Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1098 - Das brennende Gesicht

1098 - Das brennende Gesicht

Titel: 1098 - Das brennende Gesicht
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Besonderes.«
    Jan lachte. »Toll. Woran siehst du das? Daß man den Stoß mit Brettern eingefriedet hat und er noch nicht seine Teerkappe besitzt? Meinst du das?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Was also ist so wichtig?«
    Ole Gatz nickte dem Holzstoß aus Weihnachtsbaumresten entgegen. »Er wird bald brennen.«
    »Klar. Weiß ich auch. In zwei Tagen geht es los. Da haben wir den 21. Februar und…«
    »Nein, nicht in zwei Tagen, sondern schon heute.«
    »Dann kannst du nicht rechnen.«
    Ole winkte ab. »Wenn du denkst, daß ich mit dem Gedanken spiele, ihn anzuzünden, irrst du dich. Ich weiß, daß er brennen wird. Ich weiß auch, daß wir brennen werden. Da ist etwas, Jan. Ich spüre es. Ein Feuer, das plötzlich da ist.«
    Michels mußte lachen. »So aus dem Nichts? Meinst du das vielleicht?«
    »Ja.«
    Jan atmete tief durch. Er zwang sich zur Ruhe. Bisher hatte er Oles Gedanken und Taten irgendwo immer nachvollziehen können, das war jetzt vorbei. Er faßte sich an den Kopf. Er konnte nicht begreifen, was sein Kumpel damit meinte. Der war sonst nicht so. Zumindest nicht so ernst wie in dieser Nacht. Dabei war sie nicht anders als sonst. Vielleicht ein wenig windstiller, das war auch alles.
    »Wieso spürst du das Feuer?«
    Ole ging nicht auf die Frage ein. Zumindest nicht direkt. »Das ist nicht normal.«
    »Was?«
    »Merkst du denn nichts?«
    »Nein, verdammt!«
    Ole bewegte seinen Kopf. Er schaute zu Boden, aber auch nach vorn und zum Himmel. »Es wird kommen, Jan, das verspreche ich dir. Das Feuer ist unterwegs. Niemand braucht es anzuzünden. Es ist die Rache, die alte Rache. Lange genug hat es gedauert, aber jetzt ist Schluß damit. Frag deinen Vater, Jan.«
    »He, der ist Pfarrer.«
    »Klar- eben.«
    »Du spinnst.«
    »Nein, Jan, frag deinen Vater. Er weiß es. Er muß es wissen. Und dieser Paul Puchheim hat es auch gewußt.«
    »Wer ist das denn schon wieder?«
    »Der Mann, der sich hier auf der Insel herumgetrieben und alle möglichen Leute befragt hat.«
    »Der Sagenforscher?«
    »Genau der.«
    »Was hat der mit meinem Vater zu tun?« erkundigte sich Jan Michels verwundert.
    »Frag ihn.«
    »Das werde ich auch. Aber nicht jetzt. Ich habe keine Lust mehr, hier weiter vor dem Haufen zu stehen. Ich will weg. Ich bin sauer. Ich bin müde. Ich will in mein Bett.«
    »Kannst du auch. Aber später. Erst mußt du sehen, was hier passiert, Jan.«
    »Gar nichts.« Er trat wütend in den Schnee. »Das hier ist ein Biikenhaufen. Er besteht aus Reisig. Aus alten Tannen und aus alten Fichten. Nadelgehölz, das in zwei Tagen besonders gut brennen soll. Was erzählst du mir da für einen Mist?«
    »Ich rede von einer alten Rache. Die hat auch Pucheim gespürt. Er hat mit mir darüber gesprochen. Nicht alles, was Jahrhunderte zurückliegt, ist vergessen.«
    Jan prustete die Luft aus. »Jetzt laberst du wie ein besoffener Sailor.«
    Ole gab ihm keine Antwort mehr. Er benahm sich seltsam. Er streckte die Arme dem eingezäunten Holzstoß entgegen und spreizte seine Hände.
    Jan schüttelte den Kopf. Er fand das Benehmen seines Freundes immer komischer. Der kam ihm vor wie ein Magier vor dem großen Auftritt, bei dem die Zuschauer auf den Arm genommen wurden.
    Ole ging auf den Holzstoß zu. Er flüsterte vor sich hin. Er schüttelte den Kopf und blieb plötzlich stehen. »Es ist da, Jan, es ist da. Verdammt, ich spüre es.«
    »Was denn?«
    »Die Hitze, das Feuer!«
    Jan Michels konnte nicht mehr an sich halten. Er riß den Mund auf und lachte. Nur sehr kurz, obwohl er vorhatte, seinen Freund richtig auszulachen. Das mißlang gründlich. Schon nach wenigen Sekunden verstummte das Lachen, denn auch er hatte etwas gespürt, das überhaupt nicht in diese kalte Winternacht hineinpaßte.
    Es war die Wärme. Er trug keine Handschuhe und merkte, daß die Wärme über seine Finger strich. Hätte ein Heizofen hier gestanden, wäre ihm alles begreiflich gewesen, so aber schüttelte er verwundert den Kopf und wollte Ole ansprechen.
    Der aber stand wie erstarrt vor dem Biikenhaufen und war noch näher an ihn herangetreten. Er sah aus wie unter Trance stehend. Er hielt den Mund offen und saugte die kalte Luft ein. »Gleich«, flüsterte er, »gleich passiert es…«
    »Was passiert?«
    »Das Feuer…«
    Jan Michels grinste nicht einmal mehr. Er trat neben Ole, weil er den Drang verspürte, ihn beschützen zu müssen. Doch sein Freund hatte recht. Es gab die Veränderung. Die Luft war längst nicht mehr so kalt. Etwas Warmes strömte ihnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher