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1038 - Der Verräter von Kran

Titel: 1038 - Der Verräter von Kran
Autoren: Unbekannt
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widersprüchliches Spektrum von Gefühlsregungen. Seine Nase war trocken, die Tränendrüsen sonderten Sekret ab, er entblößte die kräftigen Zähne, und auf der Nasenwurzel gruben sich tiefe Falten ein. Die Schutzhäute lagen halb über den gelben Augen und zuckten nervös. Die Spitzen der Ohren zuckten. Fauchend holte Ciryak Luft und brachte heraus: „Das ist der gewaltigste ruyzintho seit Beginn der Raumfahrt!"
    „Für mich eine Art Anfang vom Ende. Ein Herzog soll ein Verräter sein?" antwortete die Kommandantin. Vor einer halben Stunde hatte ihre normale Dienstzeit geendet. Sie hatte ein ausgedehntes Essen in die Kabine geordert und soeben wieder abbestellt. Ihr Appetit war vergangen, obwohl ihr Magen knurrte.
    „Das Nest ist in Aufruhr", sagte der Überprüfer. „Obwohl die meisten Schiffe bereits gestartet sind."
    Auf Geheiß des Orakels, der letzten bindenden Befehlsinstanz seit der aufgehobenen Gewalt der Herzöge, hatte der größte Teil der normalen Besatzung das Nest zu verlassen.
    Es war wie eine Massenevakuierung.
    „Offener Aufruhr?" fragte Aljaka halb desinteressiert. Auch in ihr zitterte der Schock nach.
    Die Ehre des gesamten Volkes stand auf dem Spiel.
    „Nein. Sie flüstern, zischen und blinken wie rasend."
    „Das ist wirklich ein ruyzintho!" brummte die Kommandantin.
    Ein ruyzintho, der Ausdruck stammte aus der frühen Hochsprache der Kranen, bezeichnete ein Ereignis von außerordentlicher Bedeutung. Es konnte eine gigantische Detonation ebenso gemeint sein wie ein zusammenbrechender Stern, eine Naturkatastrophe oder die tiefste Erschütterung der Moral, des Verstandes oder ein verlorener Krieg kosmisches Ausmaßes. Die Kranen starrten einander schweigend an.
    „Was tun?" fragte Ciryak endlich und deutete auf den leeren Bildschirm. Aljaka verstand.
    Die Besatzung hat Anweisung, bei der Entlarvung mitzuwirken, hatte das Orakel befohlen.
    „Vielleicht findet sich ein Weg, den Verräter zu enttarnen", schlug Aljaka vor und zupfte an den Strähnen ihrer prachtvollen Mähne. Ciryak hob abwehrend eine Pranke.
    „Wir haben es mit den Herzögen zu tun! Nicht mit einem hysterischen Prodheimer-Fenken!"
    „Verrat", sagte der weibliche Kommandant. „Verrat ist eines Kranen unwürdig. Ich kann möglicherweise noch einen Angehörigen der Bruderschaft verstehen, wenn ich auch verabscheue, was sie tun. Aber daß ein Herzog ein Verräter sein soll, das ist tatsächlich bis zum heutigen Tag undenkbar gewesen. Ich weiß, was wir tun können. Du bist derjenige, der über jeden im Nest ein Dossier hat.
    Wir brauchen einen Spion der Bruderschaft."
    Ciryak zuckte zusammen und spreizte die Krallen. Dann begriff er und riß fauchend seinen Rachen auf.
    „Verstanden. Ich werde einen finden."
    „Einen sprachbegabten Berufsintriganten, wenn es so etwas an Bord geben sollte", bemerkte die Kommandantin voll Abscheu.
    „Ich lasse mir etwas einfallen", versicherte der Überprüfer. „Trotzdem ist mir nicht wohl in meinem Pelz. Für mich ist und bleibt ein Herzog eine unanfechtbare Größe."
    Aljaka ging zu einem Bord, schob die Tür auf und entnahm dem Fach zwei merkwürdig aussehende Gefäße. Ihre Henkel waren groß genug für die Klauen der Kranen, aber der halbkugelige Hohlraum enthielt nicht mehr als vierzehn Kubikzentimeter. In einem metallenen Gefäß mischte die Kommandantin mit einem hochtourigen Gerät Alkohol mit einem winzigen Stück schwarzen Gewürzes, streute mineralisches Salz darüber und fügte aus drei verschiedenen Gefäßen jeweils einige Tropfen in das Gebräu hinzu. Als der Quirl wieder aufsirrte, ging von dem Gefäß ein exotischer Geruch aus. Sie goß den Inhalt in die beiden Trinkgefäße und gab eines davon dem Überprüfer.
    „Thronq", sagte sie. „Aus Älgo, von einer Insel im Ursquar-Meer. Selten, kostbar und wirksam."
    „Danke."
    Der Pflanzenauszug war eine Mischung aus Substanzen, die gleichermaßen beruhigten und den Verstand für kurze Zeit klärten. Ritual und Wirkung ergänzten einander. Für Kranen war das Zubereiten und gemeinsame Trinken dieser winzigen Menge Thronq ein absoluter Vertrauensbeweis und eine Auszeichnung.
    Sie tranken schweigend, dann machte Ciryak die Geste der Übereinkunft.
    „In kurzer Zeit werde ich dir über den Erfolg berichten. Oder über den Mißerfolg. Beim Orakel von Kran ... es ist der ruyzintho!"
    Der Überprüf er riß in einem grimmigen Lächeln den Rachen auf und zeigte die Zähne.
    Dann hob er grüßend den Arm und verließ die
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