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1062 - Und abends kommt der böse Mann

1062 - Und abends kommt der böse Mann

Titel: 1062 - Und abends kommt der böse Mann
Autoren: Jason Dark
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Turner murmelte einen Fluch, während Pete die Schultern hob. Er deutete so seine Ratlosigkeit an. Trotzdem riß er sich zusammen und sprach mit Monty. »Was ist denn los, verdammt? Was hast du so plötzlich?«
    »Raus…!«
    »Nein, du kannst hier nicht raus!«
    Monty keuchte. Er röchelte. Er keuchte. Er suchte nach Worten.
    Er schüttelte den Kopf. Er streckte ihn vor und zog ihn wieder zurück. Seine Augen bewegten sich ebenfalls. Sie glichen jetzt blauen Kugeln, die sich in einer Mulde drehten. »Ich krepiere…«, stöhnte er.
    Pete zuckte mit den Schultern. »Dafür können wir uns auch nichts kaufen, verdammt. Wir sind keine Ärzte, nicht mal Sanitäter. Hast du das gehört. Monty?«
    Er gab keine Antwort und glotzte die Männer nur an. Dann hob er seinen rechten Arm und führte die Hand mit den Spinnenfingern zum Mund hin. Er wischte darüber hinweg. Der Schleim blieb kleben. Zwischen Lippe und dem Handrücken blieb ein Faden hängen, was ihn nicht störte. »Ich muß hier raus!«
    Pete grinste ihn an, obwohl er sich vor der Gestalt ekelte. »Das sagen alle, Monty. Aber das hättest du dir vorher überlegen können. Jetzt bleibst du hier, verstanden?«
    Monty riß seinen Mund auf. Es sah aus, als wollte er lachen. Zwei Augenpaare starrten in die Höhle hinein, in der sich der Schleim ebenfalls ausbreitete. Da hingen die Fäden von oben nach unten und bedeckten die kleinen, spitzen Zähne wie ein durchsichtiger Klebstoff. Er spie wieder zu Boden. Dabei drangen fürchterliche Geräusche aus seinem Mund. Ein tiefes Knurren und Ächzen, als steckte in seinem Körper ein gewaltiges Ungeheuer.
    Er stand auf. Kam auf das Trenngitter zu. Die Eisenstäbe und die beiden Männer lockten. Montys Schritte waren unsicher. Sein Körper schwankte und zitterte zugleich. In seinen Augen stand kein Gefühl. Sie waren und blieben kalt. Eklige, kalte Kugeln von einem unnatürlichen und gefährlichen Blau.
    »Was will der?« flüsterte Turner.
    »Uns!«
    »Darüber kann ich nicht mal lachen, du Pfeife…«
    Monty erreichte das Gitter. Oder fast. Er blieb stehen. Dann ließ er sich langsam nach vorn fallen und umfaßte mit beiden Händen die Stäbe. So weit hätte er gar nicht erst kommen dürfen, das wußten auch die Bewacher. Es war zu spät, es zu ändern. Monty hatte das Kommando übernommen, ohne daß es die beiden bemerkt hatten.
    Er lachte.
    Dabei riß er wieder seinen Mund auf. Der Schleim darin bewegte sich. Kleine Kugel und Fäden zuckten. Er atmete, hustete und röchelte zugleich.
    Es war Pete, der sich als erster aus seiner Erstarrung löste. »Ich fahr jetzt weiter.« Bevor Turner etwas erwidern konnte, hatte er sich bereits gedreht und ging auf seinen Platz zu.
    Russell blieb. Er konnte nicht weg. Monty war kleiner als er. Ein magerer Körper in der viel zu großen Kleidung. Darin wirkte er eigentlich wie ein Witzfigur.
    Er war jedoch alles andere als ein Witz. Und wenn, dann ein tödlicher, denn Monty hatte einiges hinter sich in seinem verbrecherischen Leben. Er war als Kinderschreck bekannt. Dieser Begriff – oft etwas locker ausgesprochen – hatte bei ihm tödliche Dimensionen bekommen, davon zeugten einige Leichen.
    Es gab Leute, die ihn nicht mal mehr als Menschen ansahen, sondern als ein vom Teufel gelenktes Werkzeug. So wirkte Monty auf Russell Turner, der ihn anstarrte und das Gefühl hatte, die normale Welt allmählich zu verlassen. Es mußte etwas mit den Augen des Gefangenen zu tun haben. Sie schimmerten noch intensiver und härter. Turner kam nicht mehr damit zurecht. Für ihn war die Umgebung eine andere geworden. Auch wenn er noch mit beiden Beinen auf dem Boden stand, er hatte trotzdem den Eindruck, abgehoben zu sein und allmählich wegzufliegen.
    Für ihn gab es keine Zeit mehr. Er wußte nicht, wie viele Sekunden vergangen waren, seit Pete ihn verlassen hatte. Es war alles in den Hintergrund gedrückt worden.
    Es gab für ihn nur noch Monty. Auch nicht seine gesamte Gestalt, sondern die kalten, blauen Augen, gefüllt mit einem Licht, wie es nicht natürlich vorkam, sondern nur künstlich.
    Turner war nicht mehr in der Lage, sich normal zu bewegen. Er hatte sein Menschsein kaum noch unter Kontrolle.
    Einen Gedanken spürte er noch.
    Du mußt weg! Weg! Zurück! Das ist nicht mehr normal. Dieser Hundesohn hat dich…
    Seine Gedanken wurden abgewürgt, denn Monty hatte zugegriffen. Blitzschnell hatte er seine Hände durch die Lücken zwischen den Stäben gestreckt und zugegriffen.
    Russell Tuners
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