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1081 - Die Mutprobe

1081 - Die Mutprobe

Titel: 1081 - Die Mutprobe
Autoren: Jason Dark
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sich durchaus noch auf dem Friedhof aufhalten. Stellte sich nur die Frage, ob sie tot oder lebendig war. Ihre Chancen, das hier lebend zu überstehen, waren wirklich nicht gut.
    Für uns war wichtig, darüber Klarheit zu bekommen und auch diesen verdammten Pretorius zu stellen.
    Es wehte ein leichter Wind, der auch den Gehängten erfaßte. Kein Autor konnte sich eine schaurigere Kulisse ausdenken und auch kein Regisseur. Die Wirklichkeit übertraf alles. Den baumelnden und schwingenden Körper, die dünnen Nebelstreifen, die ihn umwoben wie Spinnweben. Der dunkle Untergrund des alten Friedhofs und die sich hinter dem Tor schwach abzeichnenden Grabsteine.
    Hinzu kam die Stille.
    Es gab keine fremden Laute. Keine Stimmen, kein Schrei. Genau diese Totenruhe paßte zu der Umgebung.
    »Geh du vor, John, ich bleibe hier bei unserem Freund und decke dir den Rücken«, sagte Suko.
    »Er wird euch holen! Er wird euch in das Tal des Todes ziehen. Das ist gewiß.«
    Ich kümmerte mich nicht um die W orte und das Kichern des Studenten. Leise und trotzdem mit zügigen Schritten ging ich auf das Steintor zu. Milena blieb an meiner Seite und sprach davon, daß Pretorius vernichtet werden mußte.
    Da gab ich ihr recht. Zunächst mußten wir ihn finden. Der Totenacker bot unzählige Verstecke.
    Neben dem Gehängten blieb ich stehen. Sein Gesicht sah schlimm aus. Die Leiden eines qualvoll erlittenen Todes zeichneten sich noch auf seinen Zügen ab. Der Mund stand offen, ich sah auch die Zunge wie einen dunklen Klumpen hervorragen.
    »Furchtbar«, flüsterte Milena. »Er ist hier, Mr. Sinclair. Er ist hier. Ich spüre ihn.« Die kleine Frau drehte sich auf der Stelle. Dabei hielt sie ihre Arme etwas vorgestreckt. Sie bewegte auch die Finger wie Sensoren hin und her.
    Die Chancen, den Hexenjäger rasch zu finden, waren mehr als gering. Es war einfach zu dunkel, und wir würden unsere Lampen einsetzen müssen. Ich wollte Milena Kovac etwas fragen, aber Mike Warner kam mir mit seiner Bemerkung zuvor.
    »Er ist hier. Er wartet auf uns. Ich spüre ihn.« Seine Stimme hatte einen anderen Klang angenommen. Man konnte ihn als dumpf oder drohend ansehen. Die Augen glänzten. Möglicherweise war es die Vorfreude auf das Zusammentreffen mit ihm.
    Ich kümmerte mich nicht um sein Gerede. Zudem war er bei Suko gut aufgehoben, denn mein Freund hielt ihn trotz der Handschellen sicherheitshalber noch am Arm fest. »Sie, Milena, kennen den Friedhof. Das haben Sie zumindest gesagt.«
    »Natürlich.«
    »Wissen Sie auch, wo wir sein Grab finden können?«
    Sie schaute zu mir hoch. Ich sah den ernsten Ausdruck auf ihrem Gesicht und hörte die Antwort.
    »Darauf habe ich gewartet, Mr. Sinclair. Ja, ich weiß, wo wir hinmüssen.«
    »Gut, dann kommen Sie…«
    ***
    Mandy Mannox wußte nicht, was sie in diesen schrecklichen Augenblicken denken sollte. Sie war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber es brachte auch nichts, wenn sie jetzt daran dachte, welche Fehler Ruben und sie begangen hatten. Sie hatten sich in diese Lage hineinmanövriert und mußten damit zurechtkommen.
    Am schlimmsten war es, daß sie sich selbst nicht bewegen konnte. Sie kniete auf dem Boden und kam sich wie angenagelt vor. Es fehlte ihr einfach die innere Kraft, sich zu erheben und vielleicht wegzulaufen. So blieb sie wie eine einsame Büßerin auf dem Boden knien und starrte dieser schaurigen Gestalt entgegen, die näher und näher kam.
    Für sie war es schwer, in der Dunkelheit etwas Genaues zu sehen. Sie machte sich auch keine Gedanken darüber, ob er nun tot oder ein lebender Toter war, was es ja auch geben sollte. Sie sah nur ihn, und er wurde mit jedem Schritt, den er zurücklegte, größer.
    Von seiner Gestalt sah sie nicht viel. Fast alles wurde von der Kutte verdeckt, und sein Gesicht verschwamm in diesem Ausschnitt der vorderen Seite der Kapuze.
    Aber die Hände waren wichtig. Sie schauten aus den Ärmellöchern hervor, und als Hände konnten sie kaum bezeichnet werden. Klauen, das waren nichts anderes als Klauen. Dunkel, vielleicht sogar schwarz, und mit langen Nägeln versehen.
    Bei jedem Schritt bewegte sich der Kapuzenstoff. Er warf Falten, er schwang hin und her. Er reichte bis zu den Füßen hinab, als wollte der Saum den Boden fegen.
    Und hinter ihm schaukelte der Gehängte. Das Bild konnte nicht schlimmer sein, und das Schlimmste für sie daran war, daß sie keinen Alptraum erlebte.
    Alles, was sie hier durchlitt, war echt.
    Geboren aus einer
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