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1098 - Das brennende Gesicht

1098 - Das brennende Gesicht

Titel: 1098 - Das brennende Gesicht
Autoren: Jason Dark
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seine blonden Haare. »Was soll sein, verflucht? Du wärst beinahe in das Feuer gegangen. Du wolltest unbedingt an das Gesicht heran.«
    »Ge… Gesicht?«
    »Ja, im Feuer!«
    »Wo ist das Feuer?«
    Jan Michels drehte sich um und wollte dorthin zeigen, wo der Biikenhaufen noch glühen mußte.
    Er brannte nicht mehr. Er glühte auch nicht. Er stand da wie immer. Nichts war verkohlt, nichts war verbrannt.
    Der Junge schüttelte den Kopf. Mit mechanisch anmutenden Bewegungen stand er auf, ging einen Schritt zur Seite, stierte den Holzhaufen an und schüttelte den Kopf. Obwohl alles normal war, spürte er in dieser Zeit eine größere Furcht als in den Minuten, in denen das Unwahrscheinliche und Unerklärliche geschehen war.
    »Das gibt es doch nicht«, hauchte er.
    »Was denn?« fragte Ole, der sich in den Schnee gesetzt hatte.
    »Das Feuer ist weg.«
    »Wieso?«
    »Und das Gesicht auch.«
    Ole stand auf. »Welches Gesicht?«
    »Das im Feuer. Du hast es auch gesehen. Du… hast sogar einen Namen gesagt!« Jan schrie seinen Freund an. »Erinnerst du dich nicht daran, verflucht? Du hast ihn gekannt. Du hast von einem alten Piraten gesprochen. Er heißt Waklaw oder so ähnlich. Er will sich rächen. Er will alles verbrennen …«
    Ole hatte zugehört und schüttelte nur den Kopf. Für Jan war es zuviel des Guten. Er lief zu seinem Freund hin, umfaßte dessen Schultern und schüttelte ihn. »Verdammte Scheiße, Ole, sag endlich, was du gesehen hast! Gib es doch zu, verflucht. Sei nicht so stur. Warum willst du dich nicht erinnern?«
    »Ja… hmmm …«
    »Der Biikenhaufen hat gebrannt und geglüht. In seinem Innern, genau im Zentrum ist das Gesicht des Piraten erschienen, der sich rächen will. Klar?«
    »Es… es … gibt doch keine Piraten mehr.«
    »Toll, so schlau bin ich auch. Aber du hast von einem gesprochen, der schon lange tot ist. Schon Jahrhunderte. Und jetzt haben wir beide ihn gesehen. Wir beide. Mann, das ist Wahnsinn, den uns keiner glauben wird.«
    »Hilf mir hoch.«
    »Gern.« Jan zog seinen Freund wieder auf die Füße. Ole schaute ihn an. »Wir sind doch beide nicht besoffen – oder?«
    »Nein, nicht mal angetrunken.«
    »Und du behauptest, daß das Ding da gebrannt hat?«
    »Ja, das behaupte ich noch immer. Und ich behaupte auch, daß du bereit gewesen bist, in das Feuer hineinzugehen, um dich selbst zu verbrennen. Du bist wie ein Schlafwandler gegangen, Ole. Nichts hielt dich ab. Ich habe dich gerufen, dich angeschrieen, aber du hast einfach nicht hören wollen.«
    Ole grinste. Dann legte er seine Handfläche gegen Jans Stirn.
    »Hast du Fieber?«
    Jan schlug die Hand zur Seite. »Nein, ich bin gesünder als du!«
    »Hör auf mit dem Mist.«
    »Es ist wahr, verflucht. Es ist alles so passiert, wie ich es dir gesagt habe. Wir hätten längst zu Hause sein können, aber du hast hier angehalten. Warum wohl?«
    »Weil ich pinkeln mußte.«
    »Haha.«
    »Das tue ich auch jetzt!« Ole ging zur Seite und urinierte in den Graben.
    Jan verstand die Welt nicht mehr. Irgendwie war Ole von der Rolle, und er, Jan, war nicht mehr weit davon entfernt. Was hier vorgegangen war, durfte man normalerweise keinem erzählen, aber Jan wußte, daß es den Tatsachen entsprach. Er hatte sich nichts eingebildet. Dieser verfluchte Holzstoß hatte gebrannt, und er hatte auch das Gesicht des Piraten innerhalb der Flammen gesehen. Davon ließ er sich nicht abbringen. Da konnten die anderen sagen, was sie wollten, wenn er es ihnen erzählte.
    »Laß uns fahren«, sagte Ole, der den Reißverschluß seiner Hose hochzog.
    »Und was willst du zu Hause erzählen?«
    »Nichts. Sollte ich denn was sagen?«
    »Hahaha – du hast Nerven. Natürlich. Was hier passiert ist, das paßt in kein Schema. Das ist nicht zu begreifen. So etwas hätte es eigentlich nicht geben dürfen, aber es ist trotzdem passiert. Genau das erzähle mal jemand.«
    »Habe ich nicht vor.« Ole grinste schief. »Nur damit du beruhigt bist, Jan, komisch ist mir schon.«
    »Wie meinst du?«
    »Keine Ahnung«, sagte er und lachte. »Irgendwie schwitze ich, obwohl kein Grund vorhanden ist.«
    »Genau, dazu ist es zu kalt.«
    »Das kommt auch von innen. Da ist mir schon warm.« Er schüttelte den Kopf. »Seltsam…«
    »Können wir endlich fahren?«
    »Ja, du kommst schon früh genug ins Bett.«
    Daran hatte Jan nicht einmal gedacht. Er überlegte, ob er noch in dieser Nacht mit seinem Vater über den Vorfall reden würde. Peter Michels war Pastor. Er verwahrte auch die
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