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1026 - Der Favorit

Titel: 1026 - Der Favorit
Autoren: Unbekannt
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brachte.
    Von seinem hohen Berg aus beantwortete er Frage auf Frage, und die Besucher der Lugosiade hingen an seinen Lippen. Es gab Wesen, die mit sehr einfachen, konkreten Fragen zu ihm kamen, aber auch solche, die etwas über den Sinn des Lebens und ähnliche Dinge zu erfahren wünschten. Wie die Fragen, so waren auch die Antworten: Konkret, manchmal verblüffend einfach, oder aber philosophisch, mehrdeutig, orakelhaft.
    Zu Mallagan kamen Wesen, die Streit mit ihren Nachbarn hatten und einen weisen Rat suchten. Andere wollten wissen, wie dieser oder jener Plan sich in die Wirklichkeit umsetzen ließ. Viele erhofften sich Auskunft darüber, wie etwas, das sie gerade getan hatten oder tun wollten, sich auf ihre Zukunft auswirken würde.
    Der Betschide stellte sie alle zufrieden. Die Schilder, die er hatte anbringen lassen, versprachen nicht zu viel. Er beantwortete wirklich jede Frage, und alle, die ihn aufsuchten, waren sich über eines einig: Wenn sie in diesem oder jenem Fall mit einer Antwort nichts anzufangen wußten, dann lag das nicht an Mallagan, sondern daran, daß sie selbst nicht klug genug waren, um die Antwort zu interpretieren.
    Schon an diesem ersten Tag erfuhren Scoutie und Brether, daß die Lugosiade kein statisches Spiel war. Einige der Pavillons und Bühnen in Mallagans Umgebung wurden von den jeweiligen Teilnehmern verlassen. An ihre Stelle traten Wahrsager, Weise, Richter und andere, die denen mit Rat und Tat zur Seite standen, die ratlos aus dem Pavillon des Betschiden kamen, eine Antwort in Händen, die ihnen die Lösung ihrer Probleme versprach. Sie waren überzeugt davon, ein wahres Kleinod an Weisheit erhalten zu haben, wußten aber nichts damit anzufangen. Jene anderen Teilnehmer nahmen nun Mallagans Botschaft auf, zerlegten und analysierten sie, bis etwas herauskam, was sich auf praktische Weise nützen ließ. Keiner dieser Teilnehmer ließ aber auch nur den geringsten Zweifel daran, daß er kaum eines der Probleme aus eigener Kraft hätte lösen können - zumindest nicht so gut und umfassend.
    Auf diese Weise gewann Mallagan nicht nur die Gunst und den Beifall des Publikums, sondern auch einer ständig wachsenden Zahl von denen, die man bei jedem anderen Spiel als seine Konkurrenten bezeichnet hätte.
    Als der Betschide spät in der Nacht aus seinem Trancezustand erwachte, da war er bleich und erschöpft, aber auch siegessicher und glücklich. Banec erschien und brachte sie in ein neues Quartier in unmittelbarer Nähe der Austragungsstätte. Der Erfolg, den Mallagan schon am ersten Tag errungen hatte, spiegelte sich in der Ausstattung und der Zahl der Räume wider, die man den Betschiden zuteilte - sie hatten nie zuvor solchen Luxus erlebt.
    Allerdings hatten sie nicht viel davon. Nicht nur Mallagan war erschöpft, sondern auch seine Freunde hatten sich bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit verausgabt. Sie waren nicht einmal mehr fähig, sich ihrer Kleidung zu entledigen. Sie warfen sich auf die weichen Betten und sanken in tiefen Schlaf.
     
    *
     
    Ungefähr zur gleichen Zeit kam Cylam zu sich. Er sah Jurtus-Me neben sich sitzen und versuchte sich aufzurichten, aber die Schmerzen zwangen ihn nieder. Sein ganzer Körper schien eine einzige Wunde zu sein. Aber das bereitete ihm nicht so viel Sorgen wie die Tatsache, daß er nicht mit der gewohnten Klarheit zu denken vermochte.
    „Was ist passiert?" fragte er.
    „Man wollte euch umbringen", erklärte Jurtus-Me leise. „Bei Wyskynen hat man es geschafft."
    Cylam schloß die Augen. Diese Nachricht schmerzte ihn stärker als alle Wunden. Der kleine Prodheimer-Fenke war mehr als nur ein Schüler gewesen, sondern auch ein Freund, der engste Vertraute, den der Krane je gehabt hatte.
    „Wir wissen nicht, was vorgefallen ist", fuhr Jurtus-Me nach einiger Zeit fort. „Kannst du dich an etwas erinnern?"
    „Es fällt mir schwer", gestand Cylam. „Die Ärzte hätten etwas vorsichtiger mit ihren Medikamenten umgehen sollen."
    „Es liegt nicht an ihnen. Die, die euch überfallen haben, haben euch auch eure Spoodies geraubt. Eine so gewaltsame Trennung von den Symbionten hat natürlich schlimme Folgen."
    „Und warum habe ich noch keinen neuen Spoodie bekommen?"
    „Du wirst noch viele Tage warten müssen. Diese Verbrecher haben dir eine Wunde am Kopf beigebracht, die es uns nicht erlaubt, dir einen Symbionten einzusetzen. Übrigens - diese Wunde wurde nachträglich erzeugt. Der Spoodie war zum betreffenden Zeitpunkt bereits herausoperiert.
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