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11 Kicker und ein falsches Spiel

Titel: 11 Kicker und ein falsches Spiel
Autoren: Knut Krueger
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den Rest seines Nutellabrötchens in den Mund.
    Â»Ich weiß. Aber an meinen Vater komme ich im Moment einfach nicht ran. Der hat alle Hände voll mit der Organisation des Turniers zu tun. Die Argentinier haben Protest eingelegt, weil bei den Schweden angeblich ein Dreizehnjähriger mitgespielt hat. Außerdem sucht er händeringend nach Ersatz für zwei Schiris, die plötzlich krank geworden sind. Gestern hab ich’s drei Mal bei ihm versucht, und immer sagte er ›Später, Flo, später‹. Dann hing er den ganzen Abend am Telefon, und als ich heute Morgen aufgestanden bin, war er schon weg.«
    Â»Was sollen wir denn jetzt machen?«, frage ich verzweifelt.
    Â»Erst mal die Konkurrenz angucken«, antwortet Flo, während wir uns im allgemeinen Gedränge vorwärtsschieben. Der Sportpark platzt bereits aus allen Nähten. Auch der Parkplatz ist restlos überfüllt, doch die Volkssparkasse Vellbach hat in weiser Voraussicht die sogenannte Hundewiese auf der anderen Straßenseite zum Ausweichparkplatz umfunktioniert. Gegen den bescheidenen
Unkostenbeitrag von drei Euro darf man dort sein Fahrzeug abstellen, gegen den Spottpreis von fünf Euro sogar bis zum Abend.
    Â»Bin gespannt, was die Blumenberger so auf der Pfanne haben«, fügt Flo hinzu und stößt die Tür zum Klubhaus auf.
    Der Spielplan des heutigen Sonntags kündigt folgende Begegnungen an:
    Gruppe B
Gruppe D
Deutschland - Mexiko
Brasilien - Österreich
England - Elfenbeinküste
Spanien - Niederlande
    Die Partien der Gruppe B laufen bereits, als wir uns um zehn nach elf endlich bis zum Spielfeldrand von Platz 2 vorgekämpft haben. England gegen die Elfenbeinküste ist ein echtes Lokalderby, denn Holzhausen und Blumenberg liegen gerade mal zehn Kilometer voneinander entfernt. Die beiden Nachbarn schenken sich nichts, doch der Druck der Blumenberger wird immer größer, und vor allem die Kowalski-Brüder verbreiten im gegnerischen Strafraum Angst und Schrecken. Als Marek Kowalski eine Flanke seines Bruders per Seitfallzieher in den Winkel drischt, nicken wir stumm und sind beeindruckt. Benno brummt zwar, »den hätte Jaromir mit der Mütze gefangen«, aber daran glaubt er wohl selbst nicht.
    Die Blumenberger von der Elfenbeinküste scheinen jetzt ernst zu machen und belagern den gegnerischen Strafraum. Junge, Junge, bei denen läuft der Ball wie am
Schnürchen, denke ich und könnte vor Scham im Boden versinken, wenn ich an unseren Zeitlupenkick von gestern zurückdenke.
    Ein Angriff nach dem anderen rollt auf den Holzhauser Strafraum zu, deren Verteidiger sich verzweifelt in die Schüsse werfen. Ein abgefälschter Ball landet am Pfosten, den Nachschuss wehrt der Keeper auf der Linie ab. Kurz darauf klingelt es zum zweiten Mal im englischen Kasten, und als sich Roman Kowalski eine Minute später in die Luft schraubt und zum 3:0 für die Elfenbeinküste einnickt, ist der Käse gegessen und der weitere Spielverlauf vorgezeichnet: Die Blumenberger werden Kleinholz aus den Holzhausern machen, und wir wissen genau, welchem Gegner wir frühestens im Finale begegnen wollen.
    Finale … noch vor drei Tagen wäre ich jede Wette eingegangen, dass wir das Finale erreichen. Aber vor drei Tagen waren wir ja auch noch nicht diesem aufgeblasenen Kinderquäler mit der Trillerpfeife und seinem bekloppten Hütchenaufsteller mit der dicken Brille ausgesetzt. Vor drei Tagen war alles noch schön und richtig und gut. Unsere Vorfreude und unser Optimismus waren grenzenlos. Speckmann und Wilfried haben alles kaputt gemacht. Das werde ich ihnen nie verzeihen!
    Da wir von den Blumenbergern genug gesehen haben, drängeln wir uns weiter bis zu Platz 1, wo sich Deutschland und Mexiko ein ausgeglichenes Match liefern. Noch bevor wir uns einen freien Platz an der Seitenlinie erkämpft haben, höre ich zwei vertraute Stimmen, die »ihre« Mannschaft frenetisch anfeuern: »Venga chicos, a
por ellos!« 1 Paco und Pablo natürlich. Sie tragen mexikanische Nationaltrikots und hüpfen vor Begeisterung auf und ab. Als Pablo uns sieht, winkt er eifrig und ruft, wir sollen zu ihnen rüberkommen. Also Kopf wieder runter und weitergedrängelt.
    Inzwischen habe ich Benno und Flo aus den Augen verloren, die sich irgendwo ihre eigenen Weg bahnen. Als ich mich suchend nach ihnen umdrehe, stoße ich mit einem blonden Mädchen zusammen. Ihr Getränkebecher
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