Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1035 - Sphinx

Titel: 1035 - Sphinx
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
schlotterten. Jedes andere Kind hätte in einem solchen Aufzug mitleiderregend und lächerlich gewirkt, aber dieses Mädchen schritt einher wie in Königskleidern.
    Der Mann, der zu dem Trio gehörte, war groß und kräftig, jeder Zoll ein Raumfahrer, der Hunderte von fremden Planeten besucht und den Gefahren des Weltraums getrotzt hatte - aber seine imposante Erscheinung verblaßte an der Seite dieses Mädchens.
    Auch der dritte im Bunde, ein Matten-Willy, der in grotesker Weise einen menschlichen Körper imitierte und normalerweise auch in dieser Umgebung für Aufsehen gesorgt hätte, kam neben dem Mädchen nicht zur Geltung.
    Das Mädchen war fremd in Shonaar, eindeutig, denn jeder, der ihr früher schon einmal begegnet wäre, hätte sich zweifellos daran erinnert. Sie war fremd, aber sie besaß nichts von der Unsicherheit, die Fremde in einer unvertrauten Umgebung oft kennzeichnet. Sie bewegte sich stolz und würdevoll, so daß man ohne weiteres bereit war, sie wie einen Erwachsenen zu akzeptieren.
    Ihre Augen, die offen umherschauten, waren von jugendlichem Feuer erfüllt und gleichzeitig weise, und es waren die dunkelsten Augen, in die die erstaunten Passanten, die der Gruppe an diesem Morgen begegneten, jemals geblickt hatten. Männer und Frauen blieben auf der Straße stehen, um den drei Gestalten nachzusehen. Menschen, die sich kaum kannten, redeten plötzlich miteinander und fragten sich, wer das seltsame Kind sein mochte.
    „Sie gehört sicher zu den Evakuierten", war die am meisten zu hörende Antwort auf diese Frage, aber niemand wollte so richtig daran glauben.
    Das Mädchen schritt wie eine dunkle Flamme durch die kleine Stadt, und es war tatsächlich eine Ahnung wie an schwarzes Feuer, die sie im Bewußtsein aller auslöste, denen sie und ihre beiden Begleiter begegneten.
    Diese Ahnung war am stärksten in Jakob Ellmer, sie brannte und loderte in ihm, so daß er sich unwillkürlich fragte, ob er es war, der die Richtung bestimmte, in der sie sich bewegten.
    „Da ist es", sagte er gleichsam entschuldigend und deutete auf das große Gebäude, in dem die Stadtverwaltung untergebracht war und in dem Klinocs, der lädierte alte Roboter, der schon längst zum Inventar von Shonaar gehörte und so etwas wie ein Original war, gerade den Haupteingang aufschloß.
    Ellmer blieb stehen und rieb sich sein borstiges Kinn. Nun erst fiel ihm ein, daß er sich an diesem Morgen weder rasiert noch gewaschen hatte.
    „Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns über gewisse Dinge einigen könnten, bevor wir hineingehen", meinte er. „Du hast uns bisher nur deinen Namen gesagt - Srimavo - aber das ist alles, was wir von dir wissen. Natürlich wollen wir dir helfen, aber du machst es uns nicht gerade leicht."
    Das Mädchen sah ihn an. Ihr Atem stand in einer kleinen Säule in der kalten Luft, löste sich auf und wirkte sekundenlang wie ein feiner Schleier über dem Gesicht.
    Ellmer räusperte sich unbehaglich.
    „Wir sollten wissen, woher du kommst und wer deine Eltern sind, damit wir ihnen sagen können, daß wir dich gefunden haben. Bestimmt machen sie sich schon Sorgen deinetwegen."
    Ellmer war nicht gewöhnt, so lange zu reden und großartige Erklärungen abzugeben.
    Raumfahrer waren in der Regel wortkarge Menschen.
    „Niemand macht sich meinetwegen Sorgen", sagte das Kind.
    Srimavos Stimme erhob sich über jedes andere Geräusch, obwohl sie sanft und nicht besonders laut gesprochen hatte; es war eine Lebendigkeit in jeder gesprochenen Silbe, fremd und vertraut zugleich, aber auch an tief verborgene Dinge im Bewußtsein der Zuhörer rührend. Srimavo sprach nicht einfach dahin, ihre Worte waren Botschaften und lösten Gefühle aus.
    Musik, dachte Ellmer, und das schwarze Feuer in seinem Verstand griff um sich. Es ist Musik!
    „Wenigstens solltest du uns sagen, woher du kommst", sagte er.
    „Woher?" echote sie, und das Wort aus ihrem Mund wurde zu unvorstellbaren Räumen, zu Abgründen und unermeßlichen Weiten.
    Es schien Ellmer, als schaute sie zum Wandergebirge hinauf.
    „Ich glaube, von dort oben", sagte Srimavo.
    „Aber das ist doch Unsinn", sagte Ellmer in komischer Verzweiflung. „Oder hast du zusammen mit deinen Eltern dort oben ein paar Tage Urlaub gemacht?"
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Nun", sagte der Raumfahrer resignierend. „Ich muß die Behörden einschalten. Wir müssen herausfinden, wohin du gehörst. Ein Kind, das nachts allein nackt im Park schläft, noch dazu bei dieser Kälte, ist ein Fall
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher