Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1092 - Der Vampirengel

1092 - Der Vampirengel

Titel: 1092 - Der Vampirengel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
nach unten gerichtet wie der einer Eule, die nach Nahrung sucht.
    Dann der Fall.
    Nur über eine knappe Distanz. Senkrecht, aber er wurde genau dort abgebremst, wohin die ersten Arme des Baumes griffen. Von der Höhe aus hatte die Gestalt bereits die Lücke gesehen. Ohne viel Astwerk zur Seite biegen zu müssen, schaffte sie es, sich einen Platz im Zweigwerk des Baumes auszusuchen. An den nassen Armen rutschte sie durch die Baumkrone tiefer. Jetzt störte es sie auch nicht, daß ihr einige Zweige ins Gesicht peitschten. Rechtzeitig genug zog sie ihren Kopf ein, griff immer wieder zielsicher mit den Händen nach und fand auf diese Weise sicheren Halt. Sie trug auch keine Schuhe. Als nacktes Wesen mit angelegten Flügeln kletterte sie durch den Baum, bis sie eine richtige Stelle gefunden hatte. Eine für sie perfekt gebogene Astgabel, in die sie sich niederlassen konnte. Sie setzte sich so hin, daß sie Dagmar und auch Harry genau beobachten konnte.
    Stahl lachte leise. »Die Gestalt ist lebensmüde«, flüsterte er.
    »Wieso?«
    »Die pflücke ich mit einer geweihten Silberkugel ab.«
    Dagmar saugte scharf die Luft ein. »Ich bezweifle, daß du dazu in der Lage sein wirst.«
    »Ach. Und warum nicht?«
    »Weil sie so dumm nicht ist.«
    »Trotzdem.« Harry entsicherte die Waffe. »Das hätte ich schon viel eher tun sollen.«
    Er hob den Arm, aber Dagmar legte ihm die Hand darauf und drückte ihn nach unten. »Nein, laß es noch!«
    »Warum denn?«
    Sie zuckte die Achseln. »Irgend etwas ist anders geworden…«
    Stahl warf ihr einen besorgten Blick zu. Er sah, daß sie die Stirn gerunzelt hatte. »Kannst du mir dein Verhalten auch erklären?« flüsterte er.
    »Nein, nicht so, daß du es richtig begreifen kannst, Harry. Es ist etwas zwischen ihr und mir. Ein Band hat sich plötzlich aufgebaut. Ich spüre, daß sie mit mir Verbindung aufnehmen will. Es kommt mir vor wie in den Nächten.«
    »Verbindung?«
    »Ja«, sagte sie stöhnend. »Ich weiß, es ist schwer zu glauben, aber es stimmt.«
    »Wie siehst du die Verbindung? Positiv? Negativ? Will sie dein Blut trinken?«
    Dagmar schüttelte den Kopf und erwiderte: »Seltsamerweise nicht«, gab sie zu. »Da ist nichts Feindliches zu spüren. Ich wundere mich selbst darüber.«
    »Was kannst du dann sagen?«
    »Wie immer du mich auch fragst, Harry, es ist kaum zu beantworten. Wenn ich jetzt sage, daß wir auf einer Wellenlänge funken, wirst du mich für verrückt halten.«
    »Worauf du dich verlassen kannst. Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß ein Vampir und du die gleiche Wellenlänge haben. Da komme ich nicht mit.«
    »Davon kann man auch nicht reden. Aber so ähnlich ist es schon. Sie will etwas von mir.«
    »Dein Blut!«
    »Nein, Harry, dann hätte sie angegriffen. Wenn ich dir jetzt etwas sage, halte mich nicht für durchgedreht, aber ich möchte gern mit diesem Wesen reden.«
    »Dann sprich es an.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht so, auf meine Weise. Du weißt, wovon ich rede.«
    Sie brauchte ihm nicht mehr zu sagen, er schaute auch so auf ihre Stirn. In bestimmten Situationen drang das dritte Auge der Psychonauten so durch, daß es sichtbar war. In diesem Fall war es noch nicht zu sehen, aber Stahl sah, wie sich ein Teil der Stirn bewegte. Da zuckte die Haut hin und her, wie von unsichtbaren Fingern leicht verschoben. Das Auge war dabei, sich zu melden oder zu zeigen.
    »Kommt es, Dagmar?«
    »Bitte, Harry, laß mich jetzt in Ruhe. Ich werde dir später alles sagen. Ich muß mich jetzt um den Vampirengel kümmern.« Sie ließ ihn einfach stehen und ging zwei Schritte nach vorn.
    Harry Stahl liebte seine Partnerin. So nahm er auch ihre Herkunft in Kauf. Doch er begriff nicht, daß sie sich manchmal so seltsam verhielt und das normale Leben vergaß. Dann schien sie nicht mehr zu wissen, daß sie nicht nur Partner waren, sondern auch Kollegen, die für die Regierung arbeiteten und dabei so etwas wie eine Sondergruppe bildeten, die sich auf nicht erklärbare Vorgänge und Fälle spezialisiert hatte. Sie waren das deutsche Pendant zum Sinclair-Team auf der Insel.
    Er blickte jetzt auf ihren Rücken. Dagmars Arme hingen zu beiden Seiten des Körpers herab. Sie wirkte locker und keineswegs angespannt. Niemand stand so wie sie einem Blutsauger gegenüber.
    Harry ahnte, daß es einen Grund dafür gab. Die nackte Vampirin blieb dort hocken, wo sie sich hingesetzt hatte. Harry Stahl war uninteressant geworden, sie hatte nur Augen für Dagmar.
    Und sie schaute
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher