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1081 - Die Mutprobe

1081 - Die Mutprobe

Titel: 1081 - Die Mutprobe
Autoren: Jason Dark
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Zeit geblieben, um die Augen zu schließen.«
    »Habt ihr geschluckt?«
    Ich tippte gegen meine Stirn. »Hirnie. Im Krankenhaus, wie?«
    »Hätte ja sein können.«
    »Vergiß es.«
    In der offenen Tür erschien eine kleine, rundliche Gestalt, die ihr Haar hochgekämmt und dann zu einem Dutt zusammengeknotet hatte. Es war Milena Kovac, die starken Kaffee und auch Tee zubereitet hatte. Die beiden Kannen und die Tassen standen auf einem Tablett, das sie vorsichtig auf den runden Tisch stellte, und zwar so, daß die Augen der ausgestopften Katze das Geschirr funkelnd anglotzten.
    »Das ist aber nett von Ihnen«, sagte Suko, »daß Sie sich diese Mühe mit uns machen.«
    »Ich bitte Sie. Dazu fühle ich mich verpflichtet. Schließlich sind Sie gekommen, und dann noch zu zweit. Das rechne ich mir wirklich als eine große Ehre an.« Sie sprach schnell, fast ohne Luft zu holen, aber auch leise. Ihr Gesicht erinnerte mich an einen großen Apfel, der alt geworden war und Runzeln bekommen hatte. Das kleine Kinn stand trotzig vor, die Wangen zuckten immer dann, wenn sie lächelte, und ihr Alter schätzte ich auf gute Siebzig.
    Es stimmte, wir waren zu zweit gekommen. Ich hatte Sukos Drängen nachgegeben, denn er war es gewesen, der diesen Fall praktisch angerissen hatte.
    Als der Tee und der Kaffee in die Tassen gefüllt worden war, stellte ich der Frau eine Frage: »Und Sie sind sicher, daß in dieser Nacht etwas passieren wird?«
    »Ja, das bin ich. Sonst hätte ich Ihnen nicht Bescheid gegeben. Ich weiß ja, wer Sie sind. Es spricht sich eben herum, wenn man so lange im Geschäft ist wie Sie beide. Da weiß man als aufmerksamer Mensch schon, an wen man sich zu wenden hat. Das können Sie mir glauben. Sie sitzen nicht zum Spaß hier, obwohl Sie anders denken, Mr. Sinclair.«
    »Ich? Wie kommen Sie darauf?«
    »Das spüre ich.«
    Ich hob die Schultern an. »Nun ja, ich bin eben ein Mensch, der immer etwas Konkretes braucht, wenn Sie verstehen. Bisher ist ja nichts passiert, denke ich.«
    »Da haben Sie recht. Aber es wird etwas passieren. Das Böse ist unterwegs. Es hat gemerkt, daß ich ihm auf die Spur gekommen bin.« Sie drehte Suko den Kopf zu. »Stimmt es?«
    Mein Freund, der soeben einen Schluck Tee getrunken hatte, ließ die Tasse langsam sinken. »Ja, das kann man sagen. Sie sind mir von einem Bekannten empfohlen worden.«
    Ich mußte innerlich grinsen. Bekannter war gut. Einer von Sukos zahlreichen »Vettern« hatte ihn auf die Spur der Frau gebracht. Milena war jemand, die mit diesem Vetter zusammenarbeitete. Beide bewegten sich dabei auf einem Gebiet mit schwankendem Boden, denn sie verdienten ihr Geld als Zukunftsseher und als Menschen, die so etwas wie lebende Wünschelruten waren, weil sie herausfinden konnten, wo sich das Böse verborgen hielt. Da mußte Milena etwas Urböses gefunden haben, das sich immer mehr vordrängte. Auf ihre Weise hatte sie schon Kontakt zu ihm gehabt und unter großen Angstzuständen gelitten. Sie wußte, daß etwas unterwegs war, und sie wußte auch, daß dieses Böse sie gefunden hatte. Um es im Klartext zu sagen: sie fürchtete um ihr Leben und wollte es schützen, indem sie uns quasi als Leibwächter engagiert hatte.
    Wenn Suko von einem seiner Landsleute dermaßen intensiv angesprochen wurde, dann konnte er sich den Wünschen nicht entziehen. Er hatte es auch geschafft, mich mitzunehmen, und so warteten wir darauf, daß sich in dieser Nacht das Böse zeigte - wie immer es auch aussehen mochte.
    Milena Kovac lebte südöstlich von London in einer einsamen Gegend, die zur Provinz West Sussex gehörte. Hier gab es keine größeren Städte, nur Landschaft, in der man sich auch erholen konnte.
    Das alte Haus, mehr schon eine Kate, hatte sie günstig erworben, und es paßte auch zu ihr. Es duckte sich zur Straße hin in eine kleine Mulde hinein, so daß nur das Dach und ein Teil der oberen Etage von der Fahrbahn aus zu sehen waren. Eine weiße Steinmauer umgab das Grundstück, und die blieb auch weiß, denn sie wurde jedes Jahr frisch gestrichen. Ansonsten war noch ein verwilderter Garten vorhanden, hinter dem das Feld begann. Mehr hatten wir auch nicht gesehen, und es war auch nicht nötig, daß wir unsere Runden drehten.
    So einsam Milena auch wohnen mochte, in gewissen Kreisen war sie schon bekannt. Sie hatte Kunden aus London, Brighton und anderen Städten. Sie kamen zu ihr, um sich beraten zu lassen. Ein Blick in die Zukunft vielleicht. Ein Tip, ob die Zeit gut für gewisse
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