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1099 - Der Werwolf und die Tänzerin

1099 - Der Werwolf und die Tänzerin

Titel: 1099 - Der Werwolf und die Tänzerin
Autoren: Jason Dark
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des Werwolf-Kopfs in einen realen Gegenstand. Das lag an der Tänzerin, die wirklich so perfekt mit dem Schatten kommunizierte, als wäre er tatsächlich vorhanden.
    Sie blieb auch nicht knien, sondern legte sich rücklings auf den Boden und streckte ihre Arme dem Schatten entgegen. Sie streichelte ihn, sie spielte mit ihm, und dabei geriet ihr Körper ebenfalls in Bewegung.
    Es war ein sanftes Gleiten über den Boden der Bühne hinweg. Die gesamte Szene entbehrte nicht einer gewissen Erotik. Ein Tanz des Menschen mit dem Schatten.
    Wir hörten die Frau stöhnen, aber auch das traf nicht so genau zu. Es war mehr ein leises Jaulen, in dem sich die Sehnsucht und auch die Lust vereinigten.
    Sie gab sich wie jemand, der sich in den Schatten eines Werwolfs verliebt hatte.
    Er goutierte es, denn wir hörten ihn.
    Seine Stimme glich keinem bösartigen Knurren oder Jaulen. Hohe Töne, fast wie auf einem Instrument gespielt, hüllten die liegende Frau ein, die diese Antwort sehr genoß. Beiden machte es Spaß, und beide ließen sich nicht stören. Sie boten uns innerhalb des hellen Lichtkreises eine schon einmalige Performance.
    »Was sagst du?« flüsterte ich Jane zu.
    »Das ist ganz einfach. Diese Frau hat sich nicht in einen Menschen, sondern in einen Werwolf verliebt.«
    »In seinen Schatten?«
    »Bestimmt nicht. Der Schatten ist echt, und derjenige, der ihn produziert hat, ebenfalls.«
    Ich schielte gegen die Decke, meinte aber den Schnürboden der Bühne. »Dann könnte er dort oben irgendwo stecken.«
    »Vielleicht.«
    »Willst du hin, John?«
    »Darauf wird es hinauslaufen.«
    Ich wußte nicht, was Jane noch sagen wollte, aber die Bühne nahm unsere Aufmerksamkeit wieder in Anspruch. Wir hörten einen lauten Schrei, der über die Sitzreihen hinweghallte und auch uns erreichte.
    Madeleine Bishop stand wieder. Der Schatten war weg. Sie wirkte innerhalb des Lichtkreises wie verloren. Jegliche Spannung war aus ihrem Körper gewichen. Jetzt wirkte sie wie eine deprimierte Frau, die etwas Liebes verloren hatte.
    Ich stieß Jane an. »Gehen wir?«
    »Und ob.«
    Eine Sekunde später stand sie schon auf ihren Beinen. Wir drückten uns durch die Reihe auf den Seiteneingang zu, um von dort aus die Bühne zu erreichen.
    Madeleine Bishop tat nichts. Sie stand mit gesenktem Kopf da wie eine arme Sünderin. Ein leises Geräusch war zu hören. Die Tänzerin weinte. Für sie war es schwer, über das Verschwinden des Werwolf-Schattens hinwegzukommen.
    Genau in dieser Situation erschienen Jane und ich…
    ***
    Die Tänzerin hatte uns wohl schon gehört, denn sie hatte den Kopf nach links gedreht und in den dunklen Zuschauerraum geschaut. Sie sah uns erst, als wir auf die Bühne kletterten und uns vor ihr aufrichteten. Ihr Erschrecken hielt sich in Grenzen. Sie trat nur einen kleinen Schritt zurück, blieb allerdings im Zentrum des Lichtkreises.
    Aus der Nähe sah sie erschöpft aus. Schweiß lag auf ihrem Gesicht. Wir hörten auch ihre kurzen und heftigen Atemstöße und sahen die Schweißflecken, die sich auf ihrem fleischfarbenen Trikot abmalten.
    »Was ist los? Wo kommen Sie her?«
    Ich hielt mich zurück und überließ Jane Collins das Reden. Von Frau zu Frau war das besser.
    »Wir haben Sie tanzen gesehen.«
    »Na und?«
    »Es war perfekt.«
    Madeleine hob die Arme und verschränkte sie vor ihrer Brust. »Ich tanze immer so.«
    »Ja, Sie sind gut.«
    »Was wollen Sie überhaupt hier? Wer hat Sie eingeladen? Das hier war keine öffentliche Vorstellung.«
    »Das wissen wir.«
    »Verschwinden Sie!«
    Jane Collins lächelte zwar, aber sie blieb hart. »Nein, wir werden so schnell nicht gehen, weil wir uns mit Ihnen unterhalten müssen. Sie waren ja nicht allein.«
    »Doch!« erklärte sie trotzig.
    »Und der Schatten?«
    »Welcher Schatten?«
    »Ein Tier, Madeleine. Es war der Schatten eines Tieres. Eines Wolfes, der sich auf dem Boden abmalte. Mein Freund und ich wissen, daß es ein sehr großer Wolf gewesen sein muß. Das konnten wir anhand der Schnauze schon erkennen.«
    Janes Worte hatten sie etwas verunsichert. Sie wirkte jetzt nervös. »Es war ein Spiel, nicht mehr und nicht weniger. Ich habe einen Tanz eingeübt.«
    »Mit einem Wolf?«
    »Nur ein Schatten.«
    »Der sich gemeldet hat. Wir haben das unheimliche Heulen und Jaulen gehört«, sagte Jane. »Wir glauben sogar, daß es ein bestimmter Wolf gewesen ist.«
    »Was denn?«
    »Das müßten Sie wissen.«
    Sie schüttelte den Kopf und sagte: »Gehen Sie jetzt. Ich werde das
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