarre aufkreuzten und sich als unsere neuen Trainer ausgaben. Diese komische Geschichte von Andi, der vorgestern Abend im Vereinsheim wohl einen über den Durst getrunken hat. Angeblich ist er irgendwann vom Stuhl gekippt und einfach liegen geblieben. Wollte partout nicht mehr zu sich kommen, sodass Ernie hinterm Tresen schließlich nichts anderes übrig blieb, als den Notarzt zu rufen.
    Und jetzt liegt Andi im Krankenhaus und muss fürs Erste dort bleiben, weil’s ihm gar nicht gut geht. Sagt Speckmann. Vielleicht eine Lebensmittelvergiftung. Meint Wilfried. Oder die Schweinegrippe. Glaubt Benno. Aber warum man dann plötzlich bewusstlos wird, wusste er auch nicht.
    Als wäre das Ganze nicht schlimm genug, haben
Speckmann und Wilfried gestern noch ein Training aufgezogen, das mit Fußball so viel zu tun hat wie Kickers Vellbach mit der Champions League.
    Er wolle erst mal sehen, was wir konditionell so draufhaben, hat Speckmann erklärt und uns »zum
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