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11 Kicker und ein falsches Spiel

Titel: 11 Kicker und ein falsches Spiel
Autoren: Knut Krueger
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murmelte.
    Zu Hause angekommen, trete ich mir im Gehen die Schuhe von den Füßen und hänge meine Jacke so nachlässig an den Haken, dass sie sofort auf dem Boden landet, aber ich hebe sie nicht auf. Stattdessen werfe ich meine Schultasche durch die geöffnete Tür auf mein Bett, stapfe ins Wohnzimmer und ziehe mir den Lexikon- band mit dem Buchstaben S aus dem Regal.
    Ich fange an zu blättern: Storchschnabelgewächse … Stoßstange … Stradivari . Blättere weiter: Styrax … sub- febril , subfossil … was für Wörter es gibt … Suchscheinwerfer , Sucht … Südafrika , na endlich!

    Ich lege mich auf den Bauch und vertiefe mich in den Artikel: Engl. Republic of South Africa. Afrikaans Republik van Suidafrika. Hauptstadt Pretoria. Staatsform: Präsidialrepublik mit föderativen Elementen. Na toll! Einwohnerzahl: 48 Millionen. Währung: Rand. Hä? Überwiegend Trockenvegetation, im Innern Dornsavanne. Blablabla. Die südliche Randabdachung , erfahre ich, ist durch die Kappketten und die Becken der Karru gegliedert . Ich werde langsam ungeduldig. Einer der führenden Anti-Apartheid-Kämpfer und von 1994 bis 1999 der erste schwarze Präsident des Landes war Nelson Mandela. Kommen die i rgendwann auch mal zum Wesentlichen? Wo sind die Spielorte? Werden die neuen Stadien rechtzeitig fertig? Aber nichts dergleichen, kein einziges Wort darüber. Enttäuscht klappe ich das bescheuerte Lexikon wieder zu und packe meine Trainingstasche.
    Wir haben mit Andi verabredet, dass heute und morgen noch mal ein Sondertraining stattfindet, damit am Samstag gegen die Japaner von der Post nichts, aber auch gar nichts anbrennt.
    Zehn Minuten später rolle ich durch die Hochhaussiedlung am Rennisberg, wo Jaromir auf mich wartet. Schon von Weitem sehe ich ihn in seinem Schlabbershirt am Wendekreis stehen. An seiner Hand baumelt die obligatorische Plastiktüte. Zu den vielen Dingen, die Jaromir nicht besitzt, gehören ein Fahrrad und eine Sporttasche. Eigentlich könnte er ja meine ausrangierte blaue Adidastasche haben, aber irgendwas hält mich davon ab, sie ihm anzubieten. Außerdem kann ich mir Jaromir ohne
seine Tüte gar nicht vorstellen, und vielleicht ist sie ja auch eine Art Glücksbringer oder so.
    Da wir inzwischen ein eingespieltes Team sind, machen wir High five, ohne dass ich deswegen absteigen müsste, worauf sich Jaromir auf meinen Gepäckträger schwingt und sich die Plastiktüte über die Schulter wirft. Meine Trainingstasche habe ich mir zwischen Bauch und Lenker geklemmt. Das Fahrrad wippt einmal auf und ab und gerät leicht ins Schlingern, bevor wir Fahrt aufnehmen und mit wehenden Haaren unserem WM-Vorbereitungstraining entgegensausen.
    Als wir eine Viertelstunde vor Trainingsbeginn durch das klapprige Eingangstor des Sportparks spazieren, schallt uns schon ausgelassenes Lachen und Rufen entgegen. Paco und Pablo, wer sonst. Die beiden rennen bereits wie aufgezogen über den Platz, spielen sich den Ball hin und her und feuern ihn mit voller Wucht ins leere Tor.
    Â»Kommt her, ich zeig euch meinen neuen Trick!«, ruft Paco, während er mit dem Ball an uns vorbeiflitzt. »Ich kann Übersteiger wie Cristiano Ronaldo.« Seine Beine wirbeln ein paar Mal in aberwitzigem Tempo um den Ball herum, bevor er über seine eigenen Füße stolpert, der Länge nach auf dem Rasen landet und in prustendes Lachen ausbricht.
    Pablo schnappt sich die Pille und drischt sie hoch in den Himmel. Woher die beiden ihre unerschöpfliche Energie nehmen, ist uns allen ein Rätsel. Wahrscheinlich schlafen sie nachts mit der Hand in der Steckdose.

    Nach und nach trudeln auch die anderen ein. Alle bis auf Andi. Zunächst machen wir uns noch ein bisschen warm, passen uns den Ball zu oder schlagen ein paar Flanken, doch schließlich lassen wir uns ins Gras sinken, stützen die Ellbogen auf und schauen uns fragend an. Jaromir lehnt gelangweilt am Pfosten, Flo sitzt auf dem Spielgerät und knabbert an einem Grashalm. Benno hat den Kopf zwischen die Beine gesteckt und brütet dumpf vor sich hin.
    Eine lähmende Stille hat sich breitgemacht.
    Michi und ich trotten zum hohen Maschendrahtzaun, um die Zufahrt zum Parkplatz im Auge zu behalten. Von Andis Motorrad keine Spur. Dafür rumpelt im nächsten Moment ein alter, grüner Mercedes um die Ecke, stößt eine stinkende Abgaswolke aus und hält direkt vor dem
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