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1092 - Der Vampirengel

1092 - Der Vampirengel

Titel: 1092 - Der Vampirengel
Autoren: Jason Dark
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Rändern. Die Mitte war frei, und ihre dicken Sohlen drückten auf Steine oder traten in kleine Pfützen hinein.
    Sie waren von einer schweigenden Welt umgeben. Keine Stimmen, keine Geräusche, die sie mißtrauisch gemacht hätte, selbst der Wind hielt sich zurück und schüttelte keine Bäume durch.
    Trotzdem war Harry mehr auf der Hut als Dagmar. Sie konzentrierte sich mehr auf die Gehrichtung, während er sich des öfteren umschaute, weil er sich irgendwie beobachtet fühlte.
    In den Büschen und geschützt durch Baumstämme schienen tausend Augen zu lauern. Der Himmel war wie eine dunkle Wand, auf die sich träge Wolken gelegt hatten.
    Vögel flogen keine durch das Gelände, und die Gräber mit ihren verschiedenen Steinen und Figuren war die stummen Zeugen, die ihren Weg begleiteten.
    Die Temperaturen lagen knapp über der Frostgrenze. Der Atem dampfte vor den Lippen. Manchmal fielen Tropfen von den nassen Zweigen der Bäume herab und landeten auf ihrer Kleidung.
    Es war eine düstere Ecke des Friedhofs, durch die sie schritten. Kein Licht, auch kein künstliches, begleitete ihren Weg. Manch hohe Grabsteine wurden von der Dunkelheit verändert und kamen ihnen vor wie Tiere, die auf dem Sprung standen, um plötzlich angreifen zu können.
    Dagmar, die einen Schritt vorging, drehte den Kopf. »Ich weiß gar nicht, was du willst, Harry, es geht doch alles glatt.«
    »Noch«, sagte er.
    Sie schüttelte den Kopf, blieb stehen und sagte: »Ich weiß nicht, was mit dir los ist. So kenne ich dich nicht. Du bist sonst nicht so ängstlich.«
    »Stimmt.«
    »Und was hast du heute?«
    »Kann ich dir schlecht sagen.«
    »Unsinn, raus damit!«
    »Ich habe einfach ein komisches Gefühl. Es ist so, als würden wir vor einem schweren Stein stehen, um ihn aufzuheben. Aber wir schaffen es nicht, denn wir verheben uns, und das genau bedrückt mich. Da braut sich Unheil zusammen.«
    Obwohl Dagmar danach zumute war, lachte sie nicht und sagte nur: »Denk daran, was wir schon alles hinter uns haben, Harry. Da kann uns doch so etwas nicht aus der Bahn werfen.«
    Er nickte. »Ich weiß. Vielleicht bilde ich mir auch nur etwas ein.«
    »Bestimmt.«
    Sie gingen nicht mehr so schnell weiter wie zu Beginn. Mittlerweile waren sie im Ostteil des Friedhofs angelangt. Hier irgendwo würden sie den ungewöhnlichen Grabstein finden, und dazu brauchten sie Licht.
    Dagmar war stehengeblieben und holte aus der rechten Jackentasche eine Stableuchte hervor. Gräber gab es genug in ihrer Nähe. Auch Buschwerk, daß ihnen einen großen Teil der Sicht nahm. So mußte sich der Strahl erst durch die Lücken tasten, um an die Ziele zu gelangen. Der Lichtkegel huschte über die Steine hinweg, die mal grau schimmerten, dann wieder einen leicht grünlichen Glanz abgaben und manchmal so aussahen wie Fragmente, die einer unterirdischen Totenwelt entstiegen waren, um die Lebenden zu beglücken.
    Sie sahen Figuren, die engelhaft schön waren, so daß sie kitschig wirkten. Auf der anderen Seite gab es moderne Grabsteine, einfach, geometrische Formen, mal rein quadratisch, mal rechteckig. Mit eingravierten Namen, so daß sich jeder Besucher daran erinnern mußte, daß jeder Stein ein menschliches Schicksal aufzeigte.
    Die Wege hier waren schmal geworden und glichen beinahe einem Labyrinth. Mit der Spürnase eines Suchhundes ging Dagmar vor. Sie folgte dem bleichen Schein der Lampe, deren Lichtkegel wie ein kleiner Mond über den Boden hüpfte.
    Nasse Erde, altes Laub. Zweige, die fächerförmig zu beiden Seiten hin wuchsen und an den Hosenbeinen der beiden kratzten. Und immer wieder konnten sie das Astwerk der Bäume über sich sehen.
    Alter Bewuchs, der den neuen Pflanzen keine Chancen ließ, hochzukommen.
    Dagmar blieb stehen. Sie senkte die Hand mit der Lampe. »Hier muß es irgendwo sein, Harry. Wir sind jedenfalls nicht mehr weit davon entfernt.«
    »Du bist der Boß.«
    »Ha, hört sich gut an.«
    »Was spürst du denn? Ist es wie in deinen Träumen, als man dich hierher rief?«
    »Nein - anders. Dichter, aber nicht intensiv. Eigentlich gar nicht, Harry. Ich habe einfach das Gefühl, etwas zu wissen, wenn du verstehst. Mir ist klar, daß wir nicht weit entfernt sind. Das steht für mich fest. Wir müssen jetzt die Augen aufhalten.«
    »Kannst du den Grabstein nicht näher beschreiben?«
    »Er stellt einen Engel dar.«
    Harry zuckte mit den Schultern. »Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich davon schon einige gesehen.«
    »Ja, ich weiß, und ich ja auch. Aber er
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