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1065 - Die Blutquellen

1065 - Die Blutquellen

Titel: 1065 - Die Blutquellen
Autoren: Jason Dark
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Überraschung stellte er zurück, um sich wieder auf die Umgebung konzentrieren zu können.
    Das Plätschern der Blutquelle kam ihm jetzt lauter vor als beim erstenmal. Er schaute hin, sah sie auch, aber in der nächsten Sekunde blieb sein Mund vor Überraschung offen, denn es gab nicht nur die eine Quelle in der Nähe.
    Nicht weit entfernt entdeckte er eine zweite, dritte und auch vierte Quelle. Aus ihnen drückten sich ebenfalls die dunklen Fontänen in die Höhe. Der gesamte Boden in seiner Umgebung war mit diesen Blutquellen besetzt. Überall stieg die Flüssigkeit hervor und fiel wieder zurück, wenn sie den höchsten Punkt erreicht hatte.
    Die ersten Rinnsale oder kleinen Bäche hatten sich gebildet. Sie überzogen den Boden wie ein fließendes und dunkles Aderwerk, verteilten sich und legten so etwas wie ein Spinnenmuster an.
    Walter drehte den Kopf mal nach rechts, dann nach links. Blutquellen, wohin er auch schaute. Es war der blanke Wahnsinn und nicht mehr zu erklären. Damit hätte er nicht gerechnet. Er hatte sich in dieser Nacht schon auf etwas vorbereitet, doch daß überall aus der Erde Blut oder eine verwandte Flüssigkeit strömen würde, das wollte ihm auch jetzt nicht in den Sinn und war ihm unbegreiflich.
    Sehr lange blieb er in seiner steifen Haltung nicht mehr sitzen. Als er sich bewegte, da schossen auch die Überlegungen und Gedanken in ihm hoch. Er war allein. Wenn er jemand anderem diese Geschichte erzählte, würde man ihm nicht glauben. Selbst sein Kollege Bill Conolly würde zu Recht skeptisch sein.
    In seiner rechten Tasche steckte ein kleines Glasröhrchen. Er hatte es nicht bewußt mitgenommen.
    Normalerweise befanden sich seine Kreislauftabletten darin. Auch jetzt waren noch zwei davon vorhanden. Die brauchte er nicht. In seinem Zimmer, das er in Glastonbury gemietet hatte, befand sich Nachschub.
    Walter holte das Röhrchen hervor. Normalerweise waren die Tabletten eingeschweißt, aber er löste sie stets aus der Verpackung, um sie in die Glasröhre umzufüllen.
    Den Stopfen zog er hervor. Dann bückte er sich und sah aus nächster Nähe, wie das Blut plätschernd an ihm vorbeifloß und schon seine Schuhe umspülte.
    Egal, wo er die Röhre ansetzte, die Flüssigkeit würde in die Öffnung hineinrinnen, und es war überhaupt kein Problem für ihn, das kleine Gefäß zu füllen.
    Danach drückte er den kleinen Gummistopfen auf die Öffnung und fühlte sich besser. Jetzt hatte er den Beweis. Keiner würde ihn für einen Spinner halten.
    Blut aus der Erde!
    Wo gab es so etwas?
    Walter Wing wußte es besser. Er kannte jetzt den verhexten, verwunschenen und auch geheimnisvollen Ort in der Nähe des Tors zu Avalon. Hier war alles anders. Hier konnte nichts mehr mit den normalen Maßstäben gemessen werden, in diesem Gebiet hatte die uralte Vergangenheit die Führung übernommen.
    Walter Wing wollte zurück nach Glastonbury in sein kleines Zimmer. Dort hatte er noch etwas zu tun. Er war oft ein Mann schneller Entschlüsse, auch jetzt. Er wollte das Röhrchen verpacken und noch in dieser Nacht in den Briefkasten werfen, denn die Botschaft mußte auf dem schnellsten Weg Bill Conolly erreichen. Zwar wurde der Kasten erst am nächsten Tag geleert, aber sicher war sicher, denn wer wußte schon, was in diesen Stunden noch alles passierte?
    Wing ging lieber auf Nummer Sicher. Das hatte ihn in seinem Leben schon öfter vor Schaden bewahrt.
    Er stand auf. Er hatte ziemlich lange gesessen und war entsprechend steif geworden. Als er die ersten Schritte setzte, klatschte es unter seinen Füßen, denn er war in die kleinen Blutlachen und Rinnsale getreten.
    Wing blieb noch einmal stehen. Es war ihm noch immer unbegreiflich, was er da mit eigenen Augen sah. Überall schossen kleine Fontänen aus dem Boden. Gurgelnd, klatschend. Manche armhoch, andere wieder kleiner und dünner, aber sie verteilten sich auf dem Untergrund. Ein verzweigtes Mauerwerk aus fließenden, schimmernden und dunklen Adern, umfloß ihn und fand seinen Weg auch weiter, eben bedingt durch eine leichte Schräge. Wo sie mündeten, war nicht zu sehen. In Wings Vorstellung baute sich ein Blutsee auf, der all diese Rinnsale aufnahm. Allerdings konnte er sich auch vorstellen, daß sie auf ihrem Weg irgendwann versickerten und wieder so in das Erdreich eintauchten, aus dem sie entsprungen waren.
    Etwas war da. Das wußte er. Die Erde brodelte. Unheimliche Dinge spielten sich in der Tiefe ab, die von keinem menschlichen Blick durchdrungen
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