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1098 - Das brennende Gesicht

1098 - Das brennende Gesicht

Titel: 1098 - Das brennende Gesicht
Autoren: Jason Dark
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Grinsen verzogen war. Hagere Wangen, eine kantige Nase und ein dunkler Bart, der wie Gestrüpp das Kinn umwucherte und sich an den Seiten bis zu den Ohren hin hochzog.
    »Wer ist das, Ole?«
    »Das ist Wazlaw, der Pirat.«
    »Irre, Wahnsinn…«
    »Hüte dich vor ihm.«
    »Ein Trick…«
    »Nein, es ist sein Geist. Es ist seine Rache, die er noch vor der Jahrtausendwende ausüben will. So hat er es damals versprochen. Und dieses Jahr hier ist seine allerletzte Gelegenheit. In zwölf Monaten ist es zu spät. Ich wußte es…«
    »Das ist doch…«
    Lachen. Scharf, böse, auch unheimlich. Es war plötzlich da und stand in der Luft. Der Pirat hatte seinen Mund weit aufgerissen. Die Zunge stach hervor und bewegte sich dabei wie der Klöppel einer Glocke.
    Jan Michels suchte nach irgendwelchen Lautsprechern, aus denen das Lachen hervorgedrungen sein konnte. Es gab keine. Das Lachen erreichte ihn auch nur von vorn.
    Das Gesicht lachte.
    Der Pirat lachte.
    In sein Lachen hinein klang die Stimme des Ole Gatz fast wie ein letztes Gebet vor der Hinrichtung. »Er wird all diejenigen holen, die sich schuldig gemacht haben. Und es sind damals viele gewesen. Die Insulaner sind verflucht…«
    Jan hatte jedes Wort verstanden. Er traute sich nicht, eine Frage zu stellen. Zugleich spürte er, daß mit dem Feuer etwas nicht stimmte. Es ging nicht nur um die Flammen allein, die sowieso schon ungewöhnlich waren, nein hier drängte sich ihm etwas von den Flammen her entgegen, mit dem er überfordert war.
    Stimme? War es eine Stimme? Er konnte es nicht sagen, aber er fühlte, wie er fremdbestimmt wurde. Jemand versuchte, ihn nahe an das Feuer zu locken.
    Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß ihn kein Rauch erreichte. Auch die Wärme ließ sich ertragen. Sie war sogar angenehm, wobei sie eigentlich längst zu einer nicht mehr erträglichen Hitze hätte werden müssen.
    Was stimmte hier nicht?
    Jan schüttelte den Kopf – und erschrak.
    Ole ging auf das Feuer zu. Er lächelte. Er hatte die Arme zu den Seiten hin ausgebreitet. Auf seinem Gesicht, das bereits rötlich angestrahlt wurde, lag ein schon seliges Lächeln. Wie unter Freuden schritt er dem eigenen Verderben entgegen.
    »Ole…!«
    Er hörte nicht.
    Jan schüttelte den Kopf. Wenn sein Freund noch drei Schritte weiterging, war es um ihn geschehen. Es hatte auch keinen Sinn mehr, ihn zu rufen. Er würde nichts hören oder hören wollen. Sein Freund Olestand untereinem völlig fremden Einfluß, der es geschafft hatte, seinen Willen auszuschalten.
    Sein Gesicht rötete sich immer stärker. Er mußte die Hitze einfach spüren. Er konnte nicht weitergehen, als wäre nichts vorhanden. Andere hätten geschrien und…
    Plötzlich riß der Faden bei Jan Michels. Er sprang nicht nur nach vorn, sondern auch über seinen eigenen Schatten hinweg. An die eigene Sicherheit dachte er nicht. Es war etwas schwer, auf der glatten Schneefläche zu starten, die seltsamerweise nicht um den brennenden Haufen herum angetaut war. Jan rutschte nach rechts hin ab, doch er konnte sich wieder fangen und jagte von der Seite her auf seinen Freund Ole Gatz zu. Er stoppte auch nicht, sondern rammte ihn einfach um.
    Für einen Moment spürte auch Jan Michels die Nähe des Feuers und damit die Hitze. Sie allerdings war eine andere als die eines normalen Feuers. Sie erwischte ihn zwar, doch nicht von außen, sondern – er konnte es kaum glauben - von innen.
    Es waren nur winzige Momente, in denen er dies wahrnahm. Der Brand hinter der Haut. Das harte und heiße Glühen, als sollte er von innen versengt werden, dann lagen beide im kalten Schnee, und Jan hielt seinen Freund fest. Er rollte sich mit ihm herum, weil er der Gefahrenzone entkommen wollte.
    Der schmale Feldweg, der zum Gehöft führte, war an seinem Ende etwas abschüssig. So rutschten beide Jungen über den glatten Schnee weiter, bis beinahe in den Graben hinein.
    Kurz davor stoppten sie.
    Jan lag auf Ole.
    Er schaute in das Gesicht seines Freundes, das überhaupt keinen richtigen Ausdruck besaß. Ole hielt die Augen weit offen, und in seinem Blick lag eine Starre, die Jan Michels noch nie bei einem Menschen gesehen hatte.
    Er wurde an einen Toten erinnert. Er glaubte auch, innerhalb der Pupillen letzte, kleine Flammenzungen tanzen zu sehen, was wohl auf einem Irrtum beruhte.
    Ole sprach nicht. Er atmete kaum. Erst als sich Jan hingekniet und in das andere Gesicht geschlagen hatte, zuckte Ole zusammen und kam wieder zu sich.
    »He, was ist?«
    Jan raufte
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