Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1035 - Sphinx

Titel: 1035 - Sphinx
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
für die Stadtverwaltung. Du kannst froh sein, daß Parnatzel dich gefunden hat, sonst wärst du vermutlich erfroren."
    „Nein", entgegnete sie entschieden. „Mir wäre nichts passiert."
    Ellmer seufzte. Er glaubte ihr. Sie wäre nicht erfroren. Kälte konnte diesem Mädchen nichts anhaben.
    Jakob Ellmer wandte sich an den Matten-Willy, der einen ziemlich trostlosen Eindruck machte.
    „Bist du sicher, daß du nicht irgend etwas übersehen hast?" wollte er von Parnatzel wissen. „Etwas, das uns einen Hinweis auf ihre Herkunft geben könnte."
    „Sie hatte nichts bei sich", beteuerte Parnatzel. „Außerdem haben wir heute morgen schon den halben Park abgesucht, ohne etwas zu finden."
    „Dann muß sich eben die Stadtverwaltung mit diesem Problem auseinandersetzen", sagte Ellmer achselzuckend.
    Sie gingen auf das Gebäude zu. Klinocs stellte gerade eine Schautafel ins Freie, auf der die Sonderveranstaltungen angezeigt wurden, die Brude Deerno ins Leben gerufen hatte, um wieder mehr Touristen ins Wandergebirge zu locken. Es hieß, Deerno sei der geborene Reformer, aber Ellmer glaubte nicht so recht daran. Deerno war lediglich bemüht, Lars Rutger vergessen zu machen, dessen Beliebtheit über den Tod hinaus angehalten hatte.
    Deerno wäre vermutlich nie Bürgermeister geworden, wenn es ihm nicht gelungen wäre, seine Anwesenheit bei dem Kampf auf den Bergen im vergangenen Oktober propagandistisch auszunutzen. Lange Zeit hatte Deerno den Bürgern von Shonaar glaubhaft machen können, sie schuldeten ihm etwas. Dabei gab es Gerüchte, daß Deerno nicht einmal Augenzeuge des mysteriösen Zwischenfalls gewesen, sondern in den Wald geflohen war.
    Wie dem auch sei, Brude Deerno war seit zwei Monaten amtierender Bürgermeister und versuchte, die Aufmerksamkeit seiner Wähler durch reformistisch erscheinende Aktionen auf sich zu lenken. Die meisten Bewohner von Shonaar interessierten sich nicht für Lokalpolitik und reagierten auf diese Versuche gelassen oder gleichgültig.
    In der vergangenen Nacht glaubte Jakob Ellmer den wirklichen Brude Deerno erlebt zu haben, einen aufgeplusterten, zur Wichtigtuerei neigenden Bürokraten. Irgendwie gefiel ihm die Vorstellung nicht, daß Deerno für das Schicksal Srimavos verantwortlich sein würde.
    „Guten Abend", begrüßte Klinocs die drei Ankömmlinge mit seiner blechernen Stimme.
    „Das statistische Amt erwartet euch schon."
    Ellmer musterte ihn belustigt. Mit seinen eineinhalb Beinen, der verbeulten und fleckenübersäten Ynkeloniumhülle und einem zerbrochenen Howalgoniumquarzauge sah die Maschine wie die Karikatur eines Roboters aus, und Ellmer fragte sich unwillkürlich, wann sie Deernos Beamteneifer zum Opfer fallen würde.
    „Es ist früher Morgen", belehrte er den Roboter. „Und wir sind nicht auf dem Weg zum statistischen Amt, sondern zur Einwohnermeldebehörde."
    Der Roboter funkelte sie mit seinem einen Auge an.
    „Ist jemand krank?" erkundigte er sich höflich.
    „Natürlich nicht", versicherte ihm Ellmer.
    Der Roboter humpelte ihnen voraus die Stufen zum Eingang hinauf. Plötzlich gab es einen seltsamen Effekt. Er dauerte nur eine Sekunde, und Ellmer glaubte, daß es eine optische Täuschung war.
    Klinocs wurde durchsichtig. Für einen Augenblick sah man die in seinem Innern zusammengeballten Einzelteile.
    Ellmer blinzelte.
    „Donnerwetter!" entfuhr es ihm.
    „Was war das? Hast du es auch bemerkt, Parnatzel?"
    Der Matten-Willy ließ seine Augen ein Stück heraustreten und blickte wild um sich.
    „Schon gut", sagte Ellmer schnell. „Und du, Srimavo? Erschien es dir nicht auch so, als wäre Klinocs vorübergehend transparent?"
    „Es erschien nicht nur so", erwiderte sie gleichmütig.
    Ellmer blieb auf der untersten Stufe stehen. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich ihn. Es war absurd, gewiß, aber in seiner augenblicklichen Stimmung hätte er womöglich noch verrücktere Ideen akzeptiert.
    War es möglich, daß das Mädchen etwas mit der vorübergehenden Veränderung des Roboters zu tun hatte?
    Fast hätte er sie gefragt, aber er preßte die Lippen aufeinander.
    Er durfte sich nicht lächerlich machen.
    Schroffer als beabsichtigt stieß er hervor: „Kommt jetzt!"
    Sie betraten das Gebäude, wobei Ellmer abermals auffiel, wie ungezwungen Srimavo sich bewegte. Das Mädchen schien keinerlei Orientierungsschwierigkeiten zu haben.
    Er musterte sie nachdenklich.
    „Man wird dir andere Kleider geben", versprach er ihr. „Meine Sachen sind dir entschieden zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher